Wie gespalten ist die FDP? +++ Krisensitzung der WHO
Liebe Leserin, lieber Leser, Berlin ist eine Stadt, in der jeden Tag für oder gegen etwas anderes demonstriert wird. Am Samstag gab’s zum Beispiel einen Protestmarsch gegen die Ausbeutung von spanischen Jagdhunden und ganz viele Mahnwachen gegen die AfD. Seit Sonntag geht’s nun gleich bundesweit gegen CDU-Geschäftsstellen und natürlich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, weil der die „Brandmauer gegen rechts“ zerstöre. In Berlin zog deshalb sogar ein „Aufstand der Anständigen“ los, womit klar wurde, wer nicht anständig ist: die Mehrheit von Bundestag und Wahlbürgern, die eine schärfere Migrationspolitik unterstützt. Um das gleich vorwegzunehmen: Es war unnötig, sein „Zustrombegrenzungsgesetz“ mit den Stimmen der AfD durchboxen zu wollen. Aber Merz hat die Demokratie vergangene Woche nicht bedroht, sondern belebt. Aus gleich fünf Gründen. Erstens: Er machte endlich mal konkrete Lösungsvorschläge für ein ebenso klares Problem: Migration. Merz-Pluspunkt zwei: Er brach damit kein Tabu, sondern enttabuisierte ein Thema. Unterm Strich ging das zwar ziemlich schief. Aber – und das ist Merz-Verdienst drei – mutig war das schon: einfach mal die Wahrheit zu sagen gegen das Weiter-so der erstarrten Noch-Regierung. Zehn Jahre ist es her, dass Alt-Kanzlerin Angela Merkel angesichts der von ihr selbst mitverantworteten Flüchtlingswelle behauptet hatte: „Wir schaffen das.“ Danach blieben die Grenzen ziemlich offen. Über drei Millionen Flüchtlinge nutzten das. Sagen wir so: Da kamen nicht nur integrationsfreudige Jung-Akademiker, die wir ja durchaus bräuchten. Die AfD war die einzige Partei, die die wachsenden Probleme in Wahlerfolge verwandelte. 2017 kam sie in den Bundestag. Seit Ampel-Start verdoppelte sich ihre Zustimmungsrate auf nun 21 Prozent. Die anderen antworteten weniger mit Politik, als mit „Brandmauern“. Die schützen inzwischen allerdings nicht mehr die Demokratie, sondern eher SPD und Grüne.
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| Zehntausende von Menschen demonstrierten allein in Berlin am Sonntagabend gegen Rechts, AfD, aber auch gegen Union und Friedrich Merz (© imago) |
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Der Grund: Wenn die Mehrheit der Bundesbürger Union und AfD unterstützt, Merz aber nie mit denen reden darf, ohne gleich selbst als Nazi bezichtigt zu werden, kann er nur mit einer der beiden eher linken Parteien regieren. Die Mathematik der Macht: Je schwächer Rot und Grün werden, umso wahrscheinlicher sitzen beide auch künftig am Kabinettstisch. Diesen vierten Punkt hat er vergangene Woche schmerzhaft unter Beweis gestellt. So eine „Brandmauer“ ist als Freifahrtschein was Feines. Man muss gar nix mehr tun. Es reicht, ab und an empört aufzuschreien, wenn jemand den „Rechten“ zu nahe kommt. Da ist Merz jetzt. Dabei hat er uns nur – sein fünftes Verdienst – daran erinnert, dass Demokratie immer die Suche nach Mehrheiten ist. Man darf ihm unterstellen, dass er diese Mehrheit gar nicht bei der AfD suchte, die sie am Ende lieferte. Vielleicht war er sich zu sicher, dass Rot und Grün ausnahmsweise mal in die Richtung jener vielbeschworenen Mitte gehen könnten, wo das Gros der Republik sich u.a. härteres Durchgreifen gegen illegale Einreise wünscht. Das wollten SPD und Grüne dann schon aus wahltaktischem Kalkül nicht. Deshalb haben sie den angerichteten Scherbenhaufen jetzt zumindest mitzuverantworten. Was bleibt? Eine Weiter-so-Republik des ideologischen Stillstands. Aber für hübsche Lichterketten auf den Straßen ist immerhin gesorgt. Und vielleicht wurde am Samstag in Berlin wenigstens der eine oder andere spanische Jagdhund gerettet. Hauptsache, er hat sich rechtzeitig von AfD und Union distanziert. Oder sehen Sie das anders? Schreiben Sie mir: [email protected] |
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| Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) tagt ab heute in Genf (© Reuters) |
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Kampf um Geld und die Weltgesundheit |
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Eine Woche lang tagt ab heute der 36-köpfige Exekutivrat der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Und klar ist schon jetzt: Es werden Krisengespräche, nachdem Donald Trump den Rückzug der USA als Mitglied verkündet hatte. Sein Grund: „Die Weltgesundheitsorganisation hat uns abgezockt.“ Mit Finanzhilfen von 1,28 Milliarden US-Dollar steuerte die USA allein zwischen 2022 und 2023 den größten Anteil bei. Das ist knapp ein Fünftel des WHO-Gesamtbudgets. Als nächstgrößter Geldgeber folgt Deutschland mit 856 Millionen Dollar und die Bill und Melinda Gates-Stiftung mit 830 Millionen. Die WHO sei zu chinafreundlich, warnte Trump schon in seiner ersten Amtszeit – und sie habe die globale Ausbreitung des Coronavirus von China aus anfangs eher vertuscht als bekämpft. Die USA müssen bis Ende des Jahres zwar noch weiter zahlen. In dieser Zeit kann juristisch angefochten werden, ob Trump den Austritt aus der UN-Behörde überhaupt vollziehen darf ohne Kongress-Zustimmung. Aber auch in anderen Institutionen wie der Welthandelsorganisation wachsen die Sorgen, Trump könne das Engagement der Vereinigten Staaten zurückfahren oder gar stoppen.
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| FDP-Chef Christian Lindner (r.) mit seinen Parteifreunden Christian Dürr (l.) und Konstantin Kuhle (© dpa) |
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FDP in Migrationsfrage gespalten |
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Die scharfe Debatte um das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Unionsfraktion legte vor allem auch Risse bei der FDP frei. Rund ein Viertel der FDP-Abgeordneten votierte nicht für das Gesetz. Zwei stimmten dagegen, fünf enthielten sich und 16 stimmten nicht mit ab. Unter den Abwesenden waren auch prominente Liberale wie etwa der ehemalige Justizminister Marco Buschmann und der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel. Auch andere hatten Kritik geäußert, etwa die Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Franziska Brandmann, Chefin der Jungen Liberalen, und Konstantin Kuhle, Vizechef der Bundestagsfraktion. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki zeigte sich „fassungslos“ über das Verhalten seiner Fraktionskollegen und fürchtet negative Folgen für den Wahlkampf. Bei der Migrationsfrage droht der FDP nun eine Flügelbildung, die Parteichef Christian Lindner immer vermeiden wollte. Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar wird ihm aber niemand in den Rücken fallen. Am Wochenende bekräftigte Lindner erneut, keine Regierungskoalition mit den Grünen mehr einzugehen. Zur Zeit stellt sich die Frage für die Liberalen aber nicht. Sie stecken unter der Fünf-Prozent-Hürde fest. |
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| Das BASF-Werk in Ludwigshafen ist das größte Chemieareal der Welt (© dpa) |
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Deutsche Chemiebranche warnt vor Handelsstreit mit den USA |
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Die hiesige Chemie-Industrie warnt angesichts möglicher US-Strafzölle vor einem Handelsstreit zwischen Europa und den USA. Zölle könnten „nur das allerletzte Instrument sein“, sagte der Geschäftsführer des Chemieverbandes VCI, Wolfgang Große Entrup, dem FOCUS. Statt mögliche US-Zölle mit Gegenmaßnahmen zu beantworten, müsse die EU ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit rasch verbessern. „Wir brauchen ein prosperierendes und starkes Europa, damit wir wieder auf Augenhöhe mit den USA verhandeln können und nicht auf Bauchnabelhöhe wie jetzt“, so Große Entrup. Am Samstag hatte US-Präsident Donald Trump Strafzölle gegen Kanada und Mexiko (25 Prozent) gestartet, die sofort mit gleicher Höhe zurückschlugen. China wurde von den USA mit 10 Prozent belegt, kündigte bislang aber nur eine Klage an. Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl forderte VCI-Mann Große Entrup eine rasche Neuausrichtung in der Wirtschaftspolitik. Die künftige Bundesregierung dürfe nicht erst „Sondierungen und anschließend monatelange Koalitionsverhandlungen“ führen, sondern müsse „so schnell wie möglich arbeitsfähig sein, und klar sagen, wo es wirtschaftspolitisch hingeht“. Neben drastisch sinkenden Energiepreisen mahnte der VCI-Geschäftsführer zudem eine umfassende Steuerreform an. |
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| VW- und Porsche-Chef Oliver Blume muss den Vorstand des Sportwagenbauers umbauen (© dpa) |
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Warum Porsche zwei Vorstände rauswirft |
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Das China-Geschäft ist ebenso eingebrochen wie der Aktienkurs – nun reagiert Porsche auf die anhaltend schlechten Zahlen. Aufsichtschef Wolfgang Porsche informierte am Wochenende per Ad-hoc-Meldung, dass er auf Wunsch des Kontrollgremiums nun mit zwei Spitzenmanagern „über ein einvernehmliches vorzeitiges Ausscheiden aus dem Vorstand von Porsche“ Gespräche führen werde. Es handelt sich offenbar um den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Lutz Meschke, der die Bereiche Finanzen und IT verantwortet, sowie Vertriebs- und Marketingvorstand Detlev von Platen. Schon vor zwei Wochen hatte das „Handelsblatt“ berichtet, dass dem Sportwagenbauer aus Zuffenhausen „die Kosten aus dem Ruder“ liefen. Allein im vergangenen Jahr musste die VW-Tochter demnach rund 1,5 Milliarden Euro einsparen – fast eine Milliarde mehr als ursprünglich intern veranschlagt. Dem Vernehmen nach spielen auch außerordentliche Belastungen eine Rolle: So wurde ein Schweizer Zulieferer von Aluminium-Legierungen im Sommer von einem Hochwasser getroffen. Deshalb konnten 10.000 Elektro-Varianten des Porsche-Modells Macan gar nicht gebaut werden. Nicht nur Porsche hat Probleme, sondern auch der Mutterkonzern VW, der in den nächsten Jahren Zehntausende von Arbeitsplätzen einsparen muss. Vorstandschef von beiden Unternehmen ist Oliver Blume. |
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| Lungenkrebs-Zelle: 2023 sind bundesweit fast 45.000 Menschen daran gestorben (© Science Photo Library) |
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Krebsrisiken sinken – zumindest bei jüngeren Menschen |
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Die Zahl der jährlichen Krebstoten in Deutschland steigt zwar. Aber zugleich sinkt die Gefahr bei jüngeren Patienten, an Krebs zu sterbem. Diese tendenziell gute Botschaft verbreitet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden zum morgigen Weltkrebstag am 4. Februar. Im Jahr 2003 hatten die Statistiker 209.300 krebsbedingte Todesfälle registriert, zwei Jahrzehnte später 230.300, also rund zehn Prozent mehr. Allerdings geht der Anstieg mit plus 64 Prozent nahezu vollständig auf die Gruppe der über 80-Jährigen zurück. Bei den 60- bis 79-jährigen Menschen sank die Zahl der an Krebs Verstorbenen um sechs Prozent, bei den 40- bis 59-Jährigen um 26 Prozent und bei jenen unter 40 um 32 Prozent. Die Gründe liegen in einer Mischung aus verbesserter Früherkennung, etwa beim Darmkrebs, und effizienteren Therapie. Dazu kommen Vorsorgemöglichkeiten wie die HPV-Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs. Die Krebsbehandlung werde immer zielgerichteter, sagt Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Bei einer Reihe von Tumoren könne man „inzwischen feststellen, welche Genveränderungen bei einem einzelnen Menschen eine Rolle spielen. Und man hat Medikamente entwickelt, die diese Veränderungen ansteuern“, so Weg-Remers. Die häufigste krebsbedingte Todesursache war 2023 Lungen- und Bronchialkrebs mit 44.900 Fällen. |
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Gewinnerin: Als erste schwarze Musikerin hat die US-Pop-Diva Beyoncé heute Nacht den Grammy Award fürs beste Country-Album gewonnen. Mit „Cowboy Carter" hatte die 43-Jährige eine Hommage an die afroamerikanischen Wurzeln der Country-Musik geliefert. Der Glamour-Abend in Los Angeles stand ganz im Zeichen der Aufräumarbeiten nach den verheerenden Bränden rund um die US-Metropole in den vergangenen Wochen. | |
Verlierer: Schockdiagnose für einen Leser-Liebling: Der dänische Schriftsteller Jussi Adler-Olsen, 74, ist an Knochenmarkkrebs erkrankt. Jüngst erst erschien der zehnte Teil seiner Krimi-Reihe um den Sondermittler Carl Mørk. Adler-Olsen will zwar mit Chemotherapien gegen die Krankheit ankämpfen, ist sich aber auch sicher: „Ich werde an dieser Krankheit sterben. Wie der Autor verriet, soll immerhin sein fiktiver Held weiterleben: Schon im März wird ein neuer Mørk-Fall erscheinen – geschrieben von dem Autorinnen-Duo Line Holm und Stine Bolther. | |
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Grenzschutz, Wahlkampf, Karneval MontagCDU-Parteitag: Für den Fall eines Wahlsiegs will die Partei ein Sofortprogramm beschließen mit 15 Maßnahmen, u.a.: Wende in der Asylpolitik, Rücknahme des Heizungsgesetzes und Entlastung für die Wirtschaft DienstagEU-Grenzschutz: Der Europäische Gerichtshof verhandelt Schadensersatzklagen gegen die europäische Grenzschutzagentur Frontex, u.a. wegen der umstrittenen Rückführung von Flüchtlingsbooten aufs offene Meer MittwochIndustrie: Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau veröffentlicht die Auftragseingänge für den Monat Dezember 2024 und das Gesamtjahr DonnerstagZDF: Die Spitzenkandidaten der kleineren Parteien treffen sich um 22.15 Uhr zum Schlagabtausch SamstagNürnberg: Die CSU trifft sich zum Kleinen Parteitag Aachen: 75. Verleihung des Karnevalsordens „Wider den tierischen Ernst" an den SPD-BundesvorsitzendenLars KlingbeilSonntagBerlin: Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP. Marco Buschmann soll als Generalsekretär bestätigt werden TV-Duell: Um 20.15 Uhr trifft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im ersten TV-Duell bei ARD und ZDF auf CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz | |
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… noch ein Blick ins weit entfernte und uns neuerdings doch so nahe Grönland: In der Hauptstadt Nuuk tritt heute erstmals nach Winterpause und Trump-Wahl das Parlament zusammen, das sog. Inatsisartut. Es hat 31 Mitglieder und wird auf vier Jahre gewählt. Erwartet wird, dass Regierungschef Múte B. Egede bald den Termin für die spätestens im April anstehende Parlamentswahl ausrufen wird. | | Grönländische Parlamentsmitglieder bei der letzten Wahl 2021 (© dpa) | Die zu Dänemark gehörende Insel ist sechsmal größer als Deutschland, hat aber nur 50.000 Einwohner. Der neue US-Präsident hat kürzlich verkündet, er wolle Grönland kaufen. Die Nato möchte Trump nun erst mal anbieten, die gemeinsame Militärpräsenz auf der Insel auszuweiten. Die Nähe zu Russland gilt als geostrategisch ähnlich wichtig wie die vermuteten Bodenschätze unterm Eis. Das reicht dem Amerikaner hoffentlich, denn eines ist auf Grönland bislang unbezahlbar: die Ruhe. Bewahren auch Sie einen kühlen Kopf! Herzlichst | | Thomas Tuma |
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