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Liebe Leserin, lieber Leser,
Sonja Gillert
Sonja Gillert
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es ist ein neuer Frühling und doch fühlt er sich an wie der gar nicht Frühlings-gefühlige letzte Frühling. Vor einem Jahr, nach den ersten Wochen im Homeoffice, mit Homeschooling und Klopapier-Mangel hatten wir uns Impfstoff und Schnelltests herbeigesehnt. Wir haben Brote gebacken, Konserven eingelagert und gehofft. Die vermeidliche Erlösung schien je nach Prognose Monate bis Jahre entfernt.  

Zwei Corona-Wellen später haben wir die ersehnten Impfstoffe und Schnelltests – trotzdem ist in der dritten Welle einzig das Toilettenpapier in ausreichenden Mengen erhältlich. Während einige Länder schon länger unkompliziert testen und bei der Impfquote an Deutschland vorbeiziehen, gibt es hierzulande ein beispielloses Fehlereingeständnis und eine Entschuldigung der Kanzlerin. Angela Merkel hat für die "neu gedachte" Maßnahme der Ministerpräsidentenkonferenz um Verzeihung gebeten. Aus der rätselhaften erweiterten Osterruhe ist die Oster-Unruhe geworden. 

Von einer Zäsur ist die Rede, einem Eingeständnis des Versagens in der Krise. Eine Entschuldigung reiche nicht aus, heißt es. Immerhin kann eine Entschuldigung eines: Sie kann ein Anfang sein, ein Schnitt, ein erster Schritt in eine andere Richtung. Aus Fehlern kann man lernen. Die Frage ist allerdings: was, wie schnell und wie konsequent.  

Schnelligkeit ist jetzt essenziell: Nach dem Hin und Her wirkt die Regierung orientierungslos, das Vertrauen sinkt. Und auch die mahnenden Worte der Kanzlerin über Ostern zu Hause zu bleiben, dürften lange nicht mehr die Durchschlagskraft haben, wie noch im vergangenen Frühling. Das ist gefährlich. Was Angela Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz angekündigt hatten, muss jetzt auch geschehen: ein Paradigmenwechsel. Es muss "neu gedacht" werden. Und es stehen einige Fragen im Raum, die dabei immer wieder neu beantwortet werden sollten:  

Gibt es ein Format, das mehr Planung – denn daran hat es laut Merkel schließlich gemangelt – und einen Realitätscheck zulässt, bevor neue Maßnahmen verkündet werden? Eine Alternative zu den nächtlichen das Denkvermögen zermürbenden Dauersitzungen? 

Sind wirklich alle Hilfsangebote und Kooperationsideen auch aus der Wirtschaft beim Impfen und Testen bedacht? Sind wir offen genug für unkonventionelle Ideen? Wo können Bürokratie-Bremsen abgebaut werden? Wie und wo können wir weitere Versuche wagen, wie mehr Normalität trotz Pandemie möglich ist?  

Was können wir noch vom Handeln der Länder lernen, die bei Impfungen und Teststrategie weiter sind als wir? Und vor allem: Wo überall können und müssen wir pragmatischer werden, um wertvolle Zeit zu gewinnen im Kampf gegen die Mutationen?  

Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom mein Kollege Lennart Pfahler.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Tobias Hans
Quelle: Gregor Fischer/dpa
Saarland beendet nach Ostern den Lockdown

Das Saarland steigt nach Ostern aus dem Corona-Lockdown aus. Vom 6. April an – dem Dienstag nach den Feiertagen – sollen Kinos, Fitnessstudios und die Außengastronomie wieder öffnen. Voraussetzung sei ein tagesaktueller negativer Schnelltest, sagte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am Donnerstag. Die lang anhaltenden Einschränkungen stießen bei den Menschen immer mehr an ihre Grenzen. Daher: "Ab dem 6. April wird wieder mehr privates, wieder mehr öffentliches Leben möglich sein." Weitere Öffnungsschritte könne es nach dem 18. April geben: in der Gastronomie, beim Ehrenamt, in den Schulen. Auch bei den wegen der Pandemie geltenden Kontaktbeschränkungen werde gelockert, kündigte der saarländische Regierungschef an. Für diesen Ausstiegsplan starte das Saarland ein Modellprojekt, sagte der CDU-Politiker. 


Testpflicht auf allen Flugreisen nach Deutschland

Für Flugreisende nach Deutschland soll ab Freitag eine Testpflicht gelten. Das berichtet "Bild". Die Bundesregierung soll demnach eine neue Einreiseverordnung in die Ressortabstimmung gegeben haben, die noch am Donnerstag in Kraft treten soll. Die Bundesregierung verzichtet damit auf die Ausweisung einzelner Urlaubsregionen oder Länder, sondern führt erstmals eine generelle Testpflicht für alle Flugreisenden auf dem Weg nach Deutschland ein. Bisher wurden nur Einreisende aus ausgewiesenen Risikogebieten zu Quarantäne und Corona-Tests verpflichtet. 
 
US-Vizepräsidentin Harris soll Migration eindämmen

US-Präsident Joe Biden legt die Eindämmung der Migration aus Mittelamerika in die Hände von Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie soll die diplomatischen Bemühungen mit den Ländern in der Region anführen und Wege ausfindig machen, um die Menschen davon abzuhalten, sich auf den Weg in Richtung USA zu machen, kündigte Biden am Mittwoch im Weißen Haus an. In den vergangenen Wochen war angesichts der stark zunehmenden Zahl von Migranten an der US-Südgrenze der Druck auf die Biden-Regierung gewachsen. Das wohl drängendste Thema ist derzeit die Unterbringung der vielen unbegleiteten minderjährigen Migranten. „Ich glaube, ich habe dir eine schwere Aufgabe gegeben“, sagte Biden an Harris gerichtet. 

Proteste gegen Räumung einer linken Kiezkneipe in Berlin

In Berlin-Kreuzberg haben Proteste der linken Szene gegen die Räumung der linken Kiezkneipe "Meuterei" begonnen. Eine Demonstration zog am Morgen mit rund 400 Teilnehmern vom Kottbusser Tor Richtung Reichenberger Straße, wie ein Sprecher der Polizei sagte. In der Nacht brannten laut Polizei acht Autos an vier Orten in Mitte, Prenzlauer Berg, Lichtenberg und Reinickendorf. Vor dem Ordnungsamt Reinickendorf brannten Reifen, die Fassade des Gebäudes wurde beschädigt. Ein Zusammenhang mit den linken Protesten werde geprüft, ein Bekennerschreiber gebe es noch nicht. Die Polizei wollte in der Stadt mit insgesamt bis zu 1100 Kräften im Einsatz sein. Nach Angaben einer Sprecherin waren zwölf Demonstrationen angemeldet. Vor der Kneipe in der Reichenberger Straße war die Lage am frühen Morgen ruhig.
WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Angela Merkel
Quelle: REUTERS/Fabrizio Bensch/File Photo
"Das ist nicht nötig. Das werde ich nicht tun." Mit diesen Worten hat Kanzlerin Merkel die Rufe nach der Vertrauensfrage im ARD-"Brennpunkt" am Mittwochabend beiseite gewischt. Zuvor waren aus den Fraktionen der FDP, AfD und Linken Stimmen laut geworden, die Merkel aufforderten, sich der Unterstützung des Parlaments zu vergewissern. FDP-Chef Christian Lindner hielt ein Misstrauensvotum zwar für unwahrscheinlich, betonte aber: "Wir (...) würden andere Grundlinien der Politik bevorzugen."

Dass Merkel nicht daran denkt, die Vertrauensfrage zu stellen, verwundert Kenner der Kanzlerin nicht. Robin Alexander, stellvertretender WELT-Chefredakteur, erklärt, es gebe ohnehin nur zwei Gründe, aus denen für die Kanzlerin – theoretisch – eine Vertrauensfrage in Betracht kommen würde. Der eine sei, sich ein frisches, starkes Mandat für ihre Politik zu holen, wie es Helmut Kohl 1982 tat. Das sei im Falle Merkels jedoch sinnlos, da die CDU-Politikerin das Ende ihrer Amtszeit fest geplant hat. Ein anderer Grund  wäre es, widerständige Koalitionsabgeordnete zur Unterstützung der eigenen Politik zu zwingen, so wie es Gerhard Schröder in Bezug auf den deutschen Afghanistaneinsatz tat. Auch das sei im Falle Merkel jedoch zwecklos: Denn es gebe überhaupt keine Sachfrage, in der Merkel Widerstand bekomme. Die Kanzlerin selbst setzte ihre Pandemiepolitik gar nicht durch, schrieb Alexander bei Twitter, sondern treffe ihre Kritiker immer in der Mitte. Die Mehrheit im Bundestag sei ihr zudem sicher. "Nur weiß keiner, wofür genau."

In ihrer Regierungserklärung an diesem Morgen lenkte Merkel das Augenmerk dann auf die Schwächen der EU. Man müsse "schonungslos analysieren", wo die Fehler liegen, sagte Merkel. "Wir wissen, dass Europa in dieser Krise weder erstarren noch verharren darf."  Die Bundeskanzlerin verteidigte zugleich die viel kritisierte gemeinsame Impfstoffbeschaffung der EU. Angesichts des gerade ausgebrochenen Streits um die Impfstoffverteilung wolle sie sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn einige EU-Staaten Impfstoffe hätten und andere nicht. Kritik am europäischen Weg kam von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. "Die EU ist unfähig, Impfstoff zu beschaffen und das Impfen in den Mitgliedsländern zu organisieren", sagte Gauland.
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
EU-Videokonferenz
Quelle: Jens Büttner/dpa-Zentralbild
Der Bundestag stimmt heute darüber ab, ob die EU in großem Umfang Schulden machen darf, um den 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbauplan in der Corona-Krise zu finanzieren. In diesen Minuten beginnt im Plenarsaal die Debatte. Es ist eine wahrlich historische Entscheidung. Warum erklären die Kollegen Tobias Kaiser und Christoph B. Schiltz bei WELT.

Ab 13 Uhr schalten sich dann die EU-Staats- und Regierungschefs zusammen. Auch US-Präsident Joe Biden wird nach EU-Angaben an der Video-Konferenz teilnehmen. "Zeit zur Wiederherstellung unserer transatlantischen Allianz", twitterte EU-Ratspräsident Charles Michel am Dienstag. Er habe Biden eingeladen, zu dem Treffen dazuzukommen, damit dieser dort seine Sicht für eine künftige Kooperation darlegen könne.
FOTO DES TAGES
SED-Bunker
Quelle: dpa / Bernd Wüstneck
In Berlin wird in diesen Minuten ein fast in Vergessenheit geratenes Stück DDR-Geschichte versteigert: der Schutzbunker der "SED-Bezirkseinsatzleitung" Neubrandenburg. Die von Bäumen überwucherte Schutzanlage mit Dekontaminationsschleuse liegt in einem Naturschutzgebiet bei Hohenzieritz, etwa 100 Kilometer nördlich von Berlin. Der Bunker-Typenbau umfasst zwei mehrräumige unterirdische Anlagen, die mit einem Tunnel verbunden sind. Sie wurden im Rahmen eines DDR-Bauprogramms für den „militärischen Ernstfall“ in den 1960er und 1970er-Jahren gebaut. Das Mindestgebot für etwa 280 Quadratmeter Bunkernutzfläche samt 5000 Quadratmeter mit Stacheldraht gesichertem Forst soll bei 7000 Euro liegen. Bei der Versteigerung, die via Internet stattfindet, kommen 78 Immobilien vor allem aus Ostdeutschland zum Aufruf.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag.

Sonja Gillert
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MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE
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Chemotherapie ist so divers wie nie. Die Nebenwirkungen sind je nach Kombination, Dosis und Konstitution sehr unterschiedlich. Doch die modernen Wirkstoffe führen nicht zu einer sanfteren Krebsmedizin.
 
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