Desolate SPD – Neuer BDI-Chef – Kohleausstieg bedroht
Liebe Leserin, Lieber Leser, Sie ist wieder da. Ab dieser Woche kehrt die Kanzlerin zurück. Aber keine Angst bzw. falschen Hoffnungen: Angela Merkel macht Friedrich Merz nicht die Kandidatur streitig. Sie hat nur ein Buch geschrieben. Nur ein Buch? Haha, der war gut!Anstelle Ihres Verlags Kiepenheuer & Witsch hätte ich dem Projekt den Codenamen „D-Day“ gegeben, so ultrageheim und generalstabsmäßig war die Planung. Ab morgen sollen Merkels Memoiren „Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021“ zeitgleich über 30 Länder erobern. 736 Seiten. 42 Euro. Ein Vorschuss von zwölf Millionen Euro wird kolportiert. Das muss erst mal verdient werden. Abends will die Kanzlerin sich im Deutschen Theater in Berlin ein bisschen von Anne Will befragen lassen. Eine Lesetour durch weitere europäische Metropolen ist fix. Am 2. Dezember ist Merkel mit Barack Obama in Washington D.C. verabredet. Mehr Weltniveau geht nicht. |
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| Angela Merkel – Ex-Kanzlerin und Buch-Autorin (© Urban Zintel) |
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Aber wissen Sie was? Ich erkenne unsere 70-jährige Ex-Kanzlerin in den PR-Glamour-Gewittern nicht mehr. Drei Jahre nach ihrem selbstbestimmten Abschied aus Regierungsverantwortung, Politik und Scheinwerferlicht jetzt so eine Rückkehr? Warum? Das Buch kann nur Selbstverteidigung oder -beweihräucherung werden. Selbstkritik ist eher nicht zu erwarten. Das konnte sie schon früher nicht. Stattdessen wird ein bisschen gegen die Alphamännchen gestichelt: Trump und Putin, Scholz, Lindner und Merz. Erste Buch-Passagen, die von der „Zeit“ veröffentlicht wurden, lassen zumindest stilistisch nicht viel Gutes ahnen. Selbst ihre eigene Jugend beschreibt die Autorin eher spröde: „Als kontaktfreudiges Kind hatte ich überall meine Andockpunkte.“ Vielleicht hätte doch noch mal jemand übers Manuskript gehen sollen außer Merkels ewiger Büroleiterin Beate Baumann. Vor allem aber: Es gibt längst zwei Merkels, deren Image sie selbst nicht mehr im Griff hat. Das eine Bild verblasst allmählich: die nimmermüde Krisenkanzlerin, die Euro, Europa und die Weltfinanz gleichermaßen gerettet hat und abends zu Hause ihrem Gatten noch Kartoffelsuppe kochte. Eine Frau zwischen UNO und Uckermark. Bedeutend + bescheiden = beliebt. Da fehlen mir inzwischen sozusagen die persönlichen „Andockpunkte“, denn das andere, aktuellere Bild ist weniger schmeichelhaft: Es zeigt jene Merkel, die 16 Jahre lang Friedensdividenden geschenkt bekam. Fürs billige Gas sorgte Russland, für gute Exportzahlen China, und für die Sicherheit war die USA zuständig. Das Land wurde bequem und ließ sogar seine Infrastruktur peu à peu verrotten. Merkels trotzigem „Wir schaffen das!“ in der Flüchtlingskrise 2015 verdankt die AfD ihren Einzug in den Bundestag zwei Jahre später. Und während Corona gerierte sich die Regierungschefin als kalte Technokratin, die mit dem Infektionsschutzgesetz auch mal Grundrechte wegdesinfizierte. Wir hätten damals bisweilen eine Psychologin im Kanzleramt gebraucht, bekamen aber nur die promovierte Physikerin. Migrations- wie Corona-Fehler – beides wirkt bis heute sehr nach. Zumindest Heiligsprechungen sind angesichts dieser ambivalenten Bilanz nicht nötig, oder? [email protected] |
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| Kanzler Olaf Scholz (M.) mit den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken (© imago) |
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SPD zwischen „Kinderkacke“ und neuen Parolen |
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Heute soll es tatsächlich so weit sein: Der SPD-Vorstand nominiert Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten. Nach dem Treffen am Vormittag ist eine Pressekonferenz mit dem Kanzler geplant sowie den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil. Keiner der Akteure hat die parteiinterne Personaldebatte unbeschadet überstanden. Auch nicht Boris Pistorius, der vielen Sozialdemokraten als der aussichtsreichere Kandidat gilt und erst am vergangenen Donnerstag seinen Verzicht erklärte. Den Ärger der Basis bekam SPD-Chefin Saskia Esken beim Juso-Bundeskongress in Halle zu spüren. Die Jungsozialisten straften Esken mit Stille. Tosenden Applaus gab es nur für ihr Eingeständnis, man habe bei der Nominierung des Kanzlerkandidaten „kein gutes Bild abgegeben". Die Redner warfen dem Parteivorstand Planlosigkeit vor. Man habe die Diskussionen zu lange ummoderiert laufen lassen. „Shit Show” nannte es Juso-Chef Philipp Türmer, „Kinderkacke“ die NRW-Landesvorsitzende Nina Gaedike. Die Begeisterung der Jusos, für Olaf Scholz in den Wahlkampf zu ziehen, ist gering. Sie fordern im Gegenzug eine Umsetzung ihrer Themen im SPD-Wahlprogramm, u.a. Abschaffung der Schuldenbremse und eine Besteuerung großer Vermögen. Das Wahlprogramm soll beim Parteitag am 11. Januar beschlossen werden. Generalsekretär Matthias Miersch präsentierte zugleich die neue Werbekampagne, mit der die SPD ab heute in den Wahlkampf ziehen will. Slogan: „Wir kämpfen für ... “ – ergänzt durch Begriffe wie „deine Zukunft“ oder „Deutschland“. Damit wolle man „die wahren Leistungsträger“ sowie die „hart arbeitende Mitte in Deutschland“ ansprechen, so Miersch. |
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| Soll heute an die BDI-Spitze rücken: der Unternehmer Peter Leibinger (© dpa) |
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Neuer Kopf beim Industrieverband |
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Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) steht vor einem Führungswechsel: Heute Nachmittag wählen die Mitglieder in Berlin ihren neuen Präsidenten. Einziger Kandidat: Peter Leibinger, 57, seit gut einem Jahr Aufsichtsratschef des Maschinenbauers Trumpf. Zuvor war er fünf Jahre Chief Technology Officer des Laserspezialisten. Seine Schwester und Mitgesellschafterin Nicola Leibinger-Kammüller steht an der Spitze des Familienunternehmens aus Ditzingen bei Stuttgart. Der studierte Maschinenbauer Leibinger soll Nachfolger von Siegfried Russwurm werden, der den mächtigen Verband seit 2021 führt. Leibinger übernimmt den BDI in einem denkbar schwierigen Umfeld. Für das laufende Jahr rechnet der Verband mit „einem dicken Minus in der Produktion von rund drei Prozent“, erklärte BDI-Geschäftsführerin Tanja Gönner am Freitag. Es wäre das dritte Minus in Folge. Neben hohen Energiekosten und Absatzproblemen kämpfen viele Industrieunternehmen auch mit der wachsenden Konkurrenz aus China. Zudem drohen angesichts möglicher Strafzölle in den USA internationale Handelskonflikte. |
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| Heizkraftwerk in Düsseldorf (© laif) |
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Kohleausstieg droht sich weiter zu verzögern |
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Das Aus der Ampel-Koalition gefährdet den ohnehin ambitionierten Zeitplan für die deutsche Energiewende. So wird über den Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke wohl nicht mehr in dieser Legislaturperiode entschieden. Dabei kommt den Kraftwerken eine besondere Rolle zu: Sie sollen immer dann einspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, also zu wenig erneuerbare Energie vorhanden ist. Von einer „Feuerwehr“ des Stromsystems ist die Rede. Die ersten Meiler müssen aber bald ausgeschrieben werden, um 2030 bereitzustehen und Kohlekraftwerke zu ersetzen. Die Zweifel am pünktlichen Kohleausstieg sind längst groß. „Der Zeitdruck ist gewaltig. Eigentlich hätte man die Kraftwerke im vergangenen Jahr ausschreiben sollen, damit sie 2030 in Betrieb gehen“, hatte RWE-Chef Markus Krebber bereits im Februar dem FOCUS gesagt. Die Kritik zielt auch auf Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck, der einen strategischen Gesamtplan bislang schuldig geblieben sei, heißt es in der Wirtschaft. Lesen Sie hier den ganzen FOCUS-Report: |
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| Plastikmüll im Meer vor Indonesien (© dpa) |
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Gelingt der Welt ein Plastik-Deal? |
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Plastik ist wertvoll, vielseitig und gefährlich zugleich: Es kann giftige Substanzen enthalten, vermüllt die Meere und gelangt als Mikroplastik auch in den Körper des Menschen. Dort kann es, so neueste Forschung, unter anderem Arterien verstopfen. In der südkoreanischen Stadt Busan treffen sich ab heute Vertreter von mehr als 170 Staaten zur womöglich letzten Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen. Bis 1. Dezember wollen sie verbindliche Regeln festsetzen, um die Belastungen von Mensch und Umwelt einzudämmen. Von einer „einzigartigen Chance für den Planeten“ spricht die Dänin Inger Angersen, Chefin des UN-Umweltprogramms. Doch der Entwurf für das Abkommen steckt voller Streitpunkte. Die USA, China, Indien und viele Ölförderstaaten setzen vor allem auf verbessertes Recycling. Deutschland und andere europäische Staaten hingegen empfehlen, Produktion und Konsum von vornherein zu begrenzen. Viele weitere Fragen sind offen: Wie streng werden etwa Zusatzstoffe reglementiert? Wer finanziert den Aufbau eines Abfallmanagements in ärmeren Ländern? Es bleibt daher unklar, ob ein allgemeiner Konsens zustande kommt. |
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Gewinner: Schon zwei Renntage vor dem Ende der aktuellen Saison krönte sich der Niederländer Max Verstappen, 27, am Sonntagfrüh zum vierten Mal in Folge zum Formel-1-Weltmeister. Ein fünfter Platz in Las Vegas reichte ihm, um an der Spitze nicht mehr eingeholt werden zu können. „Oh mein Gott, was für eine Saison", funkte Verstappen im Ziel an sein Team. Es dürfte der schönste fünfte Platz seiner bisherigen Rennfahrer-Karriere sein. | |
Verlierer: Gerade wurde er noch als Kanzlerkandidat seiner SPD gehandelt. Nun muss Verteidigungsminister Boris Pistorius, 64, sich Geldverschwendung vorwerfen lasssen. Am Samstag hatte er noch gefordert, Deutschland müsse mehr für die eigene „Kriegstüchtigkeit“ tun. Am Sonntag wurde bekannt, dass sein Wehrressort gerade 825 Millionen Euro beantragt – für Ausgeh-Uniformen. Steht zumindest eine Schlacht am kalten Büffet bevor? Prädikat: peinlich, auch wenn das Projekt jetzt erstmal verschoben werden soll. | |
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Montag • Sicherheit: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) empfängt seine europäischen Amtskollegen in Berlin • Wirtschaft: Das Ifo-Institut veröffentlicht den Geschäftsklima-Index für NovemberDienstag • TV-Preis: Verleihung der 52. International Emmy Awards in New York Mittwoch • Auszeichnung: Verleihung des Margot Friedländer Preises für Toleranz, Menschlichkeit und gegen Antisemitismus in Berlin • Prozesse: Ende des Verfahrens gegen Marine Le Pen, Chefin des französischen Rassemblement National, wegen Verdachts auf Veruntreuung europäischer Gelder Freitag • Irland: Der EU-Staat wählt ein neues Parlament • Tuningmesse: Die „Essen Motor Show“ wird in der Ruhrmetropole eröffnet • Bundespräsident: Frank-Walter Steinmeier entzündet die Lichter am Weihnachtsbaum vorm Schloss Bellevue in Berlin. In Nürnberg startet der berühmte Christkindlesmarkt
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… sei erinnert an den heutigen Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Dass Prügel, Drohungen und Misshandlungen auch in Deutschland noch zum Alltag gehören, hat der jüngste Bericht des Innenministeriums gezeigt. Demnach stiegen die Zahlen zuletzt weiter. Schon im vergangenen Jahr haben deshalb 45 Frauen in einer FOCUS-Titelstory ihre Leidensgeschichten erzählt, um für mehr rechtliche Hilfe zu kämpfen. | | Familienministerin Lisa Paus, Innenministerin Nancy Faeser, FOCUS-Titelgeschichte über häusliche Gewalt (© dpa) | Mit dem Ende der Ampel bleibt da viel liegen. Deshalb lädt unsere Magazin-Chefredaktion heute Politikerinnen, Aktivisten, Juristen und Expertinnen zu einem „FOCUS Salon“ nach Berlin ein. Mit dabei sein werden unter anderem Grünen-Familienministerin Lisa Paus und SPD-Inneministerin Nancy Faeser. Leider ist noch viel zu tun – zumal das Thema viele Facetten hat. Als Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock am Wochenende das Aus ihrer 17-jährigen Ehe verkünden musste, ging ein Shitstorm an Hass und Häme durchs Netz. Auch das ist Gewalt. Starten Sie gut in die Woche! Herzlichst | | Thomas Tuma |
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