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Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 03.07.2020 | Warm und sonnig bei 24°C . | ||
+ Barbetreiberin in Brief an Senat: „Diese Öffnung ist eine Farce“ + Tausende Anträge auf Entschädigungen für Berliner Eltern abgelehnt + Drei Corona-Teststellen geschlossen + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, die beste Nachricht wird sein, wenn wir diese Betten nicht brauchen, sagte Michael Müller in seiner Regierungserklärung am 26. März. Da war die Covid-19-Klinik in Messehalle 26 noch nicht einmal fertig. Zu Beginn der Pandemie rechneten alle mit italienischen Verhältnissen, von Überbelegung bis Triage – lieber vorbereitet sein. Bekommt noch jemand the Glory for Prevention? Wer wird sich noch daran erinnern, dass Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD) in dieser Phase eine ziemlich gute Krisenmanagerin war? Davon ist zuletzt wenig übrig – und italienische Verhältnisse gibt es nicht mal in unsern halbleeren Lieblingsrestaurants (dazu gleich mehr). Kaum haben wir die erste Phase der sommerlichen Lockerheit recht unbeschadet überstanden (alle Ampeln grün), beginnt das Geschacher um die Messehalle: Wirtschaftssenatorin Pop (Grüne) möchte dort im Frühjahr Züge aus aller Welt abstellen (Innotrans), und endlich wieder große Messe machen. Messesprecher Höger erinnert schon mal daran, dass die Verträge für die Klinik Ende des Jahres auslaufen. Ob das auch für Viren gilt, konnte gestern bedauerlicherweise niemand beantworten. | |||||
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Draußen auf den Straßen jedenfalls macht sich der Eindruck breit, dass nicht alle Branchen gleich wichtig sind. Was die neuen Vorschriften für Barbetreiber bedeuten, hat Susanne Baró Fernández nun in einem offenen Brief an den Senat formuliert, Titel: „Diese Öffnung ist eine Farce.“ Darin beklagt die Betreiberin des Timber Doodle in der Wühlischstraße 37 in Friedrichshain vor allem schlechte Kommunikation und unverständliche Regeln. Sie habe trotz genauer Lektüre aller Verordnungen erst mit vier Wochen Verzögerung überhaupt verstanden, dass die Abstandsregel auch am Tisch gilt. „Was für Tische, geschätzter Senat, sollen wir denn haben? Standardtische der Gastronomie sind 60x60cm oder 120x60cm. Nicht einmal eine Standardbierzeltgarnitur mit 220x50cm würde in der Diagonale 1,5m bringen, wenn wir die je obligatorische 43cm Sitzfläche abziehen.“ So sei diese Öffnung faktisch eine Teilschließung. „Warum also verfügt man eine Verordnung, die so offenkundig gebrochen wird, und aufgrund ihrer Unklarheit gebrochen werden musste?“, schreibt Baró Fernández. „Man fühlt sich als Gastronom von der Stadt nicht gewollt und ein Stück weit zum Narren gehalten. Hätten sie unsere Läden länger geschlossen, und die Soforthilfen verlängert, wir hätten es verstanden. Wir hätten weiter versucht, durchzuhalten. Aber so ist die Öffnung eine Farce und ein grob unverständlicher Versuch, die Gastronomie wieder hochzufahren. Was wir uns stattdessen gewünscht hätten, wären klare, ehrliche Worte und verständlich kommunizierte Regeln gewesen.“ Der Zug ist abgefahren. | |||||
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Apropos Finger – Sie brauchen nun alle zehn, um folgende Aufgabe zu lösen: Wenn ein Schulkamerad ihres Kindes positiv auf Covid-19 getestet wurde, wann würden Sie als Elternteil gern darüber informiert werden? Mindestens eine Woche hat es in der Grundschule am Falkplatz in Prenzlauer Berg gedauert. Schul- und Gesundheitsstadtrat Thorsten Kühne (CDU) bestätigte gestern meinem Kollegen Christian Hönicke für den Pankow-Newsletter die Infektion. Auf CP-Nachfrage sagte Kühne am Abend, das Kind sei bereits in der vergangenen Woche positiv getestet worden. Etwa 20 Kinder aus der Lerngruppe des Kindes seien in häusliche Quarantäne geschickt und getestet worden. „Bisher liegen hier keine weiteren positiven Testergebnisse vor.“ Eltern zufolge ist die Infektion allerdings bereits seit dem 23. Juni bekannt – also seit zwei Wochen. Betroffene Eltern (selbst solche von Kontaktkindern) seien erst Mitte dieser Woche über den Fall informiert worden. Eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes sagte den Eltern, das liege nicht allein an der Schule, im Amt fehle es an Personal. Die Gesamtelternvertretung informierte schließlich erst gestern die Elternvertreter. Als Begründung für die weitere Verzögerung hieß es: Die entsprechende Mail sei im Spam-Ordner gelandet. Technisch alles einwandfrei. | |||||
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Offenbar ist Berlin (wer hätte es gedacht) der Coldspot der abgefahrendsten Abkühlungsvarianten. Auf der Suche nach den verrücktesten Eissorten der Stadt haben uns gleich zwei Checkpoint-Leser (Jan Fantl und Barbara Grabner) die Sorte Ziegenkäse mit Kürbiskernöl im Viktoria Eis am Viktoria-Luise-Platz (Motzstraße 58) empfohlen. Konrad Spremberg empfiehlt eigentlich alles von Jones Ice Cream, ebenfalls in Schöneberg (Goltzstraße 3), very britisch findet er Earl Grey Shortbread Lemon Curd. Highlight ist hier allerdings (vor allem geruchlich fürs gesamte Viertel): Die im Waffeleisen frisch gemachten Waffeln, „die sind die besten der Stadt“. Gleich mehrere Sorten hat Leserin Ina Jurga probiert: Bei der Gelateria Mos Eisley in Neukölln (Herrfurthplatz 6) gibt es Biereis Tannenzäpfle (Urteil: „schmeckt nach semi-kaltem Bierschaum, leider nicht so geil“), noch ein bisschen heißer ist ihr Tipp aus Kreuzberg: Die sizilianische Eisdiele Duo in der Skalitzer Straße 82 hat nicht nur Avocado im Angebot, sondern auch die Sorte ETNA: Mandel-Eis mit Pistazien-Creme und etwas Asche aus Etna. Jurgas Fazit: Leicht grau, aber nicht staubig. Ich habe gestern bei einem meiner Lieblingseisläden, Fräulein Frost in der Beckerstraße 4 in Schöneberg (weitere Filialen in Tempelhof und Neukölln) auch mal was anderes als immer nur GuZiMi (Gurke-Zitrone-Minze) probiert: Schoko-Wasabi. Schmeckt wie eine Mischung aus dunkler Schokolade und Sushi. Beides nicht jedermanns Sache (auch in der Kombination). Mehr abgefahrene Eissorten gibt es hier (Abo) und wenn Sie immer noch nicht genug haben, schicken Sie gern weitere coole Tipps an [email protected]. | |||||
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„Erzähl mal weiter“ – gemeinsam mit Berliner AutorInnen und Ihnen wollen wir während der Sommerferien Fortsetzungsgeschichten schaffen. Die erste beendet heute Wladimir Kaminer (die vorherigen Parts lesen Sie hier). Das verlorene Haus Von Thomas Kletschke, Lu D. Milla, Ilse Köhl und (heute) Wladimir Kaminer „Ich werde es tun!“ So, nun war es raus, es war gesagt. „Sie meinen, Sie werden mit mir ins Kino gehen?“ „Ja, das tue ich. Die Filmhäuser schließen ja nacheinander, vielleicht wird es bald keine Kinos mehr geben.“ „Was wollen wir uns denn anschauen?“ fragte der Förster. „Ich habe keine Ahnung“, sagte K. „Ich habe eine tolle Idee, wir gehen ins Freiluftkino, dort zeigen sie jeden Montag einen Überraschungsfilm!“ Sie gingen hin. K. hoffte, es werde keine deutsche Komödie sein, er mochte die deutschen Komödien nicht. Es war „The Doors“ mit Val Kilmer in der Hauptrolle. „Den habe ich vor 30 Jahren schon gesehen“, sagte der Förster. „Im Colosseum 1991.“ Damals hatte er gerade die Försterlehre begonnen, einen anstrengenden Job und musste täglich sehr früh aus dem Haus. Jeden Morgen um 6 Uhr 30 stand er schlecht gelaunt und unausgeschlafen auf dem Bahnhof der U-Bahn-Station Schönhauser Allee, direkt gegenüber an der Hausfassade des Colosseums hing ein übergroßes Plakat mit Morrisons Kopf, der ihm mit seinem abwertenden schmaläugigen Blick Löcher in die Jacke bohrte. Als wollte er sagen, was machst Du bloß, Junge, alles falsch, dein Studium wird nichts bringen, deine Arbeit ist pure Ausbeutung, schmeiße alles hin, lebe schnell, hab Spaß, Sex, Drugs und Rock-n-Roll und sterbe früh. Er wollte aber ein anderes, ein neues, ordentliches Leben haben. „Leck mich am Arsch Jim, leck mich am Arsch“, dachte er und stieg in die U-Bahn. Am 10. August erscheint Wladimir Kaminers neues Buch „Rotkäppchen raucht auf dem Balkon“. Bis dahin können Sie noch in seinen „Liebeserklärungen“ schmökern... Hier geht es kommende Woche mit der nächsten Geschichte weiter – dann mit Annett Gröschner. | |||||
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