innerhalb von drei Jahren hat Kevin Kühnert den Aufstieg vom Juso-Chef zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden geschafft. Wie, das beleuchtet derzeit eine sechsteilige Dokumentation des NDR. Für die Nähe zum Politiker haben die Filmemacher einen hohen Preis gezahlt: Ihre Doku ist die Geschichte einer Heldenreise in Netflix-Ästhetik. Antje Hildebrandt hat sich alle Folgen angesehen. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß erklärt im Gespräch mit Moritz Gathmann, warum er sich gedanklich auf die Oppositionsrolle vorbereitet – und warum er das auch seinen Kollegen aus der Union empfiehlt. Die personelle Neuaufstellung der Partei dürfe nicht in „monatelange Machtkämpfe“ ausarten, sagt Ploß. Anders als die Unionsparteien kann die FDP durchaus selbstbewusst in die aktuellen Sondierungen für ein Regierungsbündnis gehen. Doch „eine Koalition der Mitte“ ist im Zusammenspiel mit zwei linken Parteien nicht leicht. Deshalb laufen die Liberalen Gefahr, zum bloßen Mehrheitsbeschaffer für Rot-Grün zu werden, schreibt Hugo Müller-Vogg. In einer überraschend persönlichen Rede zur Wiedervereinigung hat die Bundeskanzlerin jüngst kritisiert, dass ihre eigene Ost-Biographie von der CDU als „Ballast“ bezeichnet wurde. Hat Merkel plötzlich ihr Herz für den Osten entdeckt? Monika Maron sieht in dem Statement einen strategischen Schachzug. „Ihr Interesse an der Macht ist offensichtlich größer als an politischen Zielen“, sagt die Schriftstellerin im Gespräch mit Antje Hildebrandt. „Anders lässt sich ja gar nicht erklären, warum sie sich im Lauf der Zeit so vollkommen widersprüchlich geäußert hat – egal, ob es um Migration oder Kernenergie ging.“ Der britische Anwalt Philippe Sands will Ökozid als Straftatbestand am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verankern. Im Gespräch mit Tessa Szyszkowitz erklärt er, wo die Probleme liegen – und warum er keine „Ligatabelle zwischen Genoziden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufstellen“ will. Mit Abdulrazak Gurnah erhält ein afrikanischstämmiger Autor den Literaturnobelpreis. Es ist eine gute Entscheidung, findet Björn Hayer. Denn von historischer Relevanz erweist sich die in Gurnahs Werken angelegte Kolonialismuskritik. „Gleichzeitig“, so Hayer, „hält sich der just ausgerufene Nobelpreisträger nicht mit einer skeptischen Befragung seiner Herkunftskultur zurück, indem er mitunter gegen Stammes- und Gewohnheitsrechte sowie einen gefährlichen Aberglauben anschreibt.“ In Österreich droht eine echte Regierungskrise. Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht sich dabei schon seit Monaten massiven rechtlichen Vorwürfen ausgesetzt, konnte sich aber bisher auch dank der Nibelungentreue seines grünen Regierungspartners im Amt halten. Damit gibt es zur Lösung des Konfliktes nur noch zwei Möglichkeiten, analysiert Mathias Brodkorb: Entweder verharren die österreichischen Grünen ein weiteres Mal in ihrer Vasallentreue zu Kurz und seiner ÖVP und riskieren bei den nächsten Nationalratswahlen ein Debakel. Oder sie haben den Mut zur eigenen Courage und provozieren gemeinsam mit der Opposition Neuwahlen. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |