Liebe Frau Do, nein, die Bundeskanzlerin nannte keine Namen. Aber wen sie meinte, als sie die Ministerpräsidenten gestern kritisierte, lässt sich leicht raten. Über die Regierungserklärung von Angela Merkel berichtet unsere Korrespondentin Kristina Dunz. Intern wird die Regierungschefin noch deutlicher und spricht von „Öffnungsdiskussionsorgien“. Einer, der sich angesprochen fühlen könnte, ist zugleich jemand, der ihr im Amt nachfolgen möchte: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Nicht nur gingen gestern die Abschlussklassen in seinem Bundesland wieder zur Schule und dürfen am Montag alle Geschäfte unter Auflagen öffnen. Sondern ab Anfang Mai sollen auch die Gaststätten und Hotels wieder schrittweise öffnen, wie Maximilian Plück recherchiert hat. Das hat handfeste Gründe. Michael Hollmann, Vorsitzender des NRW-Brauerverbandes, nennt sie in einem Interview, das unser stellvertretender Chefredakteur Horst Thoren und Georg Winters aus der Wirtschaftsredaktion geführt haben. „Für die Gastwirte ist es lebensnotwendig, dass sie so bald wie möglich wieder öffnen dürfen“, sagte der Chef der Bolten-Brauerei. Wenn das nicht passiert, droht jedem zweiten Gastronomen das Aus.“ Klar, mit dem Horror-Szenario soll politischer Druck ausgeübt werden. Aber selbst wenn die 50-Prozent-Quote nicht annähernd erreicht werden sollte, kommt die Gastronomie gerade unter enormen Druck. Und natürlich wäre es schön, wenn man endlich wieder in einem schönen Lokal oder der Stammkneipe einkehren könnte. Oder wenn die Bundesliga wieder starten würde, wie es offenbar ebenfalls für Mai geplant ist. Aber allen Sehnsüchten zum Trotz mahnt Merkel: „Wir leben nicht in der Endphase der Pandemie, sondern erst am Anfang.“ Unsere stellvertretende Chefredakteurin Eva Quadbeck spricht von einem Kassandra-Ruf, dessen Folgen nicht abzusehen sind. Ich neige dazu, hier der Kassandra rechtzugeben. Das liegt daran, dass ich in den letzten Wochen viel gelesen habe und mir eine Meinung gebildet habe. Meine Meinung, eine Meinung. Natürlich gibt es auch in dieser Frage Menschen, die ganz anders denken und auch gute Gründe dafür haben. Ich will damit nicht etwa der Beliebigkeit das Wort reden – aber dem Diskurs. Wir beteiligen uns daher an der Aktion „Deutschland spricht“, die unsere Kollegen von „Zeit Online“ ins Leben gerufen haben. Wenn Sie bei unserer Online-Umfrage zu Corona mitmachen, finden wir einen Gesprächspartner für Sie, der garantiert total anders denkt als Sie. Ich werde mich sehr gerne selbst daran beteiligen: Von einer guten Diskussion ist noch niemand dümmer geworden. Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Trotz der Kassandra-Rufe ist der Schulbetrieb in NRW dennoch wieder gestartet. Der Youtube-Star Rezo warf der Landesregierung in einem 20-minütigen Video vor, es sei dumm und „fucke viele ziemlich ab“, dass die Schulen nun geöffnet seien und Abiturprüfungen stattfinden sollten. Auch Lehrer, Schüler und Eltern üben harte Kritik, wenn auch mit weniger drastischen Worten. Eine Rückschau auf den ersten Tag des Schulbetriebs haben unsere Lokalredaktionen recherchiert. Noch findet für die meisten Schüler kein Unterricht statt. Und auch sonst haben viele Menschen weniger zu tun als sonst. Wenn Sie sich angesprochen fühlen und Ihr Herz für Fortuna brennt, dann habe ich einen Tipp für Sie: Heute erhalten Sie bei uns das Panini-Album zum 125. Geburtstag des Düsseldorfer Vereins. Sie müssen nur die gedruckte Rheinische Post in Düsseldorf, Meerbusch, Ratingen, Mettmann oder Hilden kaufen, dort liegt das 44-seitige Heft bei. Und dann müssen Sie nur noch 282 Sticker sammeln (24 davon übrigens mit Glitzereffekt). Und wenn das nicht Ihre Sache ist, können sich auch mit dem neuen Must-Have-Accessoire dieser Zeit beschäftigen. Vielleicht haben Sie noch einen Palästinenser- oder Kirchentagstuch (lila) im Schrank. Oder einen Schal, den Sie noch nie angezogen haben. Im Zweifel reicht auch ein altes T-Shirt, wenn Sie es zurechtschneiden. Jedenfalls brauchen Sie spätestens ab Montag einen Mundschutz. Alles, was Sie schon immer über Schutzmasken wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten, haben wir für Sie zusammengestellt (inklusive Bastelanleitung). Sehnen Sie sich auch danach, wieder ins Kino gehen zu können? Dann haben Sie vielleicht den versteckten Woody-Allen-Filmtitel erkannt. Aber hoffentlich macht die Pandemie Sie nicht zum Stadtneurotiker. Und wenn doch, haben Sie wenigstens Spaß dabei. Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |