Solange Nvidia dieses profitable Wachstum aufrechterhalten kann, kann die Aktie weiter zulegen, ohne dass sie irgendwann implodieren muss. Das gilt aber nicht unbedingt für die vielen anderen Aktien, die in Nvidias Windschatten und unter dem Label âKIâ ebenfalls kräftige Kurssteigerungen zu verzeichnen haben. Hier lauern erhebliche und zunehmende Gefahren für ein böses Erwachen, daher sollte man genau hinschauen, was einem da als âKI-Profiteurâ angeboten werden soll. Nur weil ein Unternehmen einen Chatbot einsetzen will, wird es dadurch nicht mehr wert oder sollte mit heftigen Kurssprüngen belohnt werden. Und nicht jedes Unternehmen, das seine bisherigen IT-Aktivitäten nun als âKI-Nutzungâ umdeutet, ist ein KI-Profiteur. KI wird zu einem festen Bestandteil unseres beruflichen und privaten Lebensalltags, wir alle werden KI irgendwie und in unterschiedlicher Intensität nutzen. Um daraus als Anleger nachhaltig Profit zu schlagen und nicht nur die Kursgewinne der früher Eingestiegenen zu bezahlen, muss man also genauer hinsehen. Microsoft löst den Boom aus Microsoft-Partner OpenAI hat vor fast genau einem Jahr mit der Vorstellung von ChatGPT für Furore gesorgt. Erstmals bekam die breite Ãffentlichkeit Zugang zu einem mit generativer künstlicher Intelligenz befeuertem Chatbot, der also nicht nur Erlerntes wiedergab, sondern aus dem Erlernten selbständig neues Wissen schuf. Rückblickend bezeichnen viele Beobachter dies als âiPhone-Momentâ der KI, also einen echten Game Changer. Und das scheint angebracht. Seitdem flieÃt viel Geld in diesen Bereich, viele namhafte Unternehmen, aber auch Nischenanbieter und Start-Ups legen verstärkt ihren Entwicklungsschwerpunkt auf generative KI. Wie viele von ihnen Erfolg haben werden, ist nicht abzuschätzen. Die meisten werden scheitern und auf der Strecke bleiben, oder aber sie werden von den groÃen Playern aufgekauft. So war es bei jedem neuen Hype. Ãbrig geblieben sind eine Union Pacific, eine Volkswagen, eine Apple oder eine Microsoft und ihre Aktionäre können sich an jahrzehntelangen Kurssteigerungen erfreuen und nun sind alle auf der Suche nach dem KI-Dauerbrenner, der nicht wie einst Ikarus zur Sonne aufstieg, um anschlieÃend vom Himmel zu stürzen. Es dürften nur wenige Menschen in der Lage sein, KI und ihre Möglichkeiten adäquat einschätzen zu können. Das gilt für Anleger, aber auch für Analysten, Unternehmenslenker und Politiker. Also versuchen wir lieber, nicht zu schlau zu sein, sondern halten uns an den weisen Rat von Börsenlegende Peter Lynch und konzentrieren uns auf das, was wir wissen und wo wir möglicherweise einen Vorteil gegenüber anderen Menschen haben: mit logischem Denken. Der klare KI-Leader: Nvidia Bevor (künstliche) Intelligenz intelligent agieren kann, muss sie lernen. Dazu benötigt sie seriöse Quellen und Denkkapazität. Diese besteht im Cloud-Zeitalter in gewaltigen Rechenzentren, wo die KI trainiert wird und ihre Fähigkeiten entwickelt. Dieses âDeep Learningâ ist rechen- und energieintensiv und es kommt auch auf Geschwindigkeit an. Wer Rechenprozesse zu langsam abarbeitet, gerät schnell ins Hintertreffen, also werden die leistungsfähigsten Chips benötigt. Den Standard setzt hier mit groÃem Abstand Nvidia und deshalb wird das Unternehmen von der Nachfrage geradezu überrollt; inzwischen machen diese Rechenzentren-Chips mehr als 80% des Umsatzes aus. GroÃe Cloud-Anbieter und KI-Nutzer wie Amazon, Microsoft, Alphabet, Meta (Facebook) und Tesla gehören zum Kundenstamm und kaufen zigtausende Nvidia-Chips, die in der Spitze über 30.000 US-Dollar je Stück kosten. Nvidia beliefert aber nicht mehr nur die Rechenzentren-Betreiber, sondern hat mit seinem neuen DGX-System ein eigenes GPU-gesteuertes Rechenzentrum eröffnet. Damit bietet man nun âdie weltweit führenden Lösungen für die Entwicklung und Skalierung von KI in Unternehmenâ an. Im 4. Quartal 2023 stieg der Umsatz um 22% gegenüber dem Vorquartal und lag mit 22,1 Mrd. US-Dollar um 265% über dem Vorjahresquartal. Besonders beeindruckend ist Nvidias Preissetzungsmacht, denn man konnte dabei die Bruttomarge um 16% auf knapp 77% weiter erhöhen. In der Folge aus Umsatzwachstum und Margenausweitung explodierte der Gewinn vor Steuern um 563% auf 14,7 Mrd. US-Dollar. Inzwischen erwirtschaftet Nvidia 18,4 Mrd. US-Dollar und damit 83% der Umsätze mit Rechenzentren, während das bis vor wenigen Jahren dominierende Gaming-Segment 2,8 Mrd. US-Dollar beisteuerte. Wer noch die Meldungen im Hinterkopf hat, dass die US-Regierung den Verkauf von Hochleistungschips an China untersagt hat â zweimal â erinnert sich richtig. China ist für Nvidia ein sehr wichtiger Markt und man hat mehrfach âabgespeckteâ Chips für den Export dorthin entwickelt. Da die Nachfrage andernorts aber so gewaltig ist, dass Nvidia ohnehin nicht alle Wünsche bedienen kann, fällt der Nachfragerückgang aus China kaum ins Gewicht. Vor dem Exportbann lag der China-Anteil an Nvidias Umsatz bei 25%, zuletzt waren es noch 5%. Nun könnte man meinen, die groÃen Rechenzentren-Betreiber hätten irgendwann erstmal genug KI-Chips geordert, aber das ist nur eine Seite der Medaille. Denn die Entwicklung bleibt nicht stehen und die heute MaÃstäbe setzenden Nvidia-Chips werden demnächst schon durch die neue Generation H200 und GH200 abgelöst. Nvidia kommentiert dies lapidar so: âWir gehen davon aus, dass das Angebot für unsere Produkte der nächsten Generation begrenzt sein wird, da die Nachfrage das Angebot weit übersteigtâ. Und solange das so ist, werden die Margen hoch bleiben und damit auch die Gewinne. Selbst wenn Nvidia davon ausgeht, dass die Bruttomarge im laufenden Quartal von 77 auf 75% zurückgehen dürfte. Das ist weiterhin ein absoluter Spitzenwert. Der offensichtliche KI-Profiteur: Microsoft Einer der gröÃten Abnehmer der Nvidia-KI-Chips ist Microsoft. Der weltweit zweitgröÃte Cloud-Anbieter (hinter Marktführer Amazon/AWS) ist inzwischen das wertvollste Unternehmen der Welt und erzeugt einen gewaltigen Cashflow. Damit stehen dem Unternehmen die nötigen Mittel zur Verfügung, um die hohen Investitionen in die Cloud-Infrastruktur zu bezahlen und hier führender Anbieter zu bleiben. Die Kunden kommen so in den Genuss der besten und leistungsstärksten KI-Angebote. Auf der anderen Hand profitiert Microsoft mit seinem Produktangebot direkt vom KI-Boom, denn die Office-Produkte, die Gaming-Sparte (XBox, Gamepass), das Betriebssystem Windows oder die Suchmaschine Bing werden durch KI verbessert und für die Kunden attraktiver. Zudem hält man rund die Hälfte der Anteile an OpenAI, die hinter ChatGPT stehen. Microsoft will aber noch mehr. Man kauft zurzeit die extrem teuren Nvidia-KI-Chips, hat aber bereits im Herbst angekündigt, eigene KI-Chips entwickeln zu wollen. Einerseits, um sie in den eigenen Rechenzentren einzusetzen, andererseits schlieÃt man perspektivisch nicht aus, diese KI-Chips auch externen Kunden zu verkaufen. Die beiden neuen Chips, Azure Maia und Azure Cobalt, wurden von Microsoft vor allem unter dem Gesichtspunkt entwickelt, um das Preis-Leistungs-Angebot des eigenen KI-Angebots optimieren zu können â mit anderen Worten, man will nicht mehr Nvidias Mondpreise bezahlen müssen. Microsoft kooperiert hier mit AMD, Intel und lässt bei Taiwan Semiconductor fertigen. Basis der Chips ist die Arm-Architektur. Der Zeitpunkt für die eigenen KI-Chips ist gut gewählt, denn die Nachfrage ist extrem hoch. So kann Microsoft sich (ein Stück) von der Abhängigkeit von Nvidia lösen und andererseits auch selbst von den hohen Preisen profitieren, wenn man die Chips extern verkauft. Interessanterweise hat Microsoft Azure soeben vom direkten Wettbewerber AWS deren Chef für Infrastruktur-Hardware abgeworben. Ahmed Shihab war 8 Jahre lang als Vizepräsident für Infrastruktur-Hardware bei Amazons Public-Cloud-Plattform tätig und hat sich Azure nun als Corporate Vice President für Storage angeschlossen. Auch diese Personalie betont Microsofts Ambitionen im KI- und Cloud-Bereich und das Ziel, AWS möglichst schnell vom Thron des globalen Leaders bei Cloud-Infrastruktur zu stoÃen. |