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wenn wir lesen, tauchen wir ein in neue Welten. Das gilt natürlich weniger für das Lesen von Beipackzetteln, Versandkatalogen oder Social-Media-Tweets. Es sind vor allem Bücher, die unsere Fantasie beflügeln und die weitverbreitete Überzeugung begründeten, dass Lesen bildet.
Ich selbst habe immer schon gerne gelesen. In meiner Studienzeit waren es vor allem die Romane des tschechisch-französischen Schriftstellers Milan Kundera, die mich in ihren Bann zogen. Sein berühmtestes Werk, „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, erschienen 1984, erzählt von der tragischen Geschichte des jungen, attraktiven Chirurgen Tomas, der die Frauen begehrt und zugleich fürchtet. Ort der Handlung ist das Prag des Jahres 1968 – des Jahres also, in dem Truppen des Warschauer Pakts in die tschechische Hauptstadt einmarschierten und den sogenannten Prager Frühling mit Militärgewalt beendeten. Das erotisch-gesellschaftspolitische Liebesdrama wurde 1988 mit Daniel Day-Lewis, Juliette Binoche und Lena Olin in den Hauptrollen verfilmt und war später für den Oscar nominiert. Kundera schrieb bis zu seinem Tod im Alter von 94 Jahren elf Romane. Seine Bücher handeln häufig von der großen Suche nach dem Sinn, von Sehnsüchten und sexuellen Erfahrungen, die seine Protagonisten in ihrer Erwachsenenwerdung durchleben und durchleiden.
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Das erotisch-gesellschaftspolitische Liebesdrama wurde 1988 mit Daniel Day-Lewis und Lena Olin in den Hauprollen verfilmt.
Credit: PR
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Vor Milan Kundera waren es neben Walt Disneys „Lustige Taschenbücher“ aber vor allem die Abenteuer von Winnetou, dem Räuber Hotzenplotz und Jim Knopf, die meine Fantasie beflügelten und in mir die Lust am Lesen weckten. Ich möchte sogar behaupten, dass das frühe Eintauchen in fiktive und fremde Lebenswelten mit dazu beigetragen hat, dass ich noch heute mit fast kindlicher Neugier und Begeisterung die Vielfalt und Wunder der Welt betrachte. Und dabei grundsätzlich den meisten Menschen erst mal mit Respekt und ohne Vorbehalte oder Vorurteile begegne.
Nach der Logik der woken Weltverbesserer lauert allerdings in genau diesen von mir aufgeführten Kinder- und Jugendbuch-Bestsellern eine große Gefahr. Bei Winnetou etwa ist schnell von kultureller Aneignung die Rede. Oder davon, dass Karl May ein völlig verzerrtes Bild zeichnen würde von den indigenen Völkern Nordamerikas – den Indianern. Dass es sich bei den Winnetou-Romanen um rein literarische, also fiktive Schilderungen handelt, die vor der Kulisse einer erdachten Wildwest-Romantik von den großen Themen des Lebens – wie Freundschaft, Liebe, Gemeinschaft, Ehre und Verrat – erzählen, wird von den Kritikern dabei häufig außer Acht gelassen. Und Otfried Preußler, der Schöpfer des „Räuber Hotzenplotz“? Sieht sich (posthum) allen Ernstes diesem Vorwurf ausgesetzt, er nutze in seinen Kinderbüchern „Magie und Gewalt“ zur Lösung von Konflikten. Aus diesem Grund seien Werke wie „Die kleine Hexe“ aber eben gerade auch die Geschichten vom Räuber Hotzenplotz, dem Seppel, seinem Freund Kasperl und dem bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann Kindern heute so nicht mehr zumutbar, wie kürzlich ein Schulleiter eines (noch!) nach dem Schriftsteller Preußler benannten bayerischen Gymnasiums klagte.
Und nun ist – inzwischen wenig überraschend – auch Michael Ende ins Blickfeld der woken Gesinnungskrieger geraten: Der Autor, der mit „Momo“ oder „Die unendliche Geschichte“ Jugendbuch-Klassiker für die Ewigkeit verfasste, muss zu seinem Glück nicht mehr selbst miterleben, wie sein „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ der Zensurwut des Zeitgeistes zum Opfer fällt.
Schon im Jahr 2020 kritisierte die Kita-Leiterin Christiane Kassama in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, dass Jim Knopf leider immer noch (zu) oft (vor)gelesen würde. Das Werk Michael Endes reproduziere viele Klischees zum angeblich typischen Wesen und Äußeren von Schwarzen: „Jim Knopf ist so, wie sich Weiße ein lustiges, freches, schwarzes Kind vorstellen“, so die Pädagogin im Gespräch mit der Zeitung.
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Solomon Gordon und Henning Baum spielen die Hauptrollen in der Realverfilmung des Kinderbuch-Klassikers
Credit: PR
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Vor wenigen Wochen hat der Stuttgarter Thienemann-Verlag nun eine überarbeitete Version der zwei berühmten Jim-Knopf-Bücher herausgebracht. Und das in einer Fassung, die an vielen Stellen deutlich von der Original-Version des Kinderbuch-Klassikers abweicht. Denn: Alles, was heute als rassistisch empfunden werden könnte, wurde geändert. „Damit Kinder, die die Bücher jetzt lesen, diese sprachlichen Elemente nicht in ihren Alltagswortschatz übernehmen, haben Nachlass und Verlag nach reiflicher Überlegung entschieden, das N-Wort zu streichen und die stereotypen Beschreibungen zu reduzieren“, heißt es da in der Pressemitteilung des Verlags.
Statt „schwarzes Baby“ heißt es in der überarbeiteten Version jetzt „kleines Baby“, statt „Indianerjunge“ nur noch „Junge“, und statt von einem „Eskimokind“ ist von einem „Inuitkind“ die Rede. Und wie schon erwähnt: Das N-Wort wurde komplett gestrichen. Zur Einordnung: Wie der Verlag selbst schreibt, wird das Wort „Neger“ nur ein einziges Mal in dem ganzen Buch verwendet – und zwar von einem gewissen Herrn Ärmel, einer Nebenfigur der Bücher. Herr Ärmel, Untertan von König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften, trägt einen steifen Hut, geht nie ohne Regenschirm spazieren, lebt in einem gewöhnlichen Haus und ist „hauptsächlich Untertan und wurde regiert“. Ein Spießbürger eben. Einfältig und engstirnig. Michael Ende habe ihm bewusst das N-Wort in den Mund gelegt, um auf seine fehlende Weltoffenheit hinzuweisen, schreibt der Verlag. Und doch will man diese vom Verfasser des Buches eindeutig als satirische Überzeichnung angelegte Charakterisierung der Figur des Biedermeiers Ärmel offenbar so heute niemandem mehr zumuten.
Die offensichtlichste Veränderung findet sich allerdings auf dem Buchcover wieder. Denn auch die charakteristischen Illustrationen wurden überarbeitet. Jims dicke rosafarbene Lippen und seine schwarze Haut, die ohne Begrenzung in die schwarzen Haare übergeht, könnten vor dem Hintergrund der Rassismuserfahrungen schwarzer Menschen irritieren, schreibt der Verlag. Auf dem Cover der neuen Ausgabe haben sich aber nicht nur Jims Haaransatz, Lippen und Hautton geändert. Auch die Pfeife ist aus seinem Mund verschwunden. „Nun ist den Kindern auch in der Literatur das Paffen untersagt worden“, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ in ihrem Kommentar amüsiert anmerkt.
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Mit noch größerem Augenzwinkern bringt es Dieter Nuhr auf den Punkt. Der Kabarettist („Nuhr im Ersten“) spottet über die literarische Nachbearbeitung: „Es gibt Grund sich zu freuen: Jim Knopf hat aufgehört zu rauchen. Zumindest raucht er nicht mehr öffentlich. Auf dem Buchtitel ist bei der neuen Auflage die Pfeife weg. Denn Jim Knopf ist im Buch ein Kind, er ist ein Role-Model für Kinder – und wahrscheinlich haben viele Kinder wegen ihm geraucht. In vielen Kitas musste eine Raucherecke eingerichtet werden – es ging nicht mehr,“ macht sich der Humorist in seinem aktuellen WDR-Sketch über das Vorgehen des Buchverlags lustig. „Die Pfeife wurde wegretuschiert! Und das finde ich gut. Wenn es doch immer so einfach wäre! Stellen Sie sich vor, man könnte auch im echten Leben alle Pfeifen einfach wegretuschieren, wie schön wär‘ das. Seien wir ehrlich – die Erde wäre sofort runter auf zwei Milliarden Einwohner. Und wer weiß, ob ich dann hier noch …? Denn, wenn man eine Pfeife ist, merkt man das ja oft selbst zuletzt.“
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Was auch immer Sie jetzt noch vorhaben – ein gutes Buch zur Hand zu nehmen, hier weiterzulesen, oder auf alles zu pfeifen –, entscheidend ist: Verlieren Sie nicht Ihren Humor!
Herzlichst,
Ihr
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…ist auch im neuen Heft: die Witzeseite, logisch. Und das hier ist mein Lieblings-Witz der Woche: Klaus-Peter wartet an einer Haltestelle auf den Bus. Als der kommt, zeigt er dem Fahrer beim Einsteigen sein Ticket. Der Fahrer schaut zweimal hin, schüttelt den Kopf und meint: „Das ist ja ein Kinderticket!“ Sagt Klaus-Peter: „Da sehen Sie mal, wie lange ich auf den Bus gewartet habe!“ – Weitere Playboy-Witze finden Sie hier ...
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