Liebe Leserin, lieber Leser

Die Gletscher schmelzen. Sie schmelzen wie von weit, als zerflössen in den Bergen alte Seelen. Sie schmelzen glucksend, schmatzend, gurgelnd und schliesslich mit donnernder Gebärde – frei nach dem schönen Herbstgedicht "Die Blätter fallen" von Rainer Maria Rilke.

Wir – Herr und Frau Schweizer – sind Weltmeister im Fliegen und in der Mobilität überhaupt, und damit halten wir dieses Schmelzen zu einem wichtigen Teil in unseren Händen. Individuelle Experimente mit langsamem und umsichtigem Reisen oder einem neuen, fleischarmen Speiseplan helfen, neue Werte und Lebensstile zu kreieren und zu verbreiten. Aber für die konsequente Umsetzung des Pariser Klimaabkommens braucht es auch neue Rahmenbedingungen: Das Verursacherprinzip muss auch im Flugverkehr gelten, das Zugfahren preislich attraktiver werden, und weitere Anreize wie Lenkungsabgaben zu klimaschonendem Wirtschaften motivieren. Reiseunternehmen hätten noch viel Spielraum, ihren Gästen den Klimaschutz mit klimaneutralen Skigebieten, Passivhäusern oder konsequent regionalem Speise- und Getränkeangebot erlebbar zu machen.

John Knox, UN Sonderberichterstatter für Klima und Menschenrechte, sieht die Zeit für ein UN Menschenrecht auf gesunde Umwelt gekommen, wie es schon über 100 Staaten kennen. Aber auch die bestehenden Menschenrechte etwa auf Partizipation, Versammlungsfreiheit oder der Schutz vor Diskriminierung müssten konsequenter im Umweltbereich angewandt werden. Denn Menschenrechte und eine gesunde Umwelt bedingen sich gegenseitig. In der Schweiz wird die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention gerade durch die so genannte "Selbstbestimmungs-Initiative" bedroht, über die noch bis zum 25. November abgestimmt werden kann. Wir empfehlen allen Berechtigten, sich mit ihrer Stimme für den Schutz der Menschenrechte stark zu machen.

Ihr Redaktionsteam

Nina Sahdeva, Christine Plüss, Grischa Schwank, Manuela Ugolini