Liebe Leserin, Lieber Leser,
heute früh hatte das Warten auf einen Koalitionsvertrag ein Ende. Um exakt 4.17 Uhr trat Friedrich Merz im Konrad-Adenauer-Haus vor die um diese Zeit noch schlafende Weltpresse. Nur ich war da – zur Strafe dafür, dass ich gestern hier über Schwarz-Rot gelästert hatte. Immerhin kann ich Ihnen nun brühwarm alle programmatischen Highlights der Merz-Kanzler-Ära im Fast-Live-Ticker präsentieren:
4.19 Uhr: „Ich sag’s mal frei raus“, sagt Merz es frei raus: „Es wird keine Steuererhöhungen geben, dafür klar umrissene Investitionsprämien und natürlich Zurückweisungen an den Grenzen. Wir werden in Europa eine neue Führungsrolle übernehmen, jedes zweite Bundesgesetz schreddern sowie die deutschen Energiepreise bis Ende des Jahres unter den EU-Schnitt drücken.“ Noch ist Merz allein im nächtlich dämmernden Foyer seiner Berliner Bundesgeschäftsstelle.
4.23 Uhr: „Die Zeit der Geschenke ist vorbei“, sagt er dann. „Von Mütterrente bis Pendlerpauschale wird alles gestoppt, was nach parteipolitischem Firlefanz riecht.“ Merz proklamiert sich warm: „Soli weg! Bahn-Chef Lutz weg! Saskia Esken w… äh… wird von der SPD für ein Sozialforschungsprojekt an die Friedrich-Ebert-Stiftung in Burkina Faso ausgeliehen.“
4.30 Uhr: Merz räuspert sich kurz: „Lohnnebenkosten und Bürgergeld werden für die nächsten vier Jahre eingefroren auf dem Stand von 2019.“ Und weiter: „Wie Sie alle wissen, frisst allein das Ministerium für Arbeit und Soziales mit rund 180 Milliarden Euro jährlich mehr als ein Drittel unseres Gesamtbudgets. Er spitzt jetzt die Lippen: „Der Lars [Klingbeil, die Red.] hat mir versprochen, die unnötigsten Posten im Gegenwert von mindestens 20 Milliarden zu streichen.“ Nur so kriege die Republik „wieder Luft zum Atmen“. Merz schaut in die Runde. Also zu mir rüber.
4.36 Uhr: Gefühlt 20 Meter hinter ihm Bewegung. Wie ein Teddybär auf Valium torkelt etwas auf uns zu. BKA? NDR? RKI?
4.38 Uhr: Ein Teil der gesparten Summe komme „hundert neuen Lehrstühlen für Zukunftsfelder wie KI, Quantencomputing, Biotech, aber auch Kernforschung zugute“. Warum 100? „Weil’s besser klingt als 83.“ Die Auszahlungen aus dem Infrastruktur-Sondervermögen werde Alexander Dobrindt persönlich überwachen. In dem Moment hüpft Dobrindt von rechts auf die kleine Bühne und überreicht seinem Bald-Kanzler eine Stihl-Kettensäge, das Spitzenmodell MS-261 CM. Der Teddybär wankt näher. Ich mache ein paar Bilder vom Sauerland-Milei, der nun sein Sommer-Programm skizziert. |