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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 26.03.2021 | Leicht bewölkt bei 15 C°. | ||
+ Superspreader zuerst: Regierender will Auflösen der Impfordnung + Mindestens 20 Corona-Fälle auf Tesla-Baustelle in Grünheide + „Fusion“-Festival soll im Sommer mit 180.000 Tests stattfinden + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, Berlin müsste jetzt die Bremse ziehen. Seit gestern liegt die Inzidenz (aktuell: 125,3) drei Tage hintereinander bei mehr als 100. Bund und Länder hatten vereinbart, in diesem Fall Lockerungen rückgängig zu machen. Morgen will der Senat zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Aber die Notbremse wird womöglich nicht gezogen. „Ich glaube, dass es kein gangbarer Weg ist, jetzt wieder alles zurückzudrehen, was wir uns in den letzten Tagen und Wochen an Möglichkeiten und Freiheiten erkämpft haben“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller bei seiner Regierungserklärung im Abgeordnetenhaus. Noch am Dienstag hatte Bundesregierungssprecher Steffen Seibert in großen weißen Lettern auf rotem Grund getwittert: „Notbremse konsequent umsetzen“. Nach Checkpoint-Informationen gibt es in der Senatskanzlei einen anderen Plan: Die Läden sollen für das Termingeschäft offenbleiben, kombiniert mit einer Testpflicht. Michael Müller sagte dazu in der „Abendschau“: „Wir werden genau gucken, wo wir einschränken und wo wir den Betrieb aufrechterhalten können. Kann man gegebenenfalls trotzdem Angebote machen, wenn man sie mit einer Testpflicht kombiniert?” Berlin habe bislang nicht alle Öffnungsmöglichkeiten ausgenutzt, noch nicht alle Schuljahrgänge sind zurück im Präsenzunterricht. Deshalb, so Müllers Logik, könne man „die harte Notbremse“ gar nicht umsetzen. Ob Müller sich durchsetzen kann, ist nicht klar. Kultursenator Klaus Lederer erklärte: „Eine Notbremse zu vereinbaren, um sie dann nicht zu ziehen, wenn es nötig ist, schafft kein Vertrauen, sondern Irritation.” Die Inzidenzen könnten auf Werte steigen, die über allem bisher Bekannten liegen, schrieb Lederer auf Facebook. Seine Fraktion steht hinter ihm. Widerspruch gegen Müller kommt auch aus der SPD-Fraktion: „Massives Veto, die Notbremse ist jetzt nötig”, antwortete Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zum Vorschlag. In SPD- und Grünen-Fraktion ist die Willensbildung aber nicht abgeschlossen. Die Grünen-Spitze schwieg. „Jeder will hier inzwischen was anderes”, hieß es aus der Fraktion. Über die Parteigrenzen hinweg gebe es ein Lager, das sich sorge, nach dieser politischen Horrorwoche jedes Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen zu verspielen, falls die Notbremse nicht gezogen wird. Und ein anderes, das die Rücknahme der Lockerungen für ein Eingeständnis des Scheiterns halte, für nicht mehr erklärbar. „Wir sind am kritischsten Punkt dieser Pandemie. Wir werden es nicht schaffen, mit den derzeitigen Maßnahmen ein neues Allzeithoch an Intensivpatienten zu verhindern. Wir brauchen den Lockdown über Ostern", sagte dagegen Intensivmediziner Christian Karagiannidis am Abend in einem Rbb-Spezial. Michael Müller saß auch in der Runde. | |||||
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Die gute Nachricht des Tages: Berlin hat innerhalb von nur drei Wochen eine Kapazität von mehr als 500.000 kostenlosen Schnelltests pro Woche aufgebaut. Inzwischen gibt es 192 zertifizierte Test-Stationen, davon sind 21 landeseigene Test-Zentren (dazu gleich mehr). „Die Bearbeitung eines Zertifizierungsantrags dauert im Schnitt 24 Stunden“, teilte die Gesundheitsverwaltung am Donnerstag mit – täglich kämen neue Stationen hinzu. Dabei melden die Testzentren im Schnitt 60 Prozent Auslastung, die Test-to-go-Teststellen nur 20 Prozent. Und ein Finanzproblem besteht weiterhin: Der Bund übernimmt zwar die Kosten für Kauf und Durchführung der Abstriche (lukrative 18 Euro pro Test), ausbezahlt wird das Geld aber frühestens Mitte Mai (zur Recherche hier entlang). Bis dahin halten sich die Test-to-go-Stellen mit Privatkrediten über Wasser. Da fällt mir ein: Mit wem dinieren eigentlich Andreas Scheuer und Jens Spahn – Deutschlands „Test Force One“ – gerade? | |||||
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Eine wortwörtlich goldene Nase kann sich der künftige Betreiber der 21 landeseigenen Test-Stellen verdienen: Nach massiver Kritik an der Direktvergabe an das Unternehmen „21DX“ schreibt die Gesundheitsverwaltung den Betrieb der Zentren jetzt aus. Dem Checkpoint liegen Rahmenvertrag und Ausschreibung vor – beides sorgt in der Branche für Kopfschütteln. Die Gesundheitsverwaltung schätzt den Gesamtwert des Auftrags auf knapp 84 Millionen Euro. Damit rechnet das Haus von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci mit nochmal 35 Millionen Euro mehr als Mitte März beim Hauptausschuss als „Maximalszenario“ beantragt. Mit dem Geld sollen 21 Testzentren mit jeweils mindestens 1000 Tests pro Tag inklusive einer Online-Plattform ab 1. Mai bzw. 1. Juni bis mindestens Ende Juni betrieben werden. Die Tests selbst werden, anders als bei den privaten Test-to-go-Stationen, vom Senat bezahlt und ausgegeben. Laut Branchenkennern würde die gleiche Leistung nach der Testverordnung des Bundes einem Unternehmen nur mit rund 15 Millionen Euro vergolten werden – auch hier sind die Kosten für Personal, Logistik und Online-Plattform schon eingerechnet. Die Test-Firmen sollen schon mit dieser Summe – je nach Größe – pro Test knapp zwei Euro Gewinn machen. Der Checkpoint-Rechner zeigt an: Berlin gibt für seine landeseigenen Teststationen fast das 6-fache aus. Steuergeldrausch im Nasenbusiness. | |||||
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Aus der Kategorie: Machen ist wie wollen nur krasser. Die Neue Gertraudenbrücke in Mitte, die den Spittelmarkt und die Fischerinsel verbindet, muss wegen schwerer Schäden neu gebaut werden. Heute fahren täglich noch 70.000 Autos über die sechsspurige B1 hinweg – und auch künftig rechnet die selbsternannte Verkehrswendeverwaltung anscheinend nicht mit weniger Individualverkehr. Auch der Neubau soll sechsspurig sein. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) kritisiert die Neuplanung scharf: Das passe nicht zum historischen Ort und zum „epochalen Projekt des House of One“, das direkt an der Straße ansteht, hält er Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) vor. Die Vorstellung, dass daneben eine „sechs- und siebenstreifige Asphaltbahn mit einem Rasengleis und Gitter zur Verhinderung des Überquerens durch zu Fuß Gehende vorbeiführt, passt dazu nicht“, schreibt Gothe in einer Mail, die dem Checkpoint vorliegt. Für ihn ist auch eine zweispurige Platanen-Esplanade denkbar, mit Bäumen in der Straßenmitte, links und rechts der geplanten Straßenbahnspur, und am Straßenrand. Man müsse kreativ werden. Gothe wundert sich, dass eine Ende 2020 vereinbarte Verkehrswerkstatt gemeinsam mit Anwohnerinitiativen seit Monaten nicht stattfindet – stattdessen kam nun die fertige Vorplanung bei ihm an. „Die Verkehrssenatorin sagt ja immer, sie will die Mobilitätswende, aber das muss man vor Ort partizipativ erarbeiten“, fordert Gothe. Wir schauen mal, was dazu im Stadtentwicklungsplan Verkehr steht: Dass Berlin sich zu einer der „lebenswertesten Großstädte weltweit mit einem guten und menschenfreundlichen Verkehrssystem entwickelt hat“, habe viele Gründe, steht dort: „Einer davon ist die den Zielen des Mobilitätsgesetzes verpflichtete hochentwickelte Planungs- und Beteiligungskultur bei allen verkehrsplanerischen Prozessen.“ Immerhin liest es sich schön. | |||||
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Digitalwahl: Am Samstag will die Berliner FDP ihren Fraktionschef Sebastian Czaja zum Spitzenkandidaten küren und das Wahlprogramm verabschieden. In jedem Fall wollen die Liberalen die von ihnen attestierte schlechte Laune in der Stadt bekämpfen: „Es ist dieses Gefühl, das der Berliner Senat einem gibt. Dieses Gefühl, ein schlechter Mensch zu sein. Ein schlechter Mensch, weil man mit dem Auto zur Arbeit fährt. Ein schlechter Mensch, weil man Enteignungen nicht für den Heilsbringer schlechthin hält“, steht in einem internen Memo, das uns vorliegt. Jürgen Klinsmann würde sagen: Gefühle, wo man schwer beschreiben kann. Stattdessen soll Berlin „Chancenmetropole“ werden, wenn es nach den Liberalen geht. Das steht über dem Wahlprogramm. Der Claim: „Ein neuer Stil“. Für die Zeit nach Corona brauche es eine „Wirtschaftswunderpolitik“, fordern sie in bunten Buchstaben (Vorschau hier). Ob die fünf neuen Seilbahnen, die die Partei bauen will, auch Teil eines wie auch immer gearteten Wunders sein sollen, konnten wir noch nicht herausfinden. Hauptsache, nicht die Bodenhaftung verlieren. | |||||
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