fragen Sie sich auch manchmal, für welche Werte Sie zum Märtyrer werden könnten? Für soziale Gerechtigkeit? Für Liebe? Oder schlicht für besseres Fernsehen? Für Letzteres ist jüngst der 54-jährige Georg Thiel zunächst bis vor die obersten Gerichte und am Ende bis ins Gefängnis gegangen. So pathetisch jedenfalls könnte man die Geschichte vom sogenannten „GEZ-Gandhi“ aus Borken, Nordrhein-Westfalen erzählen. Formaljuristisch ist der technische Zeichner Georg Thiel lediglich für 465 Euro und 50 Cent in die JVA Münster eingefahren. Just diesen Betrag soll der notorische Gebührenverweigerer dem für ihn und seinen Fernsehanschluss zuständigen WDR in Köln geschuldet haben. Thiel hat die Forderung nicht eingesehen und sich stattdessen ins Getriebe der Rundfunkanstalten und Meinungsmonopolisten gestürzt. Ein Rebell. Ein Michael Kohlhaas im Klingelpütz. So sitzt er nun da: Ein halbes Jahr vollvergitterter Fernseh- und Freiheitsentzug. Erzwingungshaft nennen das die Juristen. Dem Steuer- und Gebührenzahler wird Thiel am Ende 30.000 Euro Unterhalt kosten. Eine bizarre Geschichte. Antje Hildebrandt hat sie für Cicero recherchiert. Die Hintergründe lesen Sie heute auf cicero.de. Und morgen wird auch noch ein Interview mit dem Gebühren-Dickkopf folgen. Dabei wär auch für Thiel die Lösung so einfach gewesen: Mehr Arbeit und weniger Urlaub! Die 465 Euro und 50 Cent wären in Windeseile abbezahlt gewesen. Diese Sparmethode funktioniert derart gut, dass sie sich auch beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln herumgesprochen hat. Dort arbeitet unter anderen der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Obst. Als Cicero-Redakteurin Uta Weisse von Obst wissen wollte, wie wir in Zukunft die Rekordschulden aus der Pandemie abbauen können, muss er sich an diese alte Methode wieder erinnert haben: „Im OECD-Vergleich liegen wir in Deutschland bei den Arbeitszeiten im Durchschnitt im Jahr an drittletzter Stelle mit knapp 1.400 Stunden, nur in Dänemark und Norwegen wird weniger gearbeitet. Im europäischen Kontext sind dagegen Schweden und die Schweiz zwei Erfolgsmodelle.“ Also: Ärmel hoch und rangeklotzt! Die nächste Haushaltsabgabe für TV und Radio wartet schon. Und Georg Thiel will schließlich auch noch finanziert werden. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |