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Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 06.01.2021 | Weiterhin Schneeregen bei 1°C. | ||
+ Neue Corona-Einschränkungen bis Ende Januar + Verstößt die Spandauer SPD gegen das Bezirksverwaltungsrecht? + Sozialsenatorin will Ende der Obdachlosigkeit in Berlin bis 2030 + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, am Ende war sich die hybride Corona-Runde im Kanzleramt gestern in vielen Punkten doch noch einig, in einem nicht: Michael Müller, amtierender Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, beendete seine Bilanz mit den Worten „nach einem schweren Tag…“ – der bayerische Ministerpräsident Markus Söder entgegnete direkt: „Ob es ein schwerer Tag war… glaube ich nicht.“ Ohne Widerspruch überstand dagegen eine andere Bemerkung des Regierenden Bürgermeisters die Präsentation der Beschlüsse: „Die Einschränkungen sind nicht ohne.“ Hier sind die wichtigsten: + Die aktuellen Maßnahmen bleiben bis Ende Januar in Kraft. + In den Schulen gibt es solange keinen Präsenzunterricht. + Kitas bleiben bis auf eine Notbetreuung geschlossen. + Ein Haushalt darf sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. + In Hotspots wird der Bewegungsradius auf 15 km beschränkt. | |||||
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Erklärungsbedürftig war besonders der letzte Punkt – dieser gilt für Landkreise mit mehr als 200 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen (das betrifft derzeit deutschlandweit mehr als 70, Berlin liegt aber momentan mit einer Inzidenz von 139,5 unter der Grenze). Als Ausgangspunkt für den Radius wird der „Wohnort“ genannt. Für Berlin definierte Angela Merkel den ab der Stadtgrenze (eine „Bewegung“ soll bezirksüberschreitend auch bei einer Inzidenz über 200 überall möglich bleiben). Es handelt sich also eigentlich um einen 15 km breiten Ring,dessen äußeres Ende die „Bewegungsgrenze“ markiert. Ohne „triftigen Grund“ darf diese ab einer Inzidenz von 200 nicht mehr überschritten werden – „tagestouristische Ausflüge“ (wie etwa solche in die Wintersportgebiete, wo in den vergangenen Tagen große Menschenmengen aufeinandertrafen) werden ausdrücklich nicht als ein solcher triftiger Grund anerkannt. Wenn Sie mal sehen wollen, was ein 15-km-Radius bedeutet: Hier können Sie einen beliebigen Ort eingeben und bekommen den entsprechenden Kreis dazu. Wir wollen wissen, was Sie denken: | |||||
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Aber in Bezug auf die Präsenzpflicht im Job beließ es die Runde bei einem Appell: „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden dringend gebeten, großzügige Homeoffice-Möglichkeiten zu schaffen, um bundesweit den Grundsatz ‚Wir bleiben zu Hause‘ umsetzen zu können“, heißt es da. Und: Betriebskantinen müssen schließen, „wo immer die Arbeitsabläufe es zulassen“. Zu mehr reichte es nicht. Die Politik schiebt damit die Verantwortung auf die Eltern, die zwischen Notbetreuung in der Kita und Zwangspräsenz bei der Arbeit gar keine vernünftige Entscheidung treffen können, ohne die Gesundheit ihrer Familie oder ihren Job zu riskieren. | |||||
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Klar ist, dass (noch) nicht alles von zu Hause aus erledigt werden kann. Aber ebenso klar ist, dass viel mehr Menschen im Homeoffice arbeiten könnten, wenn sie dürften. „Macht die Büros zu!“, fordert deshalb Laura Sophie Dornheim, Lichtenberger Bundestagskandidatin der Grünen, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Welche Unternehmen mobiles Arbeiten unterstützen, zeigt sie hier in einer stetig wachsenden Liste (der Tagesspiegel ist auch dabei). | |||||
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Auch das Impfen war Thema beim Corona-Gipfel – und der Zoff vom Montag ging munter weiter. Christian Gaebler, Chef der Senatskanzlei, hatte vor dem Treffen für die SPD-Länder eine Art vierseitige Anklageschrift in inquisitorischem Oppositionsfrageton an den Gesundheitsminister geschickt, Jens Spahn antworte sinngemäß so, wie einst Christian Drosten der „Bild“: „Ich habe Besseres zu tun.“ Tatsächlich hätten einige der Fragen (z.B. die nach den Liefermengen für die Bundesländer) gut vom SPD-Bundestagkandidaten, MPK-Chef und Regierenden Bürgermeister Michael Müller (sitzt von Gaebler aus im Roten Rathaus zwei Türen weiter) beantwortet werden können, andere von SPD-Kanzlerkandidat, Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (sitzt bei allen wichtigen Sitzungen auf dem Stühlchen neben Merkel). So entsteht der Eindruck, dass hier mit der Pandemie vor allem Parteipolitik zu Lasten eines möglichen CDU-Kanzlerkandidaten betrieben wird, nach dem Motto: Wir hobeln, bis der Spahn fliegt. Sogar ein Untersuchungsausschuss wegen des vermeintlichen „Impfskandals“ wird aus den Reihen der Sozialdemokraten gefordert. | |||||
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Nur Franziska Giffey schert aus – die Berliner SPD-Vorsitzende und -Spitzenkandidatin lobt Spahn in den höchsten Tönen. Im aktuellen „Spandauer Rathausbrief“ (Winterausgabe), einer Quartalszeitung der lokalen SPD-BVV-Fraktion, ist ein Interview nachzulesen, das Giffeys Co-Vorsitzender Raed Saleh (der auch Spandaus SPD-Kreisvorsitzender und Chef der Agh-Fraktion ist) kurz vor Weihnachten für seinen Podcast „Ich habe da mal ne Frage“ mit ihr geführt hat. Giffeys letzte Worte: „Spahn ist ein sehr guter Kollege, mit dem ich sehr eng zusammenarbeite, und ich finde, er macht einen sehr guten Job als Gesundheitsminister.“ (Die „Rathausbrief“-Redaktion hat zwar am Ende ein „sehr“ mehr gedruckt als im Podcast zu hören ist, aber es klingt eben auch alles… sehr!) | |||||
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Pikant ist die Veröffentlichung noch aus einem weiteren Grund – ein Blick auf die bisherigen fünf Ausgaben der Postille zeigt: Mit ihrem „Rathausbrief“ verstößt die Spandauer SPD-Fraktion als Herausgeberin möglicherweise gegen das Bezirksverwaltungsgesetz. Im offiziellen Praxiskommentar zum Bezirksverwaltungsrecht sind unter § 8a die Zuschüsse an die Fraktionen geregelt, unter Punkt 3.2.6 stehen die Vorschriften für die Öffentlichkeitsarbeit – und da lesen wir jetzt mal rein (Ausschnitte): + „Mit staatlichen Zuschüssen darf jegliche Form von Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion (…) nur finanziert werden, wenn sie einen hinreichenden Bezug zum gesetzlichen Auftrag der Fraktion aufweist und auf eine gezielte Werbung für eine Partei (…) und deren Personal verzichtet.“ + „Dies muss in der Art der Präsentation der Informationen zum Ausdruck gebracht werden (keine ‚Image-Kampagnen‘; informativer Gehalt darf nicht hinter reklamehafter Aufmachung zurücktreten). Die Fraktion muss deutlich als Fraktion in Erscheinung treten.“ + „Die Öffentlichkeitsarbeit muss sich unmittelbar auf die vergangene, gegenwärtige oder künftige Tätigkeit der Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung in der laufenden Wahlperiode beziehen.“ + „Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion muss den Eindruck einer werbenden Einflussnahme zu Gunsten einer Partei (…) oder einer Wahlbewerberin oder eines Wahlbewerbers vermeiden.“ + „Parteien (…) dürfen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit hergestellte Druckwerke oder andere aus Fraktionszuschüssen finanzierte Erzeugnisse nicht für eigene Zwecke einsetzen.“ So, und jetzt schauen wir uns den „Spandauer Rathausbrief“ der SPD-Bezirksfraktion (8 Seiten), der „an Haushalte mit Tagespost“ geht, mal etwas genauer an: Ausgabe 1, Winter 2019: Titelbild Saleh, Titelzeile: „SPD kauft Sicherheit zurück“. Weiterer Text auf Seite 1: Ein Bericht über den SPD-Landesparteitag („SPD bildungspolitisch auf Kurs“). Seite 2 (mit Bild von Saleh): „Saleh verhindert Mieterhöhungen“. Ausgabe 2, Frühling 2020: Titelbild Saleh, Thema Corona. Seite 3: Saleh interviewt SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci aus Tempelhof-Schöneberg. Seite 4: Die Berliner SPD-AG für Arbeitnehmerfragen lobt die SPD-Bundestagsfraktion, illustriert mit einem Plakat mit Erfolgen der SPD-Bundestagsfraktion. Ausgabe 3, Sommer 2020: Titelbild Saleh, Titelzeile: „Saleh fordert antizyklisches Handeln, um die Wirtschaft zu stützen“ – es geht um den Nachtragshaushalt des Senats (das Wort „Spandau“ kommt kein einziges Mal vor). Seite 2: Großes Portrait über Tim Renner aus Charlottenburg-Wilmersdorf, den Saleh über Neukölln für die SPD in den Bundestag hieven wollte (Spandau kommt ein einziges Mal vor). Ausgabe 4, Herbst 2020: Titelbild Saleh, Titelzeile: „Saleh: ‚Wirtschaft fördern und Demokratie schützen!‘“ Es geht um Olaf Scholz und die Berliner Landespolitik, der Name „Saleh“ taucht im Text sieben Mal auf, „Spandau“ ein Mal. Seite 3: Saleh interviewt den SPD-Abgeordneten Sven Kohlmeier aus Marzahn-Hellersdorf. Ausgabe 5, Winter 2020: Titelbild Saleh, Titelzeile: „Raed Saleh will Berlin zur familienfreundlichsten Stadt Europas machen“. Aus dem Text: „Deshalb kämpfe ich mit der SPD-Fraktion (gemeint ist die des Abgeordnetenauses; Anmerkung CP) dafür, dass die SPD (gemeint ist die Landespartei; Anmerkung CP) weiterhin stärkste und gestaltende Kraft in Berlin bleibt“. Seite 3: Das Interview mit Franziska Giffey. Seite 8: Ein nicht als Werbung gekennzeichnetes Plakat der Jusos. Soweit das. Schlecht gemacht ist der „Rathausbrief“ sicher nicht – aber die erforderliche Trennung von Partei- und Fraktionsarbeit ist nicht zu erkennen (wie auch immer mal wieder bei anderen Parteien nicht). Über die Finanzierung der Zeitung konnte die Fraktion gestern übrigens keine Auskunft geben. | |||||
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