Softbank hatte ARM im Jahr 2016 für rund 29 Milliarden Euro erworben und von der Börse genommen. Trotz Brexit und Corona-Pandemie haben sich die Geschäfte erfolgreich entwickelt und so schloss Softbank mit Nvidia im September 2020 einen Verkaufsvertrag. Für die Komplett-Übernahme von ARM sollte Nvidia 40 Milliarden US-Dollar aufbringen, sowohl in Bar als auch durch Nvidia-Aktien. Die starke Kursperformance der Nvidia-Aktie trieb somit auch den Kaufpreis immer weiter in die Höhe bis in der Spitze auf 75 Milliarden US-Dollar. Und selbst nach dem jüngsten Kursrücksetzer lag der Kaufpreis noch um einiges über dem ursprünglichen Wert von 40 Milliarden US-Dollar. Doch das ist nun alles Schall und Rauch. Die Wettbewerbshüter in Großbritannien und zuletzt auch in den USA haben dem Deal keine Chance gegeben und so blieb Softbank und Nvidia am Ende nur, in einer gemeinsamen Erklärung das Scheitern ihrer Pläne bekanntzugeben. Ein Ende mit Schrecken Dabei hatten die Unternehmen sich Großes von dem Deal versprochen und so stehen auf den ersten Blick alle drei Beteiligten als Verlierer dar, während die Wettbewerber und Neider sich als Gewinner fühlen können. Denn die Wettbewerbsbehörden standen nicht alleine da mit ihrer Kritik. Vielmehr hat sich eine illustre Schar von Wettbewerbern von Nvidia sowie Kunden von ARM zu Wort gemeldet und auf die drohende Monopol-Stellung von Nvidia hingewiesen, die durch die ARM-Übernahme in den nächsten Jahren hätte entstehen können. Grafik-basierte Anwendungen setzen sich immer mehr durch. Bei Spiele-Konsolen, wo zunächst Microsoft und später dann auch Sony auf Nvidias Grafik-Chips setzten, aber auch beim Online-Gaming und Streaming. Daneben brachte auch der Bitcoin-Hype eine enorme Nachfrage mit sich, da das Minen von Bitcoins strom- und rechenintensiv ist. Nvidias Grafik-Karten bringen hier den größten und schnellsten Erfolg. Ein Erfolg, der auch mit dem Erfolg der Krypto-Währungen eng verknüpft ist. Loser Nvidia? Für Nvidia sind weltweit rund 19.000 Mitarbeiter tätig, die in 2021 einen Jahresumsatz von beinahe 17 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet haben. Als härtester Konkurrenten gelten AMD, Intel und Qualcomm. Grafikprozessoren (GPUs) dominierend mit mehr als 85 Prozent Umsatzanteil das Geschäft von Nvidia. Seine Schwerpunkte setzt Nvidia in den Bereichen künstliche Intelligenz, Gaming, Cloud-Rechenzentren und autonomes Fahren. Dabei unterhalten sie keine eigene Fertigung, sondern setzen ausschließlich auf Auftragsfertiger, die sogenannten Foundries. Ein weiteres Zukunftsfeld für Nvidia ist das Metaverse. Hier wird eine künstliche digitale Welt geschaffen (Virtual Reality), in der man seinen eigenen Avatar individuell gestalten und sich frei bewegen kann. Das zweite Anwendungsgebiet ist die Augmented Reality, bei der über ein Hilfsgerät, wie zum Beispiel eine Brille, bestimmte Informationen über Dinge anzeigt werden, die der Nutzer gerade betrachtet. Für das Metaverse werden daher nicht nur schnelle Verbindungen (5G) benötigt, sondern auch enorme Rechenleistungen, um diese virtuellen Welten ruckelfrei erschaffen zu können. Nvidias Hochleistungs-GPUs und-CPUs sind dem entsprechend stark gefragt, gerade in Kombination mit den hohen Investitionen von Microsoft, Amazon und Alphabet, die gerne auf Komponenten von Nvidia zurückgreifen bei ihrem Vorstoß ins Metaverse. Eine weitere Chance stellt das autonome Fahren dar. Nvidia arbeitet hier bereits mit mehr als 370 der zukunftsorientiertesten Autoherstellern, Direkt-Lieferanten, Entwicklern und Forschungseinrichtungen der Welt zusammen. Es geht um die Verknüpfung von Grafikprozessor-Technologie mit künstlicher Intelligenz, um Technologien für Deep Learning, die Verarbeitung natürlicher Sprache und Fingersteuerung so anzupassen, dass sie eine ganz neue Form des Autofahrens ermöglichen. Leistungsfähigere Fahrerassistenzsysteme und am Ende auch selbstfahrende Autos. Nvidia entwickelt sich immer mehr zum dominanten Player in den wichtigsten Zukunftsfeldern. Der Aufschrei der Konkurrenten war daher ziemlich laut, als Nvidia sich mit der Softbank Group auf den Kauf der britischen ARM Holdings einigte. ARM ist einer der führenden Chip-Entwickler. Zu den Kunden gehören nicht nur Nvidia und AMD, sondern auch Apple setzt mit seinen neuen Prozessoren auf ARM und bootet dafür seinen langjährigen Chip-Partner Intel aus. Aber auch Microsoft setzt inzwischen auf ARM. Die Bedenken der ARM-Kunden sind also durchaus nachvollziehbar. Sie treten zunehmend mit Nvidia in Konkurrenz und wenn einer dieser Konkurrenten den gemeinsamen Chip-Designer übernimmt, steigt die Gefahr von Wissenslecks (oder weniger diplomatisch formuliert: Betriebs-Spionage) erheblich an. Vor allem in Richtung der neuen Mutter. Durch das Scheitern der ARM-Übernahme bleibt Nvidia ein ARM-Kunde unter vielen. Nvidia braucht ARM nicht, um weiter erfolgreich zu sein, denn die Erfolgsgeschichte wird sich in absehbarer Zeit auch als Stand-alone-Company fortsetzen. Das Scheitern bringt allerdings für Nvidia doch einen großen Erfolg mit sich, zumindest verglichen mit der Situation vor dem Übernahmeversuch. Die hohen Wettbewerbshürden, die nun aufgetürmt wurden, gelten grundsätzlich auch für alle Nvidia-Konkurrenten. Auch sie haben nun viel geringere Chancen, ARM übernehmen zu dürfen, da auch sie aus der reinen Kundenrolle dann in eine gegebenenfalls wettbewerbsverzerrende Rolle wechseln würden. Des Weiteren sollten enttäusche Nvidia-Aktionäre auch nicht übersehen, dass für den Erfolg der Übernahmepläne vermutlich sehr teure Bedingungen gestellt worden wären, die Nvidias Erfolge in anderen Bereichen vermutlich erheblich gebremst hätten. Eine erfolgreiche ARM-Übernahme hätte leicht auf einen Pyrrhussieg hinauslaufen können. Daher dürfte die neue Klarheit eher ein Befreiungsschlag für Nvidia sein, das sich nun auf das Fortschreiben seiner Erfolgsgeschichte konzentrieren kann. Loser Softbank Group? Softbank Group ist viel Geld durch die Lappen gegangen. Geld, das man liebend gerne in seine beiden Vision Funds und die LatAm Funds gesteckt hätte, um weitere Start-ups und Ventures kaufen zu können. Zudem drängen aktivistische Investoren wie Paul Singer Softbank dazu, endlich gegen den immensen Abschlag des Aktienkurses gegenüber dem Buchwert vorzugehen und massiv eigene Aktien zurückzukaufen. Aktien-Rückkäufe in Milliardenhöhe hatten schon einmal Ende 2020 zu einer Kursrallye der Softbank-Aktien geführt, die den Kurs Anfang 2021 auf über 80 Euro getrieben hatte. Zwar kauft Softbank inzwischen wieder eigene Aktien zurück, aber der zweistellige Milliarden-Betrag aus dem ARM-Verkauf hätte die Kassen mehr als üppig aufgefüllt. Des Weiteren hätte Softbank Group wieder eine ordentliche Portion von Nvidia abbekommen durch an aktienbasierten Kaufpreisanteil. Softbank war schon früher an Nvidia beteiligt gewesen und hat damit spektakuläre Gewinne eingefahren. Anleger hofften hier auf eine Wiederholung. So gesehen ist Softbank nun gleich doppelt gekniffen und steht mit runtergelassenen Hosen dar, zumal seine übrigen Investments reihenweise unter Wasser sind (Didi, Uber, WeWork um nur einige zu nennen). Von dieser Seite her ist aktuell nicht mit schnellen Exiterlösen und vor allem nicht mit hohen Gewinnen zu rechnen. Dennoch kann Softbank unter einem anderen Gesichtspunkt durchaus dankbar sein, dass der ARM-Verkauf geplatzt ist. Da ein Verkauf an einen anderen der „üblichen Verdächtigen“ aufgrund wettbewerbsrechtlicher Hürden wohl ebenfalls langwierig und schwierig wäre, hat Softbank seinen Plan B vorgestellt: Man will ARM an die Börse bringen und zwar in Form eines IPOs. Ein solcher Börsengang, bei dem Softbank einen Teil seiner Aktien an interessierte Anleger abgibt, spült Softbank ebenfalls einige Milliarden in die Kasse, während man gleichzeitig den größten Teil von AMR behält. Daher partizipiert man auch am stärksten von den erwartbaren Erfolgen der nächsten Jahre. Darüber hinaus wird ARM nach dem Börsengang seitens der Börse bewertet und Softbank könnte jederzeit Aktien-Pakete an Investoren abgeben, um seine Kassen weiter aufzufüllen. Und natürlich gibt es noch eine weitere Option: Ungeachtet der IPO-Pläne könnten sich auch Finanzinvestoren für ARM interessieren und Softbank eine Übernahme anbieten. Wobei ein Brocken von mehr als 50 Milliarden US-Dollar, den ARM wohl mindestens auf die Waage bringen dürfte, selbst für die Branchengrößen Blackstone, KKR oder Apollo Global Management ein zu großer Bissen wäre und sich daher mehrere Private Equity-Firmen zu einem gemeinsamen Gebot zusammenfinden müssten. Eine Option, die auch nach einem erfolgreichen Börsengang nicht vom Tisch ist. Diese Betrachtung zeigt, dass Softbank Group durch das Platzen des ARM-Deals zwar nicht das schnelle Geld einsacken konnte, aber man dennoch nicht mit leeren Händen dasteht. ARM Holdings ist eines der wertvollsten Assets im Softbank-Portfolio und den Japanern stehen mehrere Wege offen, hiermit ordentlich Geld zu verdienen. Loser ARM Holdings? Und dann bleibt noch ARM selbst. Und der Chip-Designer ist aus meiner Sicht der wahre Gewinner der Situation. Zwar besteht nun Unklarheit, wer der künftige Eigentümer werden wird, ob es viele Anleger über Börsenbeteiligungen sein werden oder ob sich noch Interessenten aus dem Private Equity Business ins Gespräch bringen werden, aber die wichtigste Botschaft lautet: ARM bleibt eigenständig. Sie werden nicht von einem ihrer Kunden übernommen und damit verlieren sie ihren größten Wettbewerbsvorteil nicht – neben ihrer Technologie-Führerschaft. Sie können mit jedem Interessenten Verträge und Kooperationen eingehen und müssen nicht auf die Belange eines Einzelnen Rücksicht nehmen. Und sie laufen nicht Gefahr, dass ihre anderen Kunden nach und nach abspringen, weil sie nicht von einer Nvidia-Tochter abhängig sein wollen und damit von ihrer direkten Konkurrenz. Man könnte daher beinahe sagen, dass es für ARM gar nicht besser hätte laufen können... Unser Fazit Das Übernahme-Fiasko hat drei Verlierer zurückgelassen. Auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung kommen allerdings alle drei ohne ernsthafte Blessuren aus der Nummer raus und können sogar auf die eine oder andere Art von der Situation profitieren. Das war zwar nicht der Plan, aber frei nach Warren Buffett sinniere ich mal: Wenn alle Pläne aufgehen, hat man es sich nur zu einfach gemacht. Für Softbank Group, Nvidia und ARM hat sich eine Tür geschlossen. Aber ihnen allen bietet sich eine Reihe alternativer Wege und ob diese am Ende nicht zu einem besseren Ende führen, wird sich erst noch zeigen. Die Chancen dafür stehen jedenfalls nicht schlecht...
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“. | | Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Die Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Apollo Global Management, KKR & Nvidia Weitere Informationen dazu findest Du hier...
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