01. August 2024 Fakten zur Schließung des Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt Nachdem in der Diskussion um das Aus fürs Krankenhaus St. Josef in den vergangenen Tagen zahlreiche Behauptungen aufgetaucht sind, die man durchaus hinterfragen sollte, hier einige Erklärungen zur Situation bei St. Josef und zur Krankenhausfinanzierung. Die Schließung des Krankenhauses St. Josef ist ein Schlag für die Menschen in der Region und natürlich auch für die 800 Mitarbeitenden. Viele in Schweinfurt und Umgebung haben eine emotionale Bindung an die Klinik und können nicht verstehen, dass das Aus von der Kongregation verkündet wurde. Ich bedauere sehr, dass eine Kooperation zwischen dem Leopoldina und St. Josef wohl letztendlich an den christlichen Wertevorstellungen der Kongregation gescheitert ist. Es gilt jetzt, ohne parteipolitisches Geplänkel nach einer Lösung zu suchen, für die medizinische Versorgung in der Region und für die 800 Mitarbeitenden des St. Josef. Es ist nicht die Zeit, um sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben. Leider wird aber, vor allem von Seiten der CSU, noch immer kräftig mit dem Finger auf Berlin gezeigt und behauptet, die Ampel und die geplante Krankenhausreform seien schuld am Aus für das St- Josef-Krankenhaus. Dabei werden Behauptungen aufgestellt, die man auch einmal hinterfragen muss und sollte. Behauptungen, die zeigen, dass die, von denen sie kommen, sich offenbar mit Gesundheitspolitik und der Finanzierung von Krankenhäusern nicht wirklich auskennen. Deshalb hier ein paar Erklärungen zur Krankenhausfinanzierung, was die Probleme sind und wo die Krankenhausreform Abhilfe schaffen soll. Die Krankenhausfinanzierung in Deutschland ist ein duales System. Die Länder tragen die Investitionskosten, zum Beispiel für Neubauten, notwendige Sanierungen oder neue Geräte. Sie planen die Krankenhausstrukturen in ihrem jeweiligen Land und sind für die Sicherstellung einer flächendeckenden stationären Versorgung zuständig. Wenn Krankenhausschließungen oder -insolvenzen zu Lücken in der stationären Versorgung führen, ist es Aufgabe der Länder, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der Bedarf an Investitionskosten liegt dabei bundesweit jährlich bei etwa sieben Milliarden Euro. Von den Ländern geleistet, werden aber nur drei Milliarden Euro. Tendenz eher fallend. In Bayern wurden 2002 613 Millionen Euro investiert, 2012 waren es nur noch 450 Millionen Euro. 2018 stieg dieser Wert wieder auf 634 Millionen Euro. Im Haushalt 2024 sind – als Folge des Wahlkampfversprechens “Krankenhausmilliarde“ – keine Milliarde aber immerhin 800 Millionen Euro für Investitionen im Krankenhaussektor eingeplant. Was nach einer Steigerung klingt, ist bei langfristiger Betrachtung aber keine. Wir haben jetzt grob gerechnet bei einer jährlichen Inflation von zwei Prozent wieder das Niveau von 2002 erreicht. Die Betriebs- und Personalkosten, also alle Kosten, die für die Behandlung von Patient:innen entstehen, werden von den Krankenkassen bezahlt. Grundlage dabei ist zum einen das DRG-Fallpauschalensystem, zum anderen der Landesbasisfallwert (LBFW). Er bestimmt letztendlich die Vergütung, die von den Krankenkassen an die Krankenhäuser für eine bestimmte Krankenhausbehandlung gezahlt wird. Er wird jedes Jahr zwischen den Krankenhausträgern und den Vertragsparteien auf Landesebene neu verhandelt. Dabei werden auch allgemeine Kostensteigerungen bei den Personal- und Sachkosten berücksichtigt. Von 2013 bis 2024 ist der LBFW um 34,6 Prozent gewachsen. Die Inflation betrug im gleichen Zeitraum 31,5 Prozent. Das heißt die Erhöhung des LBFW lag insgesamt über der Steigerung der Kosten, auch wenn dies 2022 und 2023 – bedingt durch den Krieg in der Ukraine und die Folgen für die Inflation – nicht der Fall war. Bis 2020 lag die Steigerung jedoch stets über der Inflation. Die behandelten Fälle wurden also höher vergütet als die Kosten angestiegen sind. Die Überschüsse, die dadurch prinzipiell erwirtschaftet werden können, bleiben beim Krankenhausträger. Sie wurden aber immer wieder von den Krankenhäusern für notwendige Investitionen verwendet, da die Länder oftmals ihrer gesetzlichen Aufgabe nicht nachkamen. Die Jahre 2020, 2021 fallen aus der Betrachtung, da hier der Bund aufgrund von Corona insgesamt Ausgleichszahlungen in Höhe von mehr als 21,5 Milliarden Euro gezahlt hat. Die damals schon existenten strukturellen Probleme waren für die Krankenhäuser damit ohne Bedeutung, da der Bund großzügig gezahlt hat. Diese Zahlungen werden im Übrigen vom Bundesrechnungshof heftig kritisiert, der die Meinung vertritt, die Unterstützung hätte von den Ländern kommen müssen, da es um Erhaltung von Krankenhausstrukturen ging, wofür die Länder zuständig sind. Neben diesen Geldern hat das Krankenhaus St. Josef – wie viele andere Krankenhäuser auch – vom Bund Geld aus dem Entlastungspaket Energiehilfen bekommen. Bei St. Josef waren es knapp 2,3 Millionen Euro. Die Berücksichtigung der Personalkosten und der Tarifsteigerung Die kompletten Pflegepersonalkosten, inklusive der Tarifsteigerung bei der Pflege am Bett, werden von den Krankenkassen zu 100 Prozent außerhalb des DRG-Systems und unabhängig vom Landesbasisfallwert übernommen, das ist das so genannte Pflegebudget. Es macht im Durchschnitt rund 25 Prozent der kompletten Personalkosten eines Krankenhauses aus. Auch in anderen Bereichen (nichtärztlicher/ärztlicher Dienst) werden die Tarifsteigerungen, die die Obergrenze der zulässigen Preissteigerungen übersteigen, hälftig von den Kostenträgern refinanziert. Klingt kompliziert und ist es auch! Deshalb wird im Gesetzentwurf zur Krankenhausreform festgelegt, dass ab 2024 eintretende Tarifsteigerungen für alle Berufsgruppen zu 100 Prozent refinanziert werden und damit Tarifsteigerungen auch zeitnah vom Kostenträger refinanziert werden, haben wir bereits im Krankenhaustransparenzgesetz die Möglichkeit, den LBFW unterjährig an die neuen Tarife anzupassen, geschaffen. Bei der Betrachtung der Betriebskosten müssen neben den Ausgaben auch die Einnahmen unter die Lupe genommen werden. Die sind – angesichts der Tatsache, dass bundesweit jedes dritte Krankenhaus-Bett nicht belegt ist – vielerorts rückläufig. Gründe für dem Rückgang sind unter anderem die Ambulantisierung und ein zunehmender Mangel an Fachkräften. Beim Krankenhaus St. Josef sieht es in dieser Hinsicht, laut den von der Klinik selbst erstellten Qualitätsberichten, wie folgt aus: 2019 gab es 13 042 stationäre Fälle, 2022 waren es nur noch 10 318 bei nur marginaler Steigerung der ambulanten Fälle (2029: 16964 Fälle; 2022: 17286 Fälle). Mit der Krankenhausreform ist – um solche Einnahmenverluste aufzufangen – die Einführung einer Vorhaltevergütung vorgesehen. Damit soll die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern künftig weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden. Der CSU-Landtagsabgeordnete Steffen Vogel erklärt in einem Video auf Facebook, dass schon 2016 50 Prozent der Krankenhäuser defizitär waren. Jetzt seien es 90 Prozent. Die Ampel fahre die medizinische Versorgung an die Wand. Ich frage mich schon, wenn vor acht Jahren 50 Prozent der Krankenhäuser Verluste gemacht haben, warum haben dann die zuständigen Minister, übrigens alle von der Union, nicht eine schon damals notwendige Krankenhausstrukturreform in Angriff genommen? Dazu hatte man nicht den Mut, obwohl die Finanzsituation der öffentlichen Haushalte und der Gesetzlichen Krankenversicherung sehr viel besser war als heute. Aufgrund der verpassten Reformen stehen wir heute da, wo wir sind. Ist die Krankenhausreform schuld am Aus für St. Josef? Die Krankenhausreform kann gar nicht Schuld am Aus für St. Josef sein, da sie noch gar nicht in Kraft getreten ist. Stattdessen ist sie eine Chance für die Krankenhäuser, gerade auch, was den Ausbau der sektorenübergreifenden und integrierten Gesundheitsversorgung angeht. Auch und gerade für St. Josef, wo es dieses Nebeneinander von stationären, fachärztlichen und ambulanten Behandlungen bereits gibt. |