Liebe/r Leser/in, „Follow the science“ – „Folgt der Wissenschaft“ –, so erklingt beständig der Ruf, nicht nur wenn es um Klimaschutz und Corona geht. Niemand klaren Verstandes mag da widersprechen. Ohne Vernunft und fundierte Fakten kein Fortschritt. Nur so einfach ist die Sache mit der Wissenschaft nicht. Angefangen damit, dass sie die Sehnsucht nach schnellen, eindeutigen Lösungen nicht stillen kann. Absolute Wahrheiten hat sie nicht zu bieten. Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass mit dem Rückgriff auf die Wissenschaft direkt die Harmonie ausbricht, dass damit zwangsläufig jeder inhaltliche Konflikt endet. Ganz im Gegenteil: ohne Zweifel, ohne Widerstreit der Argumente keine Wissenschaft. Wenn dies jemand leugnet, gar Allwissenheit vorschützt, dürfen wir sicher sein, dass es sich um einen Tor oder um einen Scharlatan handelt. Vollends kompliziert wird es, wenn Wissenschaftler in Richtung Aktivismus rutschen. Und dazu müssen sie sich nicht mal auf die Straße kleben. Beispiele dafür finden sich in allen Schattierungen. So wirft sich die Talkshow-gestählte Energieökonomin Claudia Kemfert mit solchem Eifer in die Dienste von Wind- und Sonnenergie, dass gewöhnliche Lobbyisten des ökoindustriellen Komplexes gar nicht hinterherkommen. Derart missionarisch unterwegs, wird ihr jede Kritik zur Beleidigung. Wer es wagt, den Thesen zum grenzenlosen Nutzen erneuerbarer Energien zu widersprechen, stellt sich in eine Reihe mit Mafiosi, Mördern oder zumindest gedungenen Märchenerzählern. Gegen derlei Anwürfe hilft nicht mal ein Titel als Nobelpreisträger, sollte sich ein Kritiker erdreisten, auf die vorbildliche Klimabilanz der Kernenergie hinzuweisen. Der Schritt zur behaupteten Unfehlbarkeit ist da nicht weit, der zur Verschwörungstheorie auch nicht. Und zum Schluss sind da noch all jene, die Wissenschaft nur vortäuschen, allzu oft leider im Gewande des Guten; wenn etwa NGOs Studien zurechtbiegen im Kampf um Aufmerksamkeit, Spenden und Mitgliedsbeiträge. So schaffte es dieser Tage die Mär von angeblich giftigen Erdbeeren in die Schlagzeilen. Eine Umweltorganisation hatte alarmiert aufgelistet, welche Substanzen sie in dem unschuldigen Obst auf Deutschlands Feldern aufgespürt hat. Leider wurde dabei vergessen zu erwähnen, dass die zulässigen Grenzwerte für diese Stoffe um ein Vielfaches höher liegen, eine Gefahr für Leib und Leben folglich nicht ansatzweise besteht. Hysterie mag ein Geschäftsmodell sein, Wissenschaft ist etwas anderes. | | Herzlich Ihr Georg Meck, Chefredakteur FOCUS-Magazin | |
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