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Leyrers Kunststoff

 
 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Man ist ja das Kind seiner Zeit, und daher hatte ich nach meinem ersten Interview mit der neuen Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer einen Ohrwurm, der sehr leicht nachvollziehbar macht, wie alt ich bin.

 

I wanna rock, sangen Twisted Sister, und so gut der Song immer noch die Stärken der Rockmusik auf den Punkt bringt, so diffizil wäre das Video in heutige Genderdiskussionen einzupassen (mehr dazu weiter unten). Sehenswert ist das alles allemal, also hier klicken für eine Dosis harte Gitarren und Glam-Rock-Geschlechterverwirrung.

 

Aber ich bin vom Weg abgekommen, eigentlich wollte ich über mein Interview mit Andrea Mayer schreiben. Das war so, wie die ersten Kulturpolitikerinterviews immer sind: Unverbindlich, nicht bedrohlich inhaltsschwer und durchaus konsensbelastet.

 

Gesprochen haben wir über Folgendes:

 

  • Einen Zeitrahmen für Rockkonzerte - wird es die vor 2021 geben? Mayer: "Es ist Kaffeesudlesen. Aber: Ich hoffe es sehr. Wir alle wollen auch wieder auf Rockkonzerte, in Jazzclubs gehen. Die Veranstaltungsbranche macht sich große Sorgen. Das gehört auch zu Kunst und Kultur – da muss es so bald wie möglich Planungssicherheit geben.
  • Ob der neue Staatsoperndirektor seine erste Saison starten wird können? ""Ich habe mich mehrmals mit Bogdan Roščić besprochen. Er spielt verschiedene Szenarien durch. So wie er warten viele Kulturbetriebe auf die Möglichkeiten, die wir in der Pandemiephase im Herbst haben werden." Aussichten dazu soll es kommende Woche geben.
  • Wie die Kulturlandschaft sich langfristig verändern wird? "Mein Anspruch ist, dass wir niemanden verlieren. Bei den KünstlerInnen, und bei den Institutionen."
  • Die Kritik an Mayers Vorgängerin Ulrike Lunacek: "Wenn man als Frau eine öffentliche Position annimmt, muss man wissen, dass man härter beurteilt wird."
  • Die Volksopernausschreibung ("demnächst") und ob Robert Meyer verlängert wird? "Das kann ich jetzt nicht sagen."

 

Nicht gesprochen hab ich mit ihr über parteipolitische Problematiken, Sie wissen schon, eine Rote als Grüne, oder wie auch immer. Aus einem Grund: Weil mich dieses Wiederauferstehen der parteipolitischen Dogmatik - selbst Staatsanwaltschaftsstreits sind hierzulande politisch gefärbt - nicht nur betroffen macht, sondern auch von allen Seiten derart fundamentalistisch rüberkommt, dass ich an der Krisenüberlebenstauglichkeit dieses Landes zu zweifeln beginne.

Hier gibt es das Interview in voller Länge, länger sogar als in Print (Plus-Inhalt).

 
Kulturstaatssekretärin Mayer: "Wir wollen auch wieder auf Rockkonzerte gehen"
 
Kulturstaatssekretärin Mayer: "Wir wollen auch wieder auf Rockkonzerte gehen"
 
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Harry Potter und die unvereinbaren Standpunkte 

 

Wie versprochen, noch etwas zur Geschlechterdiskussion: Die Autorin von "Harry Potter", Joanne K. Rowling, hat sich vehementen Ärger eingefangen. Sie hat sich wiederholt öffentlich in die Debatte um Transgender-Aktivismus eingeklinkt, und auch wenn das eine in Europa recht unzentrale Debatte ist, gibt es hier genug Anhaltspunkte auch für in jeder Hinsicht Nichtbetroffene, um sich einzumischen. Dementsprechend brutal war die Reaktion in den (eh immer brutalen) Sozialen Medien, auch Potter-Darsteller Daniel Radcliffe und andere übten mehr oder wenige sanfte Kritik an Rowling.

Es gibt, natürlich, auch eine andere Seite der Geschichte, auch wenn das in der allgemeinen Brüllerei im Internet untergeht. Rowling hat diese andere Seite niedergeschrieben, und beim Lesen darf man ruhig mehrmals schlucken.Rowling bekannte sich dazu, selbst Opfer sexueller Gewalt gewesen zu sein, und stellt ihre Kritik an Trans-Aktivismus in den Kontext einer dahingehenden Sorge um Mädchen und Frauen.

Sie wolle sich gegen eine Bewegung stellen, die Frauen als "biologische und politische Klasse auslöschen" wolle. Das Argument, dass Weiblichkeit nicht im Körper residiere, empfindet sie als "zutiefst frauenfeindlich und rückschrittlich"

Niederschlag gefunden hat Rowlings Seite der Geschichte weniger als die Aufregung um die Tweets, und es steht zu befürchten, das dies deshalb so ist, weil es zu kompliziert für Verkürzung geworden ist. Lesenswert ist Rowlings Argumentation, die von persönlicher Betroffenheit motiviert ist, allemal.

 
"Harry Potter"-Autorin Rowling war Opfer sexueller Gewalt
 
"Harry Potter"-Autorin Rowling war Opfer sexueller Gewalt
 
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Wir bleiben beim Thema

 

Die Coronakrise brachte Leid, Sorgen und Wirtschaftseinbruch. Sie brachte auch einen Abbau einiger Errungenschaften des Feminismus: Vieles dessen, was in der Krise vollbracht werden musste, wurde auf weiblichen Schultern abgeladen. Auch in der Kultur geht dieser Prozess nicht spurlos vorbei - insbesondere in den männerlastigeren Teilbranchen, etwa dem Film. Dort war weibliches Schaffen ohnehin unterrepräsentiert, nun haben weibliche Filmschaffende Sorge vor einem weiteren Backlash. Das sagen Kamerafrau Leena Koppe und Drehbuchautorin Agnes Pluch, beide jüngst mit der ROMY ausgezeichnet, im KURIER-Interview.

 

"Wenn ich mit der Kamera komme, werde ich oft gefragt: Ist das nicht zu schwer?", sagt Koppe. "Wenn eine Frau mit zwei Kindern, einem Kinderwagen, Einkäufen und vielleicht noch einem Roller unterwegs ist – was man ja tatsächlich sieht, wenn man die Augen offen hält –, fragt keiner, ob die das kann. Und das ist manchmal schwerer als die Kamera, kann ich selbst sagen. Das eine fällt niemandem auf, aber die Kamera schon. Da merkt man, wie tief gewisse Bilder verankert sind."

Und Pluch ergänzt: "Meine große Angst ist, dass es durch die Krise einen Backlash gibt – nicht nur, aber auch im Kulturbereich. Die Fördertöpfe werden kleiner und dann werden die Ellbogen mehr ausgefahren. Da muss man vorsichtig sein, dass Dinge, die vielleicht schon erreicht sind, nicht im Zuge von Einsparungsmaßnahmen fallengelassen werden – mit der Begründung, das hätte gerade keine Wichtigkeit. Ich verallgemeinere jetzt, aber es war schon zu beobachten, dass es eher die Frauen waren, die zu Hause bei den Kindern waren und mit ihnen gelernt haben."

 
Frauen in der Filmbranche: "Meine Angst ist, dass es durch die Krise einen Backlash gibt"
 
Frauen in der Filmbranche: "Meine Angst ist, dass es durch die Krise einen Backlash gibt"
 
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Eine Frau muss die Nation einen

 

Ud ja, in Amerika ist es wieder eine Frau, die die Gräben überwinden muss. Eine vielleicht etwas unerwartete, noch dazu: Country-Ikone Dolly Parton. Die ist, so schreibt Kollege Michael Huber, zur Seelentrösterin Amerikas geworden. " In einer Zeit, in der die USA gespaltener sind als je zuvor und die Kontroversen um ihren Präsidenten sogar Familien zerreißen, gelingt es der Sängerin, Zusammenhalt zu stiften", heißt es im Text. "Die Botschaft der Inklusion durchzieht Partons Werk – von Videos mit einer Trisomie-21-Aktivistin bis zu Vorlesestunden für bildungsferne Kinder, einem von Partons vielen Charity-Projekten." Es gibt sogar einen Podcast zu "Dolly Parton's America". Das alles finden Sie hier: (Plus Inhalt)

 
Die Seelentrösterin Amerikas: Das Phänomen Dolly Parton
 
Die Seelentrösterin Amerikas: Das Phänomen Dolly Parton
 
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Die Kultur zu den Protesten 

 

Die anhaltenden Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt haben längst auch Auswirkung auf die Kultur. So werden ältere Inhalte, die der heutigen Zeit nicht standhalten, neu bewertet. "Little Britain" etwa ist bei Netflix und BBC nicht mehr zu streamen (hier lesen Sie, warum). Und auch der Klassiker "Vom Winde verweht" ist temporär vom Netz, soll aber mit Kontextualisierung zurückkehren. Alexandra Seibel hat sich wiederum das Black Cinema angeschaut - mit Klassikern bis hin zum aktuellen Film von Spike Lee (Plus-Inhalt).

 
Black Films: Bankkauf statt Banküberfall
 
Black Films: Bankkauf statt Banküberfall
 
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Ihr Georg Leyrer

 
 

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Jessica Hausners Festival-Gewinner "Little Joe" (OmdU) 

 
 
Alice ist Alleinerzieherin und leidenschaftliche Wissenschaftlerin im Bereich der Grünen Gentechnik. Als Pflanzenzüchterin in einer auf Zierpflanzen spezialisierten Firma entwickelt sie eine neue Spezies, die nicht nur besonders schön ist, sondern auch besonders gut riecht: wenn man die Pflanze aufmerksam pflegt, warm hält und zu ihre spricht, antwickelt sie einen therapeutischen Effekt: die Blume macht glücklich. Unerlaubterweise bringt Alive eine der Blumen als Geschenk für ihren Teenager-Sohn Joe mit nach Hause. Sie nennen die Pflanze "Littel Joe". 
Ein Gespräch mit der Wiener Regisseurin finden Sie gleich hier.
 
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