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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie gut ist es in unserem Nachbarland Polen mit der Pressefreiheit bestellt? Bei der in den vergangenen Jahren erfolgsverwöhnten Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) scheinen da kurz vor der Stichwahl um das Amt des Präsidenten die Koordinaten zu verrutschen. Denn Amtsinhaber Andrzej Duda hat ein neues Thema gefunden: Wie Berlin angeblich versucht, die Wahlen in Polen zu beeinflussen. Am Freitag sagte er bei einer Kundgebung: „Es ist nicht lange her, da konnte man in der Zeitung DIE WELT lesen, dass ihr Warschau-Korrespondent, Herr Fritz, mitgeteilt hat, dass Herr Trzaskowski (Dudas Herausforderer - U.P.) für Deutschland der bessere Präsident wäre, weil er dagegen ist, dass sich Polen Reparationen von den Deutschen nimmt, dass Polen Entschädigungen, Reparationen für den Zweiten Weltkrieg fordert, für die Verwüstungen, die damals angerichtet wurden. Heute, Herrschaften, haben wir die nächste Enthüllung der deutschen Attacke in diesen Wahlen.“
 
WELT-Korrespondent Philipp Fritz wurde in der Vergangenheit wegen seiner journalistischen Arbeit immer wieder von regierungsnahen Medien attackiert. Auch kritische polnische Journalisten, vor allem Mitarbeiter der beiden größten Tageszeitungen „Fakt“ und „Gazeta Wyborcza“, werden in den regierungsnahen Sendern und Zeitungen und in sozialen Medien immer wieder angegriffen. Aber dass das Staatsoberhaupt persönlich einen ausländischen Journalisten namentlich nennt und nahelegt, dieser schreibe im Auftrag einer fremden Regierung, ist ein bislang einmaliger Vorgang. Mein Kollege Deniz Yücel, der wegen seiner unbestechlichen journalistischen Arbeit mehr als ein Jahr in türkischer Haft saß und bitter erfahren musste, was Presseunfreiheit bedeutet, beschreibt in diesem Text den Fall Duda vs. Axel Springer
 
Ich finde das nicht hinnehmbar. Und dennoch meine ich, dass wir schnell zu einem zivilisierten Diskurs zurückkehren müssen. Unser Warschau-Korrespondent liebt das Land, das auch seine Heimat ist. Aber er ist durch Liebe nicht blind, sondern genau, akribisch und unbestechlich geworden. Wir wünschen uns freundschaftliche Beziehungen zu Polen – auch in dem Wissen, dass unsere östlichen Nachbarn uns Deutschen all das vergeben, was unser Land dem stolzen Volk der Polen angetan hat. Wir sind dafür dankbar und stehen zu der Verantwortung. Die deutsche Einheit wäre ohne die Gewerkschaft Solidarnosc und den polnischen Papst nicht denkbar gewesen.
 
Herr Duda, wir müssen reden!
 
Debatte um die Wehrpflicht: Die Wehrbeauftragte Eva Högl (Foto) ist mit ihrem Vorstoß für eine Neuauflage der Wehrpflicht überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Sowohl Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als auch Grüne und FDP sprachen sich gegen eine Wiedereinführung aus. Unterstützung erhielt die SPD-Politikerin Högl vom Reservistenverband.
 
Auch die SPD-Vorsitzenden, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, sind auf Distanz zur Wehrbeauftragten: Die Wiedereinführung der Wehrpflicht gehöre zwar zu den „immer wiederkehrenden Themen“, stehe aber „nicht im Zusammenhang mit der gefährdeten Demokratiefestigkeit einzelner Bereiche der Bundeswehr, die nie mit Wehrpflichtigen besetzt worden sind“.
Eva Högl
Högl hatte die Debatte angesichts der jüngst bekannt gewordenen rechtsextremistischen Vorfälle etwa in der Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) angestoßen. „Ich halte es für einen Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde.“
 
Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban (CDU), kritisierte den Vorstoß und setzte ihn in Zusammenhang mit Rassismus-Vorwürfen, die Parteichefin Esken gegen die Polizei erhoben hatte: Auch bei Högl schwinge „ein latentes Misstrauen gegenüber unseren Sicherheitskräften mit“, sagte Kuban WELT. „Die Sozialdemokraten wären deshalb gut beraten, ihr Verhältnis zu Polizei und Bundeswehr einmal ganz grundsätzlich zu klären. Polizisten und Soldaten schützen unser Land und haben unsere Rückendeckung verdient.“ 
 
Ennio Morricone
Ennio Morricone ist tot: Der für seine umwerfenden Filmmusiken bekannte italienische Komponist starb heute Morgen in Rom im Alter von 91 Jahren. Was mir gar nicht bewusst war: Erst mit 87 Jahren erhielt Morricone einen Oscar für die beste Filmmusik – für seinen Soundtrack zu Quentin Tarantinos Western „The Hateful 8“, dessen verschneite Landschaften er stimmungsvoll in Szene gesetzt hatte. Und was war mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Es war einmal in Amerika“? Immerhin: 2007 hielt er den Oscar bereits einmal in Händen, allerdings nicht für eine Filmmusik, sondern für sein Lebenswerk.
 
Sehr ans Herz lege ich Ihnen diesen wunderbaren Nachruf meines Feuilleton-Kollegen Michael Pilz (WELTplus). Er rekapituliert darin ein letztes Treffen mit dem Meister: „Es ging Ennio Morricone noch ganz gut, wir waren glücklich, in Berlin mit ihm noch einmal über seine Musik reden zu dürfen. Seine Augen schauten uns durch seine Existenzialistenbrille groß und lebhaft an, während er von Metallica und Wagner sprach.“ 


Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag,


Ihr



Ulf Poschardt


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