gerade bin ich nochmal kurz beim Friseur gewesen, mit Haare schneiden lassen wird es dann ja erstmal nichts mehr in den nächsten Wochen. Die Stimmung im Salon war nicht mal so schlecht, wie ich es erwartet hatte: Die Belegschaft hatte ohnehin damit gerechnet, dass demnächst wieder Schluss ist. Kurzarbeit über Weihnachten – die Friseurin nahm es gelassen. Oder besser gesagt: mit dem Fatalismus von jemandem, der es schon lange aufgegeben hat, nach einer halbwegs plausiblen Logik bei den staatlichen Corona-Eindämmungsmaßnahmen zu fragen. „Es ist, wie es ist, und wir können sowieso nichts daran ändern“, meinte die junge Frau, während sie mir den Nacken ausrasierte. Und dass keine ihrer Kolleginnen davon ausgehe, schon Mitte Januar wieder arbeiten zu können. Vor März werde man sich wohl nicht wiedersehen. Ein frohes Weihnachtsfest wünschte sie mir noch beim Hinausgehen. Ich wagte es kaum, den Wunsch zu erwidern. Am besten allein Natürlich ging es auch gestern in der Sendung von Anne Will um nichts anderes als den abermaligen Lockdown; alle waren sich darin einig, dass er unvermeidbar sei. Trotzdem hätte man gehofft, dass Armin Laschet wenigstens erklären kann, wie viele Leute sich denn nun an Weihnachten im privaten Kreis treffen können und in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis sie dann miteinander stehen dürfen. Nach Laschets Darlegung waren die Zuschauer genauso schlau wie vorher, aber wahrscheinlich sollte man einfach nicht zu viel erwarten. Die Botschaft lautete jedenfalls: Am besten wäre es, alle Leute verbringen das Weihnachtsfest allein. Jesus und seine Oma Womit wir beim Titel einer Kolumne bei Spiegel online wären, von dem ich zuerst dachte, er sei ironisch gemeint: „Jesus hätte Oma nicht besucht“. Unklar bleibt zwar, ob der Autor die „Oma“ im allgemeinen Sinne einer familiären Institution meinte, oder ob es um Jesus Christus eigene Großmutter geht, der er an Weihnachten (also quasi an seinem Geburtstag) wegen Infektionsgefahr den Besuch erspart. In dem Fall käme allerdings nur die Oma mütterlicherseits infrage, aber womöglich sollte man hier nicht zu tief in die Details gehen. Auf jeden Fall hätte dem Spiegel-Kolumnisten zufolge Jesus seiner beziehungsweise einer Großmutter „sogar telefonisch beigebracht, Skype, Facetime, WhatsApp-Video, Hangouts oder eines der vielen anderen entsprechenden Werkzeuge zu benutzen“. Der Mann aus Nazareth als Technik-Nerd: Darauf muss man auch erstmal kommen. Ich hoffe inständig, dass die Pandemie bald vorbei ist, sonst verlieren am Ende wirklich alle noch den Verstand. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |