Kolumne von Cathrin Kahlweit. Und Österreich-Geschichten aus der SZ. Wie jeden Freitag.
szmtag
Sollte der Newsletter nicht korrekt angezeigt werden, klicken Sie bitte hier
29. Januar 2021
Ausschnitte aus dem Video, das FPÖ-Chef Strache zu Fall brachte.
Liebe Leserin, lieber Leser,
es geschieht selten, dass ein Interview, das ich führe, solche Wellen schlägt wie das an diesem Mittwoch. Normalerweise befragt man ja als politische Korrespondentin eher langweilige Politiker, die man mit abgefeimten Tricks von ihren Sprechblasen ablenken muss, aber dieses war anders: Nach einer langen Phase des Schweigens outete sich Julian H. endgültig – jener Mann, der das Ibiza-Video hergestellt und viele Monate später an SZ und Spiegel übergeben hatte. Er hatte den Spiegel und uns lange nicht von der Pflicht entbunden, darüber zu schweigen, wie das Video in unsere Hände gekommen war. Nun tat er es, vermutlich auch, weil H. mittlerweile in der JVA Berlin-Moabit in Haft sitzt und die Auslieferung nach Österreich fürchtet. Gegen ihn wird nicht wegen des Videos, sondern wegen Drogendelikten ermittelt; er bestreitet die Vorwürfe vehement.

Nicht nur SZ und Spiegel, auch der Standard und einige andere Medien hatten Kontakt mit seinem Anwalt aufgenommen, daher war es ein – sehr kollegial geführtes – Wettrennen um Zeit und Zitate. Und ich muss sagen: Ich habe viel gelernt. Darüber, wie man aus einem 90-minütigen Gespräch voller Andeutungen, Bezügen und Querverweisen einen Text machen kann, der nicht alle Formate sprengt – und wie man mit einem Interviewpartner, dessen Anwalt und erfahrenen Kollegen tagelang um jedes Komma ringen und am Ende immer noch gut gelaunt sein kann.

„Dieses Video hat mein Leben gefressen“
Zum Interview
In jedem Fall hat das Interview von SZ und Spiegel, und mehr noch sogar, das muss fairerweise hier gesagt sein, im Standard, Ibiza und seine Folgen wieder unmittelbar in das Bewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher zurückbefördert. Denn im gleichnamigen Untersuchungsgremium, dem Ibiza-Ausschuss, waren natürlich oben erwähnte Querverweise und Bezüge an diesem Tag Anlass für zahlreiche Fragen unter anderem an jene Auskunftspersonen, die zufälligerweise ziemlich direkt damit zu tun hatten – oder zumindest zu tun gehabt haben könnten, was sie aber negieren: an den Kabinettschef von Sebastian Kurz im Kanzleramt etwa, und an den Mitarbeiter, der kurz nach der Veröffentlichung zahlreiche Festplatten geschreddert hatte. Apropos Ibiza-Untersuchungsausschuss: Hier häufen sich Falschaussagen und Gedächtnislücken. Ermittlungen werden eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen. Lesen Sie mehr dazu hier.

Natürlich werden intensive Recherchen weitergehen, wer wann warum von dem Video wusste, vorher und nachher, es wird weitere Dementis und Gerüchte und Verschwörungstheorien geben, und wahrscheinlich wird sich Julian H. auch nicht das letzte Mal dazu geäußert haben. Aber vielleicht ist auch alles so, wie er es im Interview mit dem wunderbaren Spiegel-Kollegen Sven Röbel und mir in zahlreichen Varianten andeutete: Eigentlich war alles viel banaler, als alle Welt glaubt.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Cathrin Kahlweit
SZ-Korrespondentin in Wien
PS: Vieles in der Ibiza-Affäre hat eine noch längere Vorgeschichte. Wie ist Strache überhaupt in die Politik und später in die Bundesregierung gekommen? Wer hat ihn politisch geprägt? Darum geht es in der achtteiligen Podcast-Serie „Going to Ibiza“ von Leila Al-Serori und Vinzent-Vitus Leitgeb.
Österreich, die Korruption und der Populismus
Going to Ibiza
Die Süddeutsche Zeitung geht in einer achtteiligen Podcast-Serie auf Spurensuche: von Heinz-Christian Straches Anfängen bis zum Aufstieg von Sebastian Kurz. Die erste Folge hören Sie kostenlos.
Gleich anhören
Österreich erlesen

Trotz Protest abgeschoben
Im Vorfeld hatten sich Mitschülerinnen und Politiker dafür eingesetzt, die in Österreich geborenen Kinder nicht nach Georgien und Armenien abzuschieben. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisiert das Vorgehen scharf. Von Sophie Aschenbrenner
Zum Artikel

„Gut integrierte“ Kinder sind nicht mehr wert als „schlecht integrierte“
Viele zeigen sich entsetzt über die Abschiebung der zwölfjährigen Tina aus Wien nach Georgien. Das ist richtig. Die Begründung für die Empörung ist es nicht. Von Marija Barišić
Zum Kommentar

Immer mehr im Zwielicht
Das Bundesamt für Verfassungsschutz gilt seit Langem als schlecht organisiert und personell ausgedünnt. Nun steht unter anderem ein ehemaliger Abteilungsleiter im Verdacht, Wirecard-Manager Jan Marsalek zur Flucht verholfen zu haben. Von Cathrin Kahlweit 
Zum Artikel

Blogger am Werk
Nach einem Skandal um den bisherigen Preis wird nach dem Journalisten Claus Gatterer nun eine neue Auszeichnung benannt. Von Cathrin Kahlweit
Zum Artikel

„Argumentieren hilft“
Wie retten wir die Künste durch die Corona-Krise? Ein Gespräch mit der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und ihrem Hamburger Amtskollegen Carsten Brosda. Von Till Briegleb und Christine Dössel
Zum Interview

Der Rastlose
Arik Brauer war der letzte noch lebende Hauptvertreter der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“ und gilt als Mitbegründer des Austropop. Nun ist der Universalkünstler mit 92 Jahren gestorben. Von Alexandra Föderl-Schmid
Zum Nachruf

Stilles Örtchen 
Was waren das für Zeiten, Musil, Schnitzler, Nestroy, die Kaiserfamilie, alle waren sie am Semmering, Wiens Sehnsuchtsort. Jetzt stehen die Hotels leer – und wenn zu viele kommen, gibt’s auch Probleme. Von Cathrin Kahlweit 
Zur Seite Drei
Mein Österreichisch
Hiafler
Dummkopf
Franziska Weisz
Schauspielerin

Am Sonntag war die Wienerin zu sehen als Ermittlerin Julia Grosz im NDR-Tatort „Tödliche Flut“ (hier in Österreich abrufbar, hier in Deutschland abrufbar). Lesen Sie hier die TV-Kolumne von Claudia Fromme. 

Welches ist Ihr österreichisches Lieblingswort?
Verraten Sie es uns bitte per Mail an oesterreich@sz.de
Hier finden Sie eine Auswahl aller Einsendungen.
Wintersport in Österreich

„Ich bin ein bisschen sprachlos“
Die Tirolerin Lisa Theresa Hauser ist die Biathletin der Stunde: fünf Podestplätze, darunter ein Sieg, nie war eine Österreicherin besser. Mit großen Hoffnungen geht es jetzt zur WM. Von Saskia Aleythe
Zum Porträt

Virtuos wie van Gogh
Der Oberösterreicher Vincent Kriechmayr bewahrt die Gastgeber beim Super-G in Kitzbühel vor einer kleinen Schmach. Von Johannes Knuth
Zum Artikel

Der Lärm der Schneeflocken
In diesem Winter muss der alpine Skisport ohne Zuschauermassen auskommen – in Schladming erzeugen andere Faktoren die Spannung eines Klassikers. Von Felix Haselsteiner
Zum Artikel

Beschäftigung am Bürgermeisterlift
Die kleinsten Skigebiete trotzen der Corona-Krise am besten – wie ein Beispiel in Tirol zeigt. Von Dominik Prantl
Zum Artikel
Um Österreich herum

Das Prinzip Hoffnung funktioniert nicht mehr
Deutschland Je länger die Pandemie dauert und je weniger konkrete Ansagen die Menschen bekommen, wie es weitergeht, desto schneller erodiert das Vertrauen in die Politik. Die Zeit des „Fahrens auf Sicht“ muss endlich vorbei sein. Von Alexandra Föderl-Schmid
Zum Kommentar

Heim und Herd
Ungarn Die Regierung von Viktor Orbán feiert sich als Retterin alter Werte. Propagiert wird ein Mix aus heiliger Nation und heiliger Familie. Die Frau hat eine Aufgabe: möglichst viele Kinder kriegen. Und wehe denen, die aus dem Raster fallen. Von Cathrin Kahlweit
Zur Seite Drei

„Lieber Herr Dr. Braun, bleiben Sie stark!“
Deutschland Wie sich der ehemalige Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und der frühere Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für die Interessen von Wirecard einspannen ließen. Von Cerstin Gammelin, Lena Kampf, Klaus Ott, Katja Riedel und Jan Willmroth
Zur Recherche
Backen mit Profis

Familienrezepte
Heute präsentieren wir Ihnen an dieser Stelle kein Rezept, sondern verlosen gemeinsam mit dem Team vom SZ-Magazin zwei Online-Backkurse bei Großmüttern vom Café „Vollpension“ in Wien, die ihre Familienrezepte verraten.
Zum Gewinnspiel
Tipp von Cathrin Kahlweit
Linzerin als Set-Designerin für Kamala Harris 
Als Kamala Harris in Chucks auf dem Cover der Vogue erschien, war die Aufregung groß – und auf einmal bekam Julia Wagner, eine Linzerin, ganz viel Aufmerksamkeit. Denn sie war die Set-Designerin für das Shooting. Dennis Braatz hat hier sehr schön über Wagners Kunst geschrieben, andere glänzen zu lassen.
Hier können Sie den Österreich-Newsletter weiterempfehlen. Anregungen gern an oesterreich@sz.de schicken.
Zur Startseite von SZ.de

Zur Übersichtsseite der SZ-Newsletter
Ihre Newsletter verwalten

Entdecken Sie unsere Apps:

Folgen Sie uns hier:


Impressum: Süddeutsche Zeitung GmbH, Hultschiner Straße 8, 81677 München
Tel.: +49 89 2183-0, Fax: +49 89 2183 9777
Registergericht: AG München HRB 73315
Ust-Ident-Nr.: DE 811158310
Geschäftsführer: Stefan Hilscher, Dr. Karl Ulrich
Copyright © Süddeutsche Zeitung GmbH / Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH.
Regeln zum Copyright
Sie erhalten den Newsletter an die E-Mail-Adresse newsletter@newslettercollector.com.
Wenn Sie den „SZ Österreich“-Newsletter nicht mehr erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.
Datenschutz | Kontakt