Woher weiß eine Geschäftsführung, was die richtige Menge ist? Unsere Kunden schätzen ab, wie hoch ihre Emissionen sind nach Scope 1, 2 und 3 (direkte sowie indirekte Emissionen aus Energie und Wertschöpfungskette, Anm. d. Red.). Sie machen sich Gedanken darüber, wie sie sie reduzieren können, etwa durch erneuerbare Energiequellen, Elektrifizierung oder effizientere Prozesse. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Grenzkosten dieser Reduzierung sehr stark ansteigen, oder wo eine Drosselung nicht mehr möglich ist, ohne dass man seinen Laden zumacht. Da kommt unser Service ins Spiel. Derzeit ist das ein freiwilliger Markt, es gibt also noch keine Regulierung, die Unternehmen das vorschreibt. Die wird aber kommen, weil Klimaneutralität ohne permanente CO2-Entnahme nicht zu erreichen ist. Wir haben festgestellt, dass sich viele Unternehmen mit der Entscheidung für eine optimale Net-Zero-Strategie überfordert fühlen. Für sie bieten wir ab April eine neue Dienstleistung an – Consulting plus. Carbon Capture ist, ebenso wie Emissionsausgleich durch Klimaschutzprojekte, nicht unumstritten. Eine Befürchtung ist, dass Unternehmen sich freikaufen, statt Emissionen zu reduzieren. Das ist ein großes Thema und ich kann da sicher nicht alle Unternehmen in Schutz nehmen. Die EU versucht das zu richten, mit einem Carbon Removal Certification Framework (Zertifizierungsrahmen für den Abbau von Kohlendioxid, Anm. d. Red.): Künftig sollen Unternehmen CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen nur durch die permanente Entnahme von CO2 ausgleichen können, nicht durch das Pflanzen von Bäumen. Man macht also einen Unterschied zwischen dem kurzen und dem langen Kohlenstoffzyklus. Eine moralische Diskussion, wie sie immer mal wieder hochkommt, halte ich für gegenstandslos. Wenn es günstiger ist, Emissionen zu reduzieren, wird ein Unternehmen niemals Geld ausgeben für eine teure CO2-Entnahme, ganz zu schweigen von den fehlenden Kapazitäten auf diesem neuen Markt. Berechnen Sie weniger als Dienstleister, die CO2-Emissionen durch Kompensationsprojekte ausgleichen? Nein. Deren Kompensierung ist deutlich günstiger – hat aber mit Carbon Dioxid Removal nichts zu tun. Die Projekte sind darauf angelegt, irgendwo anders, häufig in Entwicklungsländern, CO2-Emissionen zu reduzieren. Der Erfolg ist oft schwer zu messen. Es gibt noch einen anderen Aspekt, die Kostenbetrachtung über Zeiträume. Ein Aufforstungsprojekt bindet CO2 über einen Zeitraum von ungefähr hundert Jahren, bei uns geht es um tausende von Jahren, das ist ein Wert an sich. Eben deshalb will die EU mit dem Carbon Removal Certification Framework ein Spielfeld schaffen, das sicherstellt, dass Unternehmen nicht den einfachsten Weg wählen. Wie groß sind Ihre Kapazitäten insgesamt? Unsere erste Installation „Orca“, die seit zwei Jahren läuft und weltweit die erste Anlage in industrieller Größenordnung war, hat eine Jahreskapazität von bis zu 4000 Tonnen. Unsere nächste Anlage schafft bereits ungefähr zehnmal so viel. Sie wird in wenigen Wochen den Betrieb aufnehmen, die Kapazitäten sind bis Ende 2026 ausverkauft. Wenn Kunden heute an uns herantreten, umfassen die Planungen Zeiträume bis 2040 und darüber hinaus. |