Heute in Rhein-Main: Leerstellen statt Lehrstellen
Guten Abend,
in Hessen gibt es Diskussionen um die Verteilung von Flüchtlingen. Einige Landkreise bezeichnen sie als ungerecht. Außerdem haben weniger junge Menschen als im Vorjahreszeitraum eine Ausbildung begonnen – was wiederum der Wirtschaft Sorgen bereitet. Unmut auch in Wiesbaden: Dort bestimmt die Wohnungsnot die Stadtpolitik. Lösungsvorschläge gibt es. Ob die gegen den Widerstand einiger Bürger durchgesetzt werden können, muss sich noch herausstellen. Denn es scheint wieder die Haltung zu gelten: Wohnungsnot? Dann baut doch neu! Aber bitte nicht vor meinem Fenster!
Marie Lisa Kehler
Stellvertretende Ressortleiterin des Regionalteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Streit um Verteilung: Die Szenen, die sich im Frühling dieses Jahres am Frankfurter Hauptbahnhof abgespielt haben, haben sich bei vielen Menschen in die Erinnerung eingebrannt. Tausende Menschen, die aus der Ukraine flohen, Kleinkinder an der Hand, die Habseligkeiten in einen Koffer gestopft. Die Zahl der Menschen, die Schutz vor Krieg und Unruhen in ihren Heimatländern suchen, ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Das spüren die Städte, die Kreise und die Hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen. Nach vielen Monaten des pragmatischen Anpackens aber wächst der Unmut. Das Verteilungssystem in Hessen gehe nicht fair mit allen Kommunen um. Das zumindest monieren die am meisten betroffenen Landkreise, die Wetterau und der Main-Kinzig-Kreis. Beklagt wird auch, dass die Stadt Frankfurt anteilig weniger Geflüchtete zugewiesen bekommt, als andere Städte. Das sei eine falsche Darstellung, heißt es aus der Mainmetropole. Schließlich habe man besonders in der Anfangszeit mehr Menschen aufgenommen, als alle anderen Städte und die Quote sogar „übererfüllt“. Wie sehr das Land Hessen in Not ist, zeigt ein Blick in die sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen Asylsuchende vorübergehend unterkommen, bevor sie im Idealfall an die Kommunen weiterverwiesen werden. Die Plätze drohen knapp zu werden. Deshalb hat das Land den Städten und Kommunen vor wenigen Wochen schriftlich mitgeteilt, dass sie mehr Geflüchtete als bisher aufnehmen müssen. Frankfurt bildete dabei eine Ausnahme. Eben weil die Aufnahmequote im Frühjahr schon mehr als erfüllt worden sei, wie es aus dem Hessischen Sozialministeriums heißt. Unsere Autorin Monika Ganster fasst die Diskussion zusammen und erklärt, nach welchem Schlüssel die Menschen den Städten und Kreisen zugeordnet werden.
Azubi gesucht: Viele Betriebe klagen darüber, dass sie ihre Lehrstellen nicht mehr mit geeigneten Bewerbern besetzen können. Bild: dpa
Auszubildende gesucht: „Was machst du so nach dem Abitur?“ – „Studieren!“ Standardantwort. Welches Fach scheint erst einmal völlig zweitrangig. Hauptsache mal raus. Hauptsache mal die Freiheit genießen. Eine Ausbildung zu beginnen, verbunden mit geregelten Arbeitszeiten und einem geringen Gehalt, das erscheint vielen Jugendlichen in Hessen alles andere als attraktiv. Die Zahl derjenigen, die in diesem Herbst eine Lehre antreten wollten und bei den Agenturen für Arbeit registriert waren, ist im Vergleich zum Vorjahr um 4,3 Prozent zurückgegangen. Rund 33.700 junge Menschen waren nach Angaben des hessischen Wirtschaftsministeriums insgesamt auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Dem gegenüber standen 34.500 gemeldete Ausbildungsstellen der hessischen Betriebe. Im Vergleich zu 2020 habe die Bewerberzahl um fast 15 Prozent abgenommen. Viele Betriebe klagen zudem, dass sie ihre Lehrstellen nicht mehr mit geeigneten Bewerbern besetzen können. Wirtschaftsredakteurin Patricia Andreae kommentiert: „Wenn Ausbildungsplätze zu Leerstellen werden, weil sie nicht zu besetzen sind, fallen sie in den nächsten Jahren vermutlich weg. So setzt sich die Spirale nach unten fort. Und es könnte ein Strudel daraus werden, der der Wirtschaft gefährlich wird.“Derweil vermeldet die Bundesagentur für Arbeit aber auch eine positive Entwicklung in Hessen. Zugegeben: Dies als Erfolg zu feiern, wäre übertrieben. Die Arbeitslosenquote ist im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,1 Prozentpunkte auf 4,9 Prozent gesunken. Demnach sind derzeit rund 168.842 Frauen und Männer ohne Job.
Kritik an Plänen: Wer in den vergangenen Jahren auf Wohnungssuche im Rhein-Main-Gebiet war, der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit kuriose Erlebnisse gesammelt. Da stellen sich als Palast beschriebene Wohnungen als Bruchbuden heraus, da lernt man Vermieter mit überzogenen Preisvorstellungen und die Bedeutung von „Angebot und Nachfrage“ kennen. Meist, nach viel Frust, klappt es irgendwann mit der Unterzeichnung des Mietvertrags. Am Ende wurden meist die eigenen Vorstellungen angepasst. Balkon? Doch nicht so wichtig. Badewanne? Wer will denn heute noch baden? Wer einmal in einer Wohnung sitzt, der bleibt. Die Wohnungsnot – ein Thema, das alle Städte im Rhein-Main-Gebiet beschäftigt. Neuer, bezahlbarer Wohnraum muss her. Und das lässt sich nicht immer durch Nachverdichtung erreichen. An vielen Orten muss neu gebaut werden. So auch in Wiesbaden. Die Einwohnerzahl Wiesbadens hat seit 2001 um knapp zehn Prozent auf 296.000 zugelegt. Bis 2024 fehlen rund 26.000 Wohnungen, von denen 17.000 ganz neu gebaut werden müssen. Zusätzlich zu dem Gebiet „Ostfeld“, auf dem Wohnungen für bis zu 12.000 Menschen entstehen sollen, hat die Stadt nun die „Perspektivfläche West“ ins Auge gefasst. Dabei geht es um die teilweise Bebauung einer rund 125 Hektar großen Grünfläche, des sogenannten Freudenberger Hangs. Es soll Potenzial für 1500, nicht wie ursprünglich vorgesehen 3000, Wohnungen bieten, wie unser Korrespondent Oliver Bock schreibt. Aber die Stadt hat die Rechnung ohne die gemacht, die schon ihr Glück in einer Wohnung gefunden haben. Anwohner fürchten ihren freien Blick auf die Landschaft, Spaziergänger, Radler und Hundefreunde um ihre gewohnten Wege im Grünen. Konflikte sind programmiert, eine „Aktionsgemeinschaft Westfeld erhalten“ ist schon gegründet.
Nach örtlichem Nebel zunächst recht freundlich. Im Tagesverlauf mehr Wolken und abends örtlich Regen. Höchstwerte um 15 Grad.
Geburtstag haben am
Donnerstag, 3. November
Rolf-E. Breuer, früherer Vorstandssprecher und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank AG, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Hessischen Kulturstiftung, Träger der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt (85); Dietrich Möller (CDU), Ehrenpräsident des Landesjagdverbands Hessen, langjähriger Oberbürgermeister der Stadt Marburg (85); Roland Kern (Andere Liste/Die Grünen), ehemaliger Vizepräsident des Hessischen Landtags, früherer Bürgermeister der Stadt Rödermark (75); Thomas Bauer , Mitgesellschafter der Mediengruppe Offenbach-Post, früherer Herausgeber des Hanauer Anzeigers (70); Thomas Schmitter, Geschäftsführer der Praunheimer Werkstätten, Frankfurt (55); Ralf Suermann, Geschäftsführender Vorstand der Jürgen-Ponto-Stiftung, Frankfurt (55); Stefan Krämer, Geschäftsführender Gesellschafter der Löwen Frankfurt Eishockey-Betriebs GmbH (52); Thomas Wagner, Mitglied des Vorstands der Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) AG (45); Stephanie Krömer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Frankfurter Agentur für Arbeit (41).
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