verfolgt man die Reaktionen auf den Wahlsieg des Mitte-Rechts-Bündnisses in Italien, könnte man den Eindruck gewinnen, die Europäische Union wäre mit einer möglichen Regierungschefin Giorgia Meloni von den Fratelli d' Italia (Brüder Italiens) dem Untergang geweiht. Überall Frust darüber, dass die Italiener nicht so abgestimmt haben, wie es Berlin und Brüssel gerne hätten. Überall Stimmen, die Italien bereits einem Schicksal ausgeliefert sehen wie Deutschland ab dem Jahr 1933. Was dagegen fehlt: Selbstkritik der politisch Verantwortlichen, deren Handeln in den vergangenen Jahren erst dazu geführt hat, dass ein vereintes Europa mehr und mehr zur reinen Idee geschrumpft ist – nehmen Sie nur den Brexit – und das Brüsseler Konstrukt die größte Krise seit Bestehen durchlebt. Bei aller Kritik an den grundsätzlichen Positionen der italienischen Rechten, über die man freilich diskutieren kann und sollte, scheint es an politischem Bewusstsein und nicht zuletzt an diplomatischem Feingefühl zu fehlen, dass – sollte Rechtsaußen in Italien übernehmen – man nicht einfach eine große Glasglocke über den wunderschönen Süden stülpen und ohne Meloni, Salvini und Berlusconi europäische Politik im gewünschten Sinne weitermachen kann. Drei Beiträge zum Thema darf ich Ihnen ans Herz legen: dieses Porträt über Giorgia Meloni, diese Vorab-Analyse zur Parlamentswahl in Italien und diesen Kommentar zum Umgang von Teilen Berlins und Brüssel mit dem Ergebnis. Während Italien aller Voraussicht nach eine neue Regierung bekommt, gehen die Menschen im Iran gegen ihre Regierung weiterhin auf die Straßen. Anlässlich dieses Widerstandes habe ich mit der Menschen- und Frauenrechtsaktivistin Monireh Kazemi gesprochen. Sie war dabei, als sich die Islamische Revolution zuerst gegen den Schah und dann gegen die demokratischen Kräfte im eigenen Land richtete. Kazemis Cousine saß jahrelang im Gefängnis, eine Freundin wurde auf offener Straße erschossen. In den 80er Jahren ist sie schließlich aus ihrer Heimat geflohen. Im Exil kämpft Kazemi aber nicht nur weiterhin für die Demokratiebewegung im Iran, sondern auch gegen deutsche Politiker, die die Gefahr des Islamismus nach wie vor unterschätzen und sogar Schulen und Moscheen mit Steuergeldern unterstützen, die westliche Vorposten des Islamismus sind. Themawechsel: Die Diskussionen um die Energiekrise und die richtigen Wege aus dieser Krise dauern an. Am Sonntagabend erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei Anne Will seinen Bruch mit Robert Habecks Gasumlage und warum er stattdessen eine Gaspreisbremse plant – die in der Runde auf scharfe Kritik stieß. Ulrich Thiele hat sich die Sendung für Sie angesehen. Heute ist zudem ein Beitrag von Cicero-Kolumnist Daniel Stelter erschienen. Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“ und gehört zu jenen Wirtschafts- und Finanzexperten, die gerne Klartext sprechen und schreiben. Er ruft der Regierung zu: „Es braucht unbedingt einen Gaspreisdeckel!“ Abschließend noch ein Blick in die Ukraine: Russland lässt in den besetzten Gebieten des von ihm überfallenen Landes Abstimmungen abhalten. Das Ergebnis ist vorbestimmt, weiß Cicero-Chefreporter Moritz Gathmann, der sich wie nur wenige andere Journalisten in Deutschland mit Russland und der Ukraine auskennt. Zum Finale des Schauspiels, schreibt er, wird Putin am Freitag den Anschluss an Russland erklären. Es ist ein abgekartetes Spiel. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre. Bleiben Sie optimistisch. Ihr Ben Krischke, Redakteur |