| | | | | 22. November 2024 | | SZ Ãsterreich |
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| | | Cathrin Kahlweit | | | SZ-Korrespondentin in Wien | |
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| als ich neulich bei Eiseskälte auf dem Rad den Ring in Wien auf dem Weg zu irgendeinem Termin entlangdüste, sah ich aus dem Augenwinkel eine Reihe groÃer Aufsteller, jeweils etwa einen Meter hoch und zwei Meter breit, auf dem Gehweg längs der Mauer am Burgring stehen. Die meisten waren mit durchsichtigem Klebeband repariert. Sie waren offenbar zertreten, zerschlagen worden. Ich stieg ab, trat heran, blieb. Und sah faszinierend spröde, seltsam menschenleere Fotos: Interieurs von Wohnungen, steril manche, kalt andere, und jedes Foto strahlte Hoffnungslosigkeit und Trauer aus. Dazu kurze Zitate, Bekenntnisse groÃer Verzweiflung, Mutlosigkeit, Hilflosigkeit â knappe Situationsbeschreibungen, Erinnerungen, in Worte gefasste Traumata. Ich war, ungeplant, in die Ausstellung des Wiener Künstlers und Fotografen Robert Fleischanderl hingeraten â und fand so schnell nicht wieder heraus. Das Projekt, das âWarum lachst Du nicht?â heiÃt, zeigt 14 Geschichten von häuslicher Gewalt, lässt 14 Opfer zu Wort kommen und zeigt 14 Umgebungen, in denen sie misshandelt, missbraucht, gedemütigt, eingesperrt, terrorisiert wurden. Stehen bleiben soll sie bis zum 10. Dezember, wenn die Aktionstage gegen Gewalt an Frauen enden, die alljährlich im Spätherbst stattfinden. Die Ausstellung war vor einigen Tagen von Justizministerin Alma ZadiÄ und der Frau des Bundespräsidenten, Doris Schmidbauer, eröffnet worden. Fleischanderl war von Michaela Egger, der Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Niederösterreich, gefragt worden, ob er sich ein Projekt zum Thema häusliche Gewalt vorstellen könne. Er konnte â und hat Opfer besucht, die einwilligten, mit ihm zu reden, ihm ihre Geschichten zu erzählen, ihre Wohnungen zu zeigen, wo die Misshandlungen stattfanden. Am Telefon berichtet er, dass die Texte, die er jeweils dazugestellt habe, aus Polizeiprotokollen, psychiatrischen Gutachten, aber auch aus den Gesprächen mit den Opfern stammen. Die 28 Bild-Text-Paare öffnen, in einer betont kargen Inszenierung, den Blick auf die unglaubliche Wucht, mit der Frauen von Ehemännern, Partnern, Vätern, terrorisiert werden. âIch durfte nur vier Sachen machen. Atmen, Essen, Arbeiten und mit ihm Sex haben.â Oder: âIch hatte Schmerzen und flehte ihn an, dass er mich ins Krankenhaus bringt. Er lachte mich aus und meinte, dass ich selbst schuld sei und dass ich ihn ja provoziert hätte.â Es gibt Zeugnisse von sexuellem Missbrauch, von Stalking, von Morddrohungen. Aber auch von der Erleichterung, wenn die Frauen endlich in Sicherheit waren. Wenn jemand geholfen hatte, wenn ein Gerichtsverfahren vorbei war. Wenn sie nach Hause gehen konnten, ohne Angst. âJetzt kann ich meine Bilder und meine Sachen in der Wohnung aufhängen. Früher durfte ich das ja nicht. Jetzt ist es meine Wohnung.â Immer noch hallt dieser Satz einer Frau in mir nach, der neben einem Foto von einem Sofa mit akribisch angeordneten Sofakissen steht, darüber ein Poster mit dem Wort: âLifeâ: âDiese Hoffnung ist das Schlimmste.â Die Hoffnung, dass es aufhört? Dass der Mann einsichtig wird? Dass jemand hilft? 27 Femizide gab es in Ãsterreich allein in diesem Jahr. 27 Morde an Frauen, weil sie Frauen sind. Oder besser: waren. AuÃerdem 39 Mordversuche beziehungsweise schwere Gewalttaten. Im Februar dieses Jahres wurden allein an einem Tag in Wien fünf Frauen ermordet. Jede fünfte Frau war schon Opfer von Gewalt durch ihre Intimpartner. Fleischanderl erzählt aber nicht nur von der zweijährigen, sehr emotionalen Arbeit an âWarum lachst Du nicht?â, sondern auch davon, wie sehr er jetzt, da sie in Wien gezeigt wird, darum kämpfen muss, dass die Werke überleben. Mehrmals schon wurden Aufsteller in der Nacht von Unbekannten zerstört. Der Künstler hat bei der Polizei Anzeige erstattet; die ermitteln nun wegen Hate Crime. Aber es gibt auch die andere Seite, und die macht ihm Mut: Jeden Morgen fährt er jetzt in der Früh an den Burgring, um zu schauen, was noch steht. Beim ersten Mal, als er den massiven Schaden, die zersplitterten Tafeln besah, hatte er nicht genug Klebeband dabei, um alles zu reparieren. âIch habe einen Post in den Social Media abgesetzt und gefragt, wer helfen kann. Innerhalb kürzester Zeit kamen zahlreiche Menschen mit Taschen voller Klebeband und haben mich dabei unterstützt, meine Arbeiten wieder zusammenzusetzen.â Einmal, sagt er, sei eine Dame in einem eleganten Kostüm stehen geblieben und habe dann wortlos mit angepackt. Fleischanderl ist gerührt, empört und zugleich ratlos. Die Publikation zu seiner Ausstellung über häusliche Gewalt soll am kommenden Montag, am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, im Museumsquartier präsentiert werden. Die Kunstwerke selbst sollten danach eigentlich noch anderswo in Ãsterreich und eventuell auch in Deutschland zu sehen sein. Aber der Fotograf ist sich nicht mehr so sicher: âIch hoffe, dass von der Ausstellung etwas übrig bleibt.â | |
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| Trotzdem ein schönes Wochenende!
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| | | | | | | | | âIch erlaube mir erst, eine Sprache zu sprechen, wenn ich sie verstanden habeâ | | Schon als Kind lernte Verena Altenberger gern Grammatik und Vokabeln, bis heute ist die Liebe für Worte geblieben. Aktuelle Herausforderung für die Schauspielerin: ihr Französisch und Türkisch aufpolieren. | | | | |
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| | | War da was? | | In der Steiermark wird am Sonntag gewählt. Die FPà liegt weit vorn â obwohl sie einen dicken Finanzskandal am Hals hat. | | | |
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| | | | | | Fatale Nähe zu Russland | | Im Vergleich zu anderen EU-Ländern befreit sich Ãsterreich nur mühsam aus seinen Verflechtungen mit Russland. Das liegt zum einen an der Energie-Abhängigkeit â hat aber auch wirtschaftspolitische Gründe. | | | | |
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| | | Sie nennen es das Game | | Zehntausende verabreden sich, um online Menschen zu quälen. Eines der Opfer ist die Grazer Gamerin Pia Scholz, genannt: Shurjoka. Ãber ein brutales Spiel, in dem niemand unschuldig ist â und das immer gröÃer wird. | | | | |
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| | | Weitere Neuigkeiten aus und zu Ãsterreich: | |
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| | | | | Ãsterreich in der Kulturwelt | | | |
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| | | | | Es gibt noch Hoffnung | | Anna-Sophie Mahler inszeniert Tennessee Williamsâ âCamino Realâ mit der Band âCalexicoâ am Wiener Volkstheater. Das ist nicht weniger als die Schöpfung eines neuen Genres. | | | | |
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| | | | | | | | | | arschling mit der Rückseite (dem Arsch) zuerst, rückwärts, verkehrt herum Helmut Simhandl, Melk (Niederösterreich)
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| | Es gibt vieles, was Ãsterreich einzigartig macht, zum Beispiel die Sprache. An dieser Stelle veröffentlichen wir Lieblingsbegriffe von Leserinnen und Lesern. Welches österreichische Wort mögen Sie besonders gerne? Verraten Sie es uns bitte per E-Mail an [email protected]
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| | | | | | Eines wissen fast alle: In Deutschland leben etwa zehnmal mehr Menschen als in Ãsterreich. Wie sieht es bei anderen Vergleichen aus? Folge 35: Weihnachtsgeschenke
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| | Noch gut vier Wochen bis Weihnachten, und trotz der Inflation â oder wie man in Ãsterreich sagt: der Teuerung â werden die Ãsterreicherinnen und die Deutschen wieder Hunderte Euros für Geschenke ausgeben. Nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IMAS werden die Menschen in Ãsterreich durchschnittlich Präsente im Wert von 424 Euro kaufen. Die Deutschen geben nach einer Erhebung des Handelsblatt Research Instituts knapp 300 Euro aus. | |
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| | Ãsterreich vs. Deutschland: Wo steht welches Land besser da? Testen Sie jetzt Ihr Wissen im interaktiven Quiz. |
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| | | | | | | | | | Gesunder Herbstklassiker | | Für manche geliebte Hausmannskost, für andere der Graus der Kindheit: Wirsingrouladen. Spitzenköchin Elisabeth Grabmer aus Grieskirchen in Oberösterreich bereitet sie mit Couscous sowie SenfsoÃe zu â und macht aus den Resten noch ein Bonusgericht. | | | |
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