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5 nach 12 - Nachrichten aus dem Newsroom der WELT
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ulf Poschardt – Chefredakteur
Ulf Poschardt
Chefredakteur
 
man kann sie nicht mehr hören, die Beschwichtigungsformeln und Kondolenzerklärungen der anderen europäischen Politiker nach den Terroranschlägen. Der einzige Staatsmann, der einen anderen Ton setzt, ist der Liberale Emmanuel Macron. Er hat schon vor den jüngsten Attacken und Anschlägen jenen Kampf angenommen, den der oft diffamierte Großintellektuelle Alain Finkielkraut seit dem 11. September beschwor: Wir, die aufgeklärten Europäer, gegen einen unaufgeklärten, über das eigene Scheitern verbitterten Islamismus.

Dass es Wien trifft, mag viele Gründe haben: Die Jüdische Gemeinde dort ist ein selbstverständlicher Teil einer weltoffenen, lebenslustigen, heiteren und charmant abgründigen Stadt. Und: Sebastian Kurz hat anders als die Bundeskanzlerin ein deutlicheres Signal der Solidarität mit Macron gesendet.

Überhaupt die deutsche Politik. Wo waren die Schweigeminuten und politischen Gesten der Anteilnahme, als ein Islamist in Dresden ein Schwulenpaar angriff und einen der Männer ermordete? Hohl, betulich und feige versuchen zu viele Politiker zu beschwichtigen, was nicht länger zu beschwichtigen ist. Der islamistische Terror ist nicht nur Terror, er ist eine Kriegserklärung an unsere Art zu leben.

Statt immer denselben Worthülsen, statt einer verlogenen und in sich inkonsistenten Islamkonferenz-Routine, muss es endlich ernste Konsequenzen geben: Moscheen, in denen der Hass auf Christen, Juden, Homosexuelle, Frauen, Nichtgläubige gepredigt wird, müssen umgehend geschlossen werden, eingeflogene Imame, die so predigen, müssen ausgewiesen werden. Die Finanzierung der Moscheen muss transparent gemacht werden. Wer sich von undurchsichtigen Verbänden finanzieren lässt, darf nicht eine Moschee auf deutschem Boden betreiben.

Im Lichte der furchtbaren Bilder aus Wien haben europäische Juden auf Twitter in Hebräisch erklärt, dass es keinen Sinn mehr hat, hierzubleiben, in Europa, ihrer Heimat. Es gibt nur einen Ort, an dem sie sicher sind: Israel. Und dieser Punkt wiegt genauso schwer wie der duldende Verrat an unseren Werten: Wir lassen die jüdischen Bürger wieder im Stich. Das geschwätzig selbstgerührte Gerede vom „nie wieder“ ist längst eine Farce geworden. Europa erlebt gerade die zweite Vertreibung der europäischen Juden, und kaum jemand unternimmt etwas.

Wir müssen aufhören, uns etwas vorzumachen. Damit soll nicht einem Kulturpessimismus das Wort geredet werden, sondern einem republikanischen Realismus. Wer nicht die Werte unserer Gesellschaft teilt, sondern sie perfide angreift und sie abschaffen will, hat keinen Platz in dieser Gesellschaft. Er muss abgeschoben werden, wenn es geht oder aber die ganze Härte des Rechtsstaats spüren. Er muss spüren und wissen, dass er hier nicht willkommen ist.

Die Deeskalationsrhetorik muss an ihr Ende kommen: Nach jeder Ausschreitung, nach jedem Terroranschlag, nach jeder antisemitischen Eskalation, dieselben leeren Worte, und nichts, aber auch wirklich gar nichts passiert danach. Es reicht! Es reicht! Es reicht!

Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Die Junge Union (JU) der CDU unterstützt Friedrich Merz
Quelle: Martin U. K. Lengemann für WELT
Junge Union empfiehlt Merz für CDU-Vorsitz
Friedrich Merz (im Foto) geht als Favorit der Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) in die Abstimmung über den CDU-Parteivorsitz. Bei einer zweiwöchigen Mitgliederbefragung innerhalb der JU kam Merz auf 51,6 Prozent der Stimmen, wie JU-Chef Tilman Kuban mitteilte. Der Außenpolitiker Norbert Röttgen lag mit 27,9 Prozent auf Platz zwei vor NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der 19,8 Prozent der Stimmen erzielte. Das Resultat gilt als Empfehlung an den CDU-Parteitag. „Friedrich Merz ist der Kandidat der Jungen Union und deshalb auch mein Kandidat“, so Kuban. Das Ergebnis der Abstimmung zeige, „dass sich die junge Generation wieder mehr Unterscheidbarkeit wünscht."
Brandenburgs Ministerpräsident hat Corona
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist positiv auf das Coronavirus getestet worden, wie sein Sprecher heute mitteilte. Woidke habe nach ersten Erkältungssymptomen am Sonntag keine Diensttermine mehr wahrgenommen und sei nun in Quarantäne. Unterdessen registrierte das Robert-Koch-Institut (RKI) 15. 352 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Am Dienstag vor einer Woche hatte die Zahl noch bei 11.409 gelegen. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Dienstag um 131 auf insgesamt 10.661. Das ist der höchste Wert seit dem 7. Mai.
Wirecard: EU-Aufsicht kritisiert BaFin
Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA wirft der deutschen Finanzaufsicht BaFin im Wirecard-Skandal große Versäumnisse vor, wie aus einem heute veröffentlichten Bericht hervorgeht. Außerdem kritisierte die ESMA die fehlende Unabhängigkeit des deutschen Finanzministeriums: Durch die zahlreichen Berichte der BaFin an das Finanzministerium habe es ein erhöhtes Risiko der Einflussnahme des Ministeriums gegeben. Das ehemalige Dax-Unternehmen Wirecard hatte 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz, die sich als nicht existent entpuppten. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Manager die Bilanz mit Luftbuchungen in Asien aufgebläht und damit Verluste im Kerngeschäft kaschiert haben.
WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Polizisten in der Wiener Innenstadt
Quelle: Ronald Zak/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk
„Ein älterer Herr, eine ältere Dame, ein junger Passant und eine Kellnerin” – das sind die Opfer der Anschlagsserie in der Wiener Innenstadt, wie der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz soeben mitteilte. 14 weitere Personen sind zum Teil schwer verletzt, mindestens sieben von ihnen schweben in Lebensgefahr. Österreich sei „Ziel eines brutalen Terroranschlages“ geworden, mit „definitiv islamistischem“ Hintergrund, so Kurz. Dabei sei eines klar: Es gehe nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen oder zwischen Österreichern und Migranten. Es gehe um einen Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei. „Und diesen Kampf werden wir mit aller Entschiedenheit führen.“

Der Angriff hatte gegen 20.00 Uhr in einem Wiener Szene- und Ausgehviertel begonnen, wo kurz vor Beginn neuer Corona-Beschränkungen viele Menschen unterwegs waren: Sie wollten einmal noch ausgehen, bevor der Lockdown beginnt. In der Nähe von einem der sechs Tatorte befindet sich eine Synagoge.

Der Attentäter, 20 Jahre alt und mit nordmazedonischen Wurzeln, wurde von der Polizei erschossen. Bisher ist bekannt, dass er wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorbestraft war. Er wollte nach Syrien ausreisen, um sich dort dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen. Die österreichischen Behörden gehen davon aus, dass er Unterstützer hatte und weitere Angreifer noch auf der Flucht sein könnten. Den Wienern wird daher nach wie vor geraten, ihre Häuser im Bezirk 1 nicht zu verlassen.

Der Attentäter war nach Angaben des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig schwer bewaffnet. Er habe eine Langwaffe, eine Pistole und eine Machete bei sich geführt, sagt Ludwig dem Sender ORF. Die Polizei teilte inzwischen per Twitter mit, dass ein Sprengstoffgürtel, den der getötete Angreifer getragen habe, eine Attrappe gewesen sei.

Inzwischen kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen und ersten Festnahmen „im Umfeld“ des Attentäters. Weitere Informationen will die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht bekannt geben.

Über Österreich hinaus ist die Anteilnahme groß. „Wir Deutschen stehen in Anteilnahmen und Solidarität an der Seite unserer österreichischen Freunde“, gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Sprecher bekannt. „Der islamistische Terror ist unser gemeinsamer Feind. Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf.“ Auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans äußerte sich: „Was auch immer das Motiv und wer auch immer die Täter sein könnten. Solche Taten verdienen Ächtung, null Toleranz und die ganze Härte des Gesetzes.“
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
Das WELT-Team berichtet für Sie zur US-Wahl
Quelle: WELT
In den USA bricht heute der alles entscheidende Wahltag an. Über 200 Millionen Amerikaner bestimmen, wer künftig aus dem Weißen Haus regiert: der amtierende US-Präsident Donald Trump oder sein demokratischer Herausforderer Joe Biden.

Unser WELT-Team berichtet rund um die Uhr für Sie live von hinter und vor den Kulissen. Ab Mitternacht deutscher Zeit beginnt die Wahlnacht mit unseren Sondersendungen und ersten Prognosen zu den Ergebnissen, die Sie auch auf welt.de verfolgen können.
 
GUTE NACHRICHT DES TAGES
Die 4-jährige Ayda wurde aus den Trümmern in Izmir gerettet
Quelle: Turkey's Disaster and Emergency Management Presidency (Afad)/ Handout via REUTERS
Türkische Rettungskräfte in Izmir haben rund 90 Stunden nach dem starken Erdbeben in der Ägäis ein vierjähriges Mädchen aus den Trümmern geborgen. Das teilte die Katastrophenschutzbehörde Afad am Dienstagmorgen auf Twitter mit. Ein Rettungshelfer sagte dem türkischen Staatssender TRT, er habe plötzlich eine Stimme in den Trümmern gehört: „Ich habe meinen Kopf durch eine Lücke gesteckt. Sie hat gesagt: Ich habe so Durst.“ Der Kleinen ginge es den Umständen entsprechend gut. Bei dem Erdbeben vom Freitagnachmittag waren Teile der Westtürkei und auch Griechenlands schwer erschüttert worden.
 
Passen Sie auf sich auf!

Ulf Poschardt
Chefredakteur
 
MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE
US-WAHL
WAS VON TRUMP BLEIBEN WIRD
Donald Trumps erste und vielleicht letzte Amtszeit als Präsident hinterlässt Spuren – innen- und außenpolitisch, schreibt WELT-Autor Clemens Wergin.
Zum Kommentar
 
DEUTSCHLAND IM LOCKDOWN
MERKELS HÖCHST RISKANTE BOTSCHAFT
Bundeskanzlerin Angela Merkel schlägt einen neuen Ton an, der es in sich hat, schreibt unser Autor.
Zum Kommentar
 
BERLINER POLIZEIPRÄSIDENTIN
DIE GEWALTBEREITSCHAFT DER CORONA-GEGNER
Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik beobachtet, dass sich die Stimmung unter vielen Gegnern der Corona-Maßnahmen verändert.
Zum Interview