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Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 16.03.2022 | Vereinzelte Wolkenfelder bei bis zu 13°C. | ||
+ 80 Soldaten sollen Berlin bei Aufnahme von Geflüchteten unterstützen + Hilfe-Aufruf von Franziska Giffey an Landesbeschäftigte + Ukraine lehnt hiesige Integrationsklassen ab + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Stunden: +++ Die russische Armee soll nach Angaben des ukrainischen Generalstabs bereits bis zu 40 Prozent der Einheiten verloren haben, die seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar an Kämpfen beteiligt waren. Diese Truppen seien entweder vollständig zerschlagen worden oder hätten ihre Kampfkraft verloren, teilte der Generalstab in Kiew in der Nacht zu Mittwoch in einem Lagebericht mit. Eine konkrete Zahl nannte er nicht. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden. +++ Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu den jüngsten Gesprächen mit Russland über ein Ende des Krieges vorsichtig optimistisch geäußert. „Die Verhandlungspositionen sind jetzt realistischer“, sagte er in einer in der Nacht zu Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft. +++ Der ukrainische Botschafter in Deutschland hat die Vermittlungsbemühungen von Altkanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg für gescheitert erklärt. „Die Sache ist für uns endgültig erledigt“, sagte Botschafter Andrij Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. „Für die Ukraine machen weitere Gespräche Schröders gar keinen Sinn. Es ist schon traurig, zu beobachten, wie die ganze Sache schief gelaufen ist.“ +++ Die drei Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien sind für einen Solidaritäts-Besuch nach Kiew gereist, am späten Abend wurden sie von Selenskyj in Empfang genommen. Unterdessen steht die Hauptstadt der Ukraine aber weiter stark unter Beschuss. Seit gestern Abend gilt eine 35-stündige Ausgangssperre bis Donnerstag früh um 6 Uhr. Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveblog auf tagesspiegel.de verfolgen. Wie sich die Flüchtlingslage in Berlin verändert, können Sie hier lesen. | |||||
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Hilferuf II: Alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus fordern gemeinsam von der Bundesregierung sofortige finanzielle und logistische Unterstützung bei der Unterbringung von Geflüchteten – eine seltene Einigkeit. Moment mal: alle Fraktionen? Nochmal nachgezählt… nein, die AfD ist natürlich nicht dabei. | |||||
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Hilferuf III: Die Bitte Berlins um Unterstützung durch die Bundeswehr bei der Aufnahme von Geflüchteten lief bisher ins Leere – das Verteidigungsministerium teilte uns gestern dazu offiziell mit, es könne vorkommen, „dass ein Amtshilfeersuchen abgelehnt werden muss, wenn die Bundeswehr nicht helfen kann oder darf“. Außerdem seien „die Mittel der Bundeswehr aktuell limitiert“; die Prüfung neuer Amtshilfeanträge „kann daher länger dauern als gewohnt.“ Ok, und was passiert tatsächlich hinter der Kommunikationsbarrikade? Alexander Fröhlich hat sich für uns angeschlichen und folgende exklusive Zwischenstandmeldung mitgebracht: Berlin bekommt seine 80 Soldaten – soll heute auch offiziell bekannt gegeben werden. | |||||
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Hilferuf IV: Die ukrainische Generalkonsulin… nein, eigentlich ist das gar kein Hilferuf, was Iryna Tybinka der Kultusministerkonferenz da gerade schriftlich gegeben hat, sondern ein anklagender Forderungskatalog. Zentraler Punkt des neunseitigen Schreibens, das sie auch im Namen von Bildungsminister Serhij Schkarlet übermittelt: Die Ukraine lehnt die Aufnahme geflüchteter Kinder in deutsche Integrationsklassen ab – sie erwartet stattdessen Unterricht wie in der Heimat. Die Begründung in vier Punkten: 1. Es geht nur um einen vorübergehenden Aufenthalt. 2. Die Kinder brauchen Kontinuität beim Bildungsprozess. 3. Die nationale Identität muss erhalten bleiben. 4. Zusätzlicher psychischer Druck muss vermieden werden. Ihre „Botschaft“ versteckt die Generalkonsulin nicht hinter diplomatischen Floskeln – so fordert sie Deutschland auf, „die Komfortzone“ zu verlassen. Hier einige Auszüge: „Die Ukraine ist ihrem Territorium nach das größte Land Europas. Ein Land mit einer jahrtausendalten Geschichte, die sich häufig mit der historischen Entwicklung Deutschlands gekreuzt hat und von ihr beeinflusst wurde. Und diese Geschichte fehlt in den schulischen Lehrplänen und Richtlinien praktisch gänzlich. In Deutschlands Lehrplänen und Richtlinien dominiert nach wie vor Russland und russischer Imperialismus. Daher stammen auch die Neigungen und das Bestreben vieler Menschen in Deutschland, Russland zu verstehen, Russlands Verbrechen zu rechtfertigen, aber auch die Angst davor, Russland irgendwie zu kränken. All das, was wir bereits vor dem Krieg gespürt haben, hält immer noch viele in Deutschland davor zurück, angemessen und in voller Entschlossenheit auf die Aggression Russlands zu reagieren.“ „Die so genannten Integrationsklassen würden für die ukrainischen Kinder eine Wand des Unverständnisses, das Gefühl der Minderwertigkeit und des geringen sozialen Schutzes bedeuten.“ „Ich rufe Sie dazu auf, Abstand von der Hilfe verschiedener Integrationsvereine aus dem ehemaligen Ostblock zu nehmen. Die Mehrheit dieser Vereine ist ein Instrument russischer Propaganda. Das ist nichts anderes als eine tickende Zeitbombe.“ Tybinka fordert für die geflüchteten Kinder eine temporäre Beschulung nach dem ukrainischen Bildungssystem unter Einbeziehung ukrainischer Lehrkräfte – und das sei ab sofort möglich: „In der Pandemiezeit wurde in der Ukraine eine breite Online-Plattform für die Beschulung der Klassen 5 bis 11 entwickelt, das ist die allgemeine ukrainische Online-Plattform Schule (e-school.net.ua). In Sachen Digitalisierung ist die Ukraine ein äußerst modernes Land. Es hat alle Schulbücher in allen Schulfächern in digitaler Form öffentlich zugänglich.“ Die Unterschiede zwischen den Schulsystemen beschreibt die Konsulin so: In der Ukraine sei der Unterricht „intensiver, vollzieht sich in kürzerer Zeit als in Deutschland und hat ebenso höhere Anforderungen.“ | |||||
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Apropos Anforderungen: Weil die Vergabekammer eine fehlerhafte Ausschreibung des ITDZ kassiert hat (Sie erinnern sich? Das ITDZ ist die landeeigene Bastelbude, die nach Ansicht ihres Chefs „zu langsam, nicht exakt genug und schlecht organisiert“ ist; CP vom 10.03.), sind die Berliner Schulen gezwungen, dringend benötigte digitale Tafeln über ein aufwändiges Verfahren selbst zu bestellen – jede für sich. Ein Schulleiter schreibt uns dazu: „Wir müssen uns jetzt in die e-Vergabe einarbeiten oder weiter mit Kreide schreiben. Wenn wir auf das nächste Jahr warten, weiß niemand, ob die Mittel aus dem Digitalpakt dann auch noch da sind.“ So richtig verantwortlich dafür ist in der Hauptstadt der organisierten Unzuständigkeit aber natürlich mal wieder niemand. Beim beliebten Behördenpingpong fliegt das Bällchen zwischen der Bildungsverwaltung, die eine einheitliche Ausstattung wollte, dem so genannten „IT-Dienstleistungszentrum“, das zentral bestellen sollte, der Vergabekammer, der die Ausschreibung zu produktbezogen war, und den Schulträgern, die in der Bezirksliga spielen, wild hin und her. Es kommentiert Iryna Tybinka: „In Sachen Digitalisierung ist die Ukraine ein äußerst modernes Land.“ | |||||
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Über die zehn größten Probleme der Berliner Schule (und wie sie zu lösen sind) werden wir in der kommenden Woche, genauer: am 24.3. ab 19.30 Uhr in der Urania sprechen, moderiert vom Bildungsexperten Jan-Martin Wiarda (der uns auch schon gemeinsam mit Patrick Honecker für seinen Podcast „Der Gipfel der Bildung“ interviewt hat). Anlass ist die offizielle Vorstellung unseres neuen Buchs „Klassenkampf – Was die Bildungspolitik von Berlins Schuldesaster lernen kann“. Wir, also meine Kollegin Susanne Vieth-Entus und ich, freuen uns auf Ihre Fragen und die anschließende Diskussion. Tickets können Sie hier unter diesem Link bestellen. Mit ein bisschen Glück sind Sie aber auch umsonst dabei: Der Checkpoint verlost heute 4x2 Eintrittskarten für die Veranstaltung – Teilnahme per Mail an [email protected] (bitte ihre Adresse nicht vergessen). Und wenn Sie sich schon mal einlesen wollen: „Klassenkampf“ gibt es ab sofort überall im Buchhandel, per Onlinebestellung bei Suhrkamp und natürlich auch im Tagesspiegel-Onlineshop. | |||||
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Die renommierte Evangelische Journalistenschule steht vor dem Aus – obwohl die Initiative „EJS retten“ und der Freundeskreis mit einer auch extern besetzen Task Force ein Konzept entwickelt hat, mit dem die EJS eine der modernsten journalistischen Aus- und Weiterbildungsstätten des Landes werden könnte. Grundsätzlich stieß die Idee „EJS 4.0“, die digitale Kompetenz, journalistische Ethik, gesellschaftliche Verantwortung und Produktentwicklung zusammenführt, auf großes Interesse. Doch die Trägerin, das „Gemeinschaftswerk der Evangelistischen Publizistik“, ist finanziell unter Druck, und der Rat der EKD will die Restrukturierungskosten nicht absichern. Ein fatales Signal, zumal vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine, schlimmsten Menschenrechtsverletzungen und Reportern unter Beschuss. Am heutigen Vormittag soll bei einer Zoom-Konferenz des GEP die Schließung der Schule beschlossen werden. Vielleicht hilft ja beten – wo sonst, wenn nicht in der Kirche, wird man noch auf ein Wunder hoffen dürfen. PS: Die finanziellen Probleme des GEP sind auch eine Folge von Kirchenaustritten. Eine Folge der EJS-Schließung wiederum könnten Kirchenaustritte sein. Ob die EKD diesen Teufelskreis (sorry) nicht mal verlassen will? | |||||
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Am 1. April sollen in Berlin fast alle Corona-Maßnahmen wegfallen – nur ein „Basispaket“ bleibt: In Bus und Bahn sowie Pflegeeinrichtungen soll die Maskenpflicht fortbestehen (nicht aber im Supermarkt), in den Schulen und einigen anderen Lebensbereichen die Testpflicht. Mit anderen Worten: Im leeren Bus auf dem Weg zum Club muss eine Maske getragen werden, im Getümmel am Ziel aber nicht. Ein Beipackzettel wurde dazu nicht ausgereicht. Aber wie gehen Sie damit künftig um? | |||||
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Mit einem „Tagesspiegel Plus“-Abo (hier geht‘s zum kostenlosen Probemonat) können sie heute u.a. lesen: Normalität für die Kleinsten: Berliner Kitas kehren zum Regelbetrieb zurück. In den Einrichtungen gelten wieder die gewohnten Öffnungszeiten. An den regelmäßigen Corona-Tests für Kinder will der Senat jedoch festhalten – Ärzte sehen das kritisch. Von Susanne Vieth-Entus und Saara von Alten. 20 Liter Wasser und 3,5 Kilo Nudeln: Welche Lebensmittel Sie bunkern sollten. Ob Quarantäne wegen einer Corona-Infektion oder Naturkatastrophen wie das Hochwasser – es ist sinnvoll, für den Notfall vorzusorgen. Was Experten der Katastrophenvorsorge empfehlen. Von Heike Jahberg. Vitali Klitschko im Interview: „Bomben gewinnen keine Kriege, sondern Wille und Geist“. Kiew ist das Hauptziel der russischen Invasion – und rüstet sich für das Schlimmste. Bürgermeister Vitali Klitschko über Angriffe auf Zivilisten und die Macht der Moral. Von Cornelius Dieckmann. Sie haben mit einem „Tagesspiegel Plus“-Abo außerdem den freien Zugriff auf unsere Checkpoint-Website mit allen Newsletterausgaben, der Interaktiven Restaurantkarte, den Tipps für Geschenke und den Berlinbesuch, alle Folgen der legendären „Berliner Schnuppen“ von Naomi Fearn – und jeden Tag die ungekürzte Checkpoint-Originalversion. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit einem Abo unseren Qualitätsjournalismus unterstützen – ganz besonders in Zeiten wie diesen. Zur Anmeldung für den kostenlosen Probemonat geht es hier. | |||||
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