das kleine Weimar mit seiner großen Vergangenheit macht Berlin derzeit zu schaffen – und umgekehrt. In dem geschichtsträchtigen Ort bröckelt seit Jahren das Goethehaus dramatisch. Zuletzt war das Dichterhaus am Frauenplan 1 in den Achtzigerjahren saniert worden, noch zu DDR-Zeiten. Nachdem der Bundestag in seiner Haushaltsitzung im Herbst 2023 beschlossen hatte, die Restaurierung des Barockensembles mit 17,5 Millionen Euro zu unterstützen, war die Erleichterung in Thüringen groß. Jetzt erreicht die Klassik Stiftung Weimar die Nachricht, dass sie die Sanierungskosten doch mit dem regulären Investitionsetat finanzieren müsse. Der beträgt bis einschließlich 2031 etwa vier Millionen Euro im Jahr, ist aber für den Erhalt sämtlicher Schlösser und Liegenschaften in der Obhut der Stiftung bestimmt, vom Bauhaus-Museum über die Herzogin Anna Amalia Bibliothek bis zum Goethe- und Schiller-Archiv, dem Schloss Belvedere und den umfangreichen Parkanlagen.
Auf Anfrage der F.A.Z. kann sich der haushaltspolitische Sprecher der FDP die neue Lage nicht erklären: „Das Parlament steht zu seiner Finanzierungszusage“, sagt er im Gespräch. Er gibt sich zuversichtlich, dass mögliche Schwierigkeiten in der Umsetzung aus der Welt zu räumen seien. In Sachen Weimar scheint das letzte Wort jedenfalls noch nicht gesprochen zu sein.
Sandra Kegel
Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.
So der so aber steht fest, dass das Goethehaus demnächst geschlossen werden wird. Im Falle der großen Sanierung mit dem Geld des Bundes wird dies mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die kleinere Sanierung, bei der freilich nur das Allernötigste geflickt werden würde, das Dach und die marode Elektrik – der Brand in der Anna Amalia Bibliothek 2004 steckt den Weimarern noch in den Knochen –, würde weniger als zwei Jahre Schließzeit bedeuten. Auch das freilich ist der Stadt Weimar noch immer zu lang, die am liebsten ganz darauf verzichten würde, da sie große Einbußen befürchtet. Wer weiß schon, wie viele der jährlich 100.000 Gäste lieber zuhause bleiben, während das ikonische Goethehaus nicht zugänglich ist.
Für uns kann es daher nur heißen: ab nach Weimar! Wer jetzt noch wartet, steht womöglich bald vor verschlossener Türe, jedenfalls am Frauenplan 1. Und es gibt dort so viel mehr zu sehen: Ein Besuch des Nietzsche-Archivs lohnt sich, auch wenn dessen Dach seit Jahren schimmelt. Das Wohnhaus von Henry van de Velde oder Schloss Tiefurt sind ebenfalls ein Besuch wert, auch sie müssen beide restauriert werden. Das Stadtschloss ist ja seit Jahren eine Sanierungsbaustelle.
Dass Weimar so viele Baustellen hat, liegt daran, dass sich hier, auf wenigen Quadratkilometern, so viel Geschichte bündelt wie wohl kaum irgendwo sonst. Und es wird immer mehr. Gerade wurde das neue „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“ eröffnet, das mein Kollege Niklas Maak empfohlen hat, weil es die Schicksale der Opfer anhand von Fotografien, Briefen und Objekten eindringlich vergegenwärtigt. Dazu passt die aktuelle Ausstellung „Das Bauhaus, das Hitler mochte“, die den Mythos vom „guten modernen Deutschland“ infrage stellt.
Und wer es dieser Tage partout nicht nach Weimar schafft, der kann ebenso gut nach Frankfurt reisen und bestaunen, was das dortige Freie Deutsche Hochstift gerade für kostbare Handschriften erworben hat. Das Hochstift unterhält ja nicht nur das Deutsche Romantikmuseum, sondern auch Goethes Geburtshaus am Großen Hirschgraben. Am Ende führen alle Wege zurück zu ihm.
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