Heribert Prantl beleuchtet ein Thema, das Politik und Gesellschaft (nicht nur) in dieser Woche beschäftigt.
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10. März 2024
Prantls Blick
Die politische Wochenschau
Prof. Dr. Heribert Prantl
Kolumnist und Autor
SZ Mail
Guten Tag,
Was ist ein Schlonz? Ein Schlonz oder Schlunz ist im Ruhrdeutschen ein unordentlicher, ein etwas schlampiger Typ, einer mit dem Hang zu Nachlässigkeit. Ein Schlonz ist einer, der auch dort Fünfe gerade sein lässt, wo er es genau nehmen müsste. Ein lässiger Schlonz kann durchaus ein beliebter und sympathischer Typ sein, gerade weil er das Gegenteil von einem Erbsenzähler ist. Ein Schlonz als Handwerker sagt, wenn er fünf Bohrlöcher hat: „Ach komm, was soll der Scheiß, drei Schrauben reichen da dicke!“

Dass der Kanzler Olaf Scholz in Sachen Taurus, also bei der Diskussion um die Lieferung eines sehr weitreichenden deutschen Waffensystems, als Kontrollfreak und als Korinthenkacker rüberkommt und nicht als Schlonz, gereicht ihm sehr zur Ehre. Scholzen heißt in Bezug auf den Taurus: die Ur-Idee des Grundgesetzes zu respektieren. Scholzen heißt in diesem Zusammenhang, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Denn Scholz sperrt sich hartnäckig dagegen, die Kontrolle über den Einsatz dieses weitreichenden Waffensystems abzugeben.

Hochrangige Offiziere der deutschen Luftwaffe, darunter ihr oberster General, haben in ihrem geleakten und viel diskutierten Gespräch nicht ohne Grund versucht, aus einem Quadrat einen Kreis zu machen: Sie haben gemerkt, dass es kaum geht, die Waffe erfolgreich einzusetzen ohne eine faktische direkte Kriegsbeteiligung deutscher Soldaten; sie haben eingeräumt, dass ohne eine intensive informationstechnische Beteiligung Deutschlands und ohne Betreuung durch die Bundeswehr das Waffensystem in der Ukraine nicht zielführend genutzt werden kann. Die Waffe müsste von Deutschland aus mit den nötigen Daten gefüttert werden, damit ihr Flug ins Ziel führt. Ansonsten müsste Deutschland hochgeheime militärische Daten an die Ukrainer liefern. Scholz weigert sich – und das ist richtig. Gut gescholzt, Kanzler!
SZPlus Prantls Blick
Respekt, Kanzler
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Der meteorologische Frühlingsanfang steht bevor. Stellen Sie sich den Frühling schon einmal auf den Tisch. In der Mehrzahl heißt er Tulpen.

Ihr
Heribert Prantl
Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung
SZ Mail
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Prantls Leseempfehlungen
Nie wieder Frieden
Der Schriftsteller Ernst Toller war ein bekehrter Kriegsfreiwilliger des Ersten Weltkriegs, der dann Revolutionär und Pazifist wurde („Der Krieg ließ mich zum Kriegsgegner werden“); er war eine der Leitfiguren der Münchner Räterepublik, wurde nach deren Scheitern wegen Hochverrats angeklagt und zu einer fünfjährigen Festungshaft verurteilt. Während der Zeit im Kerker Niederschönenfeld hatten seine Stücke auf den Theaterbühnen der Weimarer Republik sensationellen Erfolg. Viele der Aufführungen wurden gestört und gesprengt von den Nazis. Als Joseph Goebbels 1933 mit einer Hassrede in Berlin den „Juden-Boykott“ eröffnete, nannte er Ernst Toller einen vordersten Exponenten des deutschen Judentums und damit einen Hauptfeind des Nationalsozialismus: „Aus den Gräbern von Flandern und Polen“, so Goebbels, „stehen zwei Millionen deutsche Soldaten auf und klagen an, dass der Jude Toller schreiben durfte, das Heldenideal sei das dümmste aller Ideale“. Bei der NS-Bücherverbrennung waren Tollers Bücher dabei; stellvertretend für ihren in die Schweiz entkommenen Autor wurden die Bücher an aufgerichteten Pfählen gekreuzigt.

Meine SZ-Kolumne vom Freitag („Pax und Moritz“) habe ich mit einem späteren Theaterstück Tollers begonnen. Es heißt „Nie wieder Frieden“ und handelt davon, wie man ihn vielleicht doch erreicht; es wurde 1936 in London uraufgeführt. Dieses Theaterstück war für mich Anlass, mich mit dem Gesamtwerk von Toller zu befassen, der in der Zeit der Weimarer Republik bekannter war als Bert Brecht. Es lohnt sich! Der Soziologe Max Weber hat seinerzeit im Hochverratsprozess seinem ehemaligen Studenten „absolute Lauterkeit“ bescheinigt. Es gilt, ein literarisches Gesamtwerk und einen klugen Kopf wieder zu entdecken. Man tut das am besten mit der vom Hanser-Verlag herausgegebenen Taschenbuch-Gesamtausgabe.


Wolfgang Frühwald, John M. Spalek (Herausgeber): Ernst Toller. Gesammelte Werke. Die fünf Bände sind 1995 erschienen. Mit Glück entdeckt man sie noch im Buchhandel oder erhält sie antiquarisch – zum Preis von ab 60 Euro.
SZPlus
Die Gleichgültigen
Der Schriftsteller Rafik Schami, der seit 1971 in Deutschland lebt, hat im Feuilleton der Samstags-SZ einen grandiosen Text geschrieben. Es ist dies eine Abrechnung mit den Gleichgültigen, die alles hinnehmen: „Sie folgen Faschisten, Kommunisten oder Liberalen, sind weder dafür noch dagegen. Die Gleichgültigen riskieren nicht und versuchen – zur Not auch auf Kosten ihrer Würde – immer auf der sicheren Seite zu sein. Die Niederlage ihres Fußballvereins bewegt sie mehr als ein Völkermord.“ Rafik Schami analysiert sehr luzide, wie der Aufstieg des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik begann, wie aus radikal Linken radikal Rechte wurden, wie ihre Kehrtwende dem Diktat von Eitelkeit und Mode folgte. Er konstatiert eine gefährlich fremdenfeindliche Entwicklung in der Bundesrepublik – und erinnert daher die Gleichgültigen an ihre Verantwortung: „Wie lange noch sollen sie sich dumm, unwissend, gleichgültig stellen, als agierten die Rechtsradikalen auf einer fernen Insel.“ Hoffnung machen Rafik Schami die Hunderttausende von Menschen, die in vielen deutschen Städten auf die Straße gehen. Sie sind ein Sturm gegen die Gleichgültigkeit.
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