Kann die SPD Wirtschaft? +++ Will VW streiken?
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Liebe Leserin, Lieber Leser, wer ist Christian Lindner – und wenn ja, wie viele? Für die einen mag der FDP-Chef ein Spieler, Zocker oder Hasardeur sein. Für andere der letzte Aufrechte mit dem Bleifuß auf der Schuldenbremse. Überzeugter Liberaler oder Raubtier-Kapitalist? Kalt lässt er jedenfalls kaum jemanden. Wir haben den 45-Jährigen diese Woche getroffen. Und obwohl sein neues Büro in der Berliner Parteizentrale deutlich kleiner ist als das alte im Finanzministerium – er scheint sich viel freier zu fühlen. Nach seinem Rauswurf aus dem Regierungsamt erlebten meine Kollegin Antje Hildebrandt und ich einen voll auf Angriff spielenden Politiker. Die Hindernisse vor ihm sind ja auch zu hoch für kleine Sprünge. Zuerst muss er seine Partei wieder aus der Umfragen-Todeszone über die Fünf-Prozent-Hürde hieven. Lindners Mission: klare Kante. Der Standort D? „Deutschland bekommt keinen Aufschwung auf Pump. Wir müssen ihn uns erarbeiten. Dafür muss der Staat neue Freiräume geben und in der Klima- und Energiepolitik realistischer werden“, sagte er im Interview. Sparmöglichkeiten? „Beim Bürgergeld müssen wir den fordernden Charakter der Arbeitsmarktpolitik stärken. Wer arbeiten kann, muss arbeiten. Die wirtschaftlichen Folgen der irregulären Migration belaufen sich auf Milliardenbeträge. Der Bürokratismus lähmt nicht nur, er kostet auch. Und wir zahlen Milliarden an ineffektiven Klimasubventionen.“ Also weiter mit Schuldenbremse und ohne neue Steuern? „Ich habe mich für diese Überzeugungen am Ende auf die Straße setzen und herabwürdigen lassen. Die geben wir nicht auf.“ Und die Union? „Rückt schon im Wahlkampf nach links, weil sie an Koalitionen mit SPD oder Grünen denkt.“ Seit selbst CDU-Chef Friedrich Merz mit Finanzreformen liebäugelt, ist Lindner nicht mehr zu bremsen: „Wer mit linken Parteien über die Schuldenbremse verhandelt, öffnet die Büchse der Pandora.“ |
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| Operation Transparenz und Attacke: Christian Lindner mit den FOCUS-Redakteuren Antje Hildebrandt und Thomas Tuma (© privat) |
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Bedenkt man, dass die Union nach der Bundestagswahl am 23. Februar wohl der einzige Seniorpartner sein dürfte, mit dem die kleine FDP wieder an den Kabinettstisch käme, kann man Lindners Attacken nur mutig finden: „Friedrich Merz als Kanzler allein verspricht noch keinen Politikwechsel.“ Hat er selbst keine Fehler gemacht in der Ampel? Doch, doch! Schon nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätte er die Reißleine ziehen sollen, gibt er zu. Denn plötzlich fehlten im Haushalt 60 Milliarden Euro. „Die Form des Weiterwurstelns hat nicht nur dem Land Zeit geraubt, sondern die Bürgerinnen und Bürger auch Nerven gekostet.“ Dieser Lindner schont niemanden mehr. Auch sich, seine Partei und uns nicht. Nachdem wir mal wieder kritisch nachfragten, bellte er: „So eine Willy-Brandt-Haus-Argumentation wie Ihre habe ich lange nicht mehr gehört.“ Am Donnerstagabend dann veröffentlichte die FDP ein „Mitarbeiter-Papier“, das kurz vorm Aus der Ampel ebendies in Szenarien durchspielte. Diverse Medien hatten schon nachgefragt. Der oft dementierte „D-Day" taucht darin nun doch auf. „Wir haben nichts zu verbergen“, twitterten die Liberalen trotzig. Sie haben die Skandalisierungen satt, heißt es intern. Also Augen zu und durch? Transparenz und Attacke – ein riskantes Spiel. Man kann zu ihm stehen, wie man will: Langweilig wird es mit ihm jedenfalls nicht, oder? Wer oder was ist Christian Lindner für Sie? [email protected] Hier finden Sie das ganze Gespräch mit dem FDP-Chef: |
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| Kanzler Olaf Scholz (r.) mit den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil (© EPA) |
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SPD-Fachpolitiker fordern Wirtschaftsschwerpunkt |
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Die SPD startet am Wochenende mit einer „Wahlsieg-Konferenz” in den Wahlkampf. Die Kandidierenden der ganzen Republik versammeln sich dafür um ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz im Willy-Brandt-Haus. Die Partei möchte sich in der Kampagne auf soziale Themen konzentrieren und so von der Union abgrenzen. Wirtschaftspolitiker fordern allerdings auch einen Schwerpunkt auf dem Bereich Industrie und Arbeit. Die SPD sei gut beraten, das Thema in den Mittelpunkt zu rücken, so der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori – und schlägt ein Kompetenzteam vor. Die frühere Start-up-Gründerin Verena Hubertz aus der Bundestagsfraktion will einen Wirtschaftswahlkampf: „Wir müssen vom Sonnendeck ins Maschinendeck, um die richtig heißen Kohlen anzupacken.” Dabei müsse vor allem mehr investiert werden. Ein Mittel dafür soll ein Deutschlandfonds sein, der private und öffentliche Gelder bündelt. |
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| Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (l.) und KAS-Chef Norbert Lammert (© Jasper Walter Bastian und Jonas Holthaus für FOCUS Magazin) |
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Unionspolitiker kritisieren Adenauer-Stiftung |
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In der CDU gibt es Unmut über eine Konferenz mit ehemaligen Russland-Lobbyisten. Bei der Tagung der parteinahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) waren u.a. der Putin-nahe und ehemalige Gazprom-Interessenvertreter Alexander Rahr sowie die früheren Unionspolitiker Ronald Pofalla und Friedbert Pflüger eingeladen. Einige dieser Referenten stünden für „falsche, russlandabhängige Energiepolitik und Russland-Romantisierung“, sagte Unions-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem FOCUS. Die KAS müsse schon den Anschein vermeiden, „hinter dem Rücken der Ukraine Sonderwege mit Russland zu suchen“. Scharfe Kritik an der Veranstaltung kommt auch von Dennis Radtke, Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA: „Ich bin schockiert, dass jemand wie Herr Rahr, der völlig abstruse Thesen zu Russland vertritt, im Haus von Konrad Adenauer auftreten darf“, so der Europaabgeordnete. Es müsse „intern schnell geklärt werden, wie es dazu kommen konnte“. Die Frage, ob der KAS-Vorsitzende Norbert Lammert (CDU) über die Tagung informiert wurde, beantwortete die Stiftung nicht. Es seien aber auch Exilpolitiker und Oppositionsführer einbezogen gewesen. |
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| EZB-Chefin Christine Lagarde (© imago) |
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Strafzölle: EZB-Chefin mahnt EU zur Zurückhaltung |
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Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die EU angesichts drohender Strafzölle durch den künftigen US-Präsidenten Donald Trump dazu aufgefordert, selbst die Initiative zu ergreifen: „Wir könnten anbieten, bestimmte Dinge von den Vereinigten Staaten zu kaufen und signalisieren, dass wir bereit sind, uns an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagte Lagarde der „Financial Times“. Das sei besser, als auf mögliche Strafzölle mit Vergeltungen zu reagieren. Ähnlich äußert sich auch EVP-Chef Manfred Weber gegenüber FOCUS: Europa solle noch vor Trumps Amtsantritt am 20. Januar auf die künftige US-Regierung zugehen „und selbst ein Angebot machen“. Ein möglicher Ansatzpunkt könne etwa der Energiesektor und das Thema Flüssiggas-Importe aus den USA sein. EZB-Chefin Lagarde empfahl, Kooperationsbereitschaft zu signalisieren. Trump hatte unlängst erklärt, zu seinem Amtsantritt Strafzölle von 25 Prozent auf US-Importe aus Mexiko und Kanada zu erheben. Für Einfuhren aus China sollen 35 Prozent fällig werden. Deutschland ist nach Mexiko, Kanada und China der viertgrößte US-Handelspartner. Im vergangenen Jahr lag das Gesamtvolumen der deutschen Exporte in die USA bei knapp 160 Milliarden Euro. Damit waren die Vereinigten Staaten der wichtigste deutsche Auslandsmarkt – noch vor China. Deshalb wachsen auch hierzulande die Sorgen. |
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| Belegschaftsproteste bei Volkswagen (© dpa) |
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Bei VW drohen ab dem Wochenende neue Streiks |
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Im Arbeitskampf beim angeschlagenen Autobauer Volkswagen läuft am Samstag die Friedenspflicht aus. Bereits tags darauf könnte es daher zu Warnstreiks an den deutschen Standorten des Konzerns kommen. Insider rechnen damit jedoch eher für Montag oder Dienstag, bevor am Mittwoch im Wolfsburger Werk eine Betriebsversammlung stattfindet. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wird erwartet. Der SPD-Politiker stammt aus Niedersachsen. Sein Wahlkreis grenzt direkt an Wolfsburg. VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte den Minister nach eigenen Angaben bereits eingeladen, bevor die weitreichenden Sparpläne des Konzerns bekannt wurden. Der VW-Vorstand hatte angekündigt, zehntausende Stellen zu streichen und schloss erstmals in der Geschichte des Unternehmens auch die Schließung einzelner Werke nicht aus. Die IG Metall hält dagegen. Thomas Gröger, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der Gewerkschaft, spricht von einem „Eskalationsszenario ab Anfang Dezember“ und warnt: „Wenn nötig, dann wird es ein Arbeitskampf werden, den die Bundesrepublik so seit Jahrzehnten nicht erlebt hat.“ Die Belegschaften an allen Standorten stünden bereit. Die vierte Verhandlungsrunde ist für den 9. Dezember terminiert. |
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885 türkische Staatsbürger wurden von Januar bis Oktober 2024 in die Türkei abgeschoben. Das erklärte das Bundesinnenministerium auf FOCUS-Anfrage. Damit fällt die von der Bundesregierung angekündigte Abschiebeoffensive eher mickrig aus. Nach dem von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigten Abkommen mit Ankara sollten pro Woche bis zu 500 Türken abgeschoben werden. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) waren bis Ende Oktober eigentlich 16.041 Türken ausreisepflichtig. |
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| Der Handel lockt am Black Friday mit vermeintlichen Schnäppchen (© imago) |
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Black Friday: So vermeidet man den Kaufrausch |
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Rund sechs Milliarden Euro werden heute deutschlandweit ausgegeben. Nach der Schnäppchen-Show „Black Friday“ bereuen allerdings etliche Konsumenten ihre Einkäufe fast so schnell, wie sie zugeschlagen haben. „Viele Dinge, die man heute günstig bekommt, braucht man in Wirklichkeit gar nicht“, sagt der Konsumentenforscher Christian Germelmann, 53, von der Universität Bayreuth. Germelmann empfiehlt, sich eine Liste jener Dinge zu machen, die man wirklich benötigt oder verschenken will. Und wenn man dann ein supergünstiges Angebot findet, gelte es, Ruhe zu bewahren. „Schnäppchen bringen unseren Körper dazu, Glückshormone auszuschütten. Im Gehirn wird das Belohnungssystem aktiviert.“Atmung und Herzschlag beschleunigten sich. Die Hemmschwelle sinke. Daher sollten Verbraucher erst mal tief durchatmen: „Ich schlafe sogar eine Nacht drüber“, sagt der Fachmann. Die meisten Angebote gebe es am nächsten Tag auch noch. Für den Handel ist der Black Friday übrigens kein großer Gewinn. Die meisten Kundinnen und Kunden kaufen vorher und nachher für insgesamt 5,5 Milliarden Euro weniger ein, zeigen Studien. Bleibt also ein Umsatzplus von „nur“ 500 Millionen Euro. |
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Gewinner: Der spanische Fußball-Star Lamine Yamal ist als bester europäischer Fußballer unter 21 Jahren ausgezeichnet worden. Und erstmals geht der „Golden Boy”-Award damit an einen Teenager im Alter von nur 17 Jahren und vier Monaten. Yamal war bereits der jüngste Torschütze der spanischen Nationalmannschaft und in diesem Jahr auch bei der Europameisterschaft. | |
Verlierer: Es ist immer schwer, das Erbe eines erfolgreichen Vaters anzutreten – ganz besonders, wenn der Michael Schumacher heißt. Seinem Rennfahrer-Sohn Mick Schumacher, 25, ist das nie ganz gelungen. Nun will der Junior die Formel 1 zum Saisonende verlassen. Zuletzt war er dort im Mercedes-Team noch als Testfahrer aktiv. „Diese Autos fahren zu sehen und nicht selbst im Cockpit zu sitzen, ist hart“, sagte Mick. Dem Motorsport will er aber treu bleiben. | |
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… noch ein Blick ins ferne Australien: Der dortige Senat hat gestern ein weltweit einmaliges Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche beschlossen, das zeitnah in Kraft treten soll: TikTok, X, Reddit, Instagram, Snapchat etc. – all die Plauder-Plattformen sollen zu wirksamen Alterskontrollen verpflichtet werden. Wer unter 16 Jahren alt ist, muss draußen bleiben. | | Das Smartphone gehört auch bei den Kleinen längst zur Grundausstattung (© action press) | Die Regierung in Canberra begründete ihre Gesetzesinitiative damit, dass die übermäßige Nutzung von Social Media Risiken für die körperliche und geistige Gesundheit des Nachwuchses berge. Und nicht nur für den, finde ich. Schon eine kleine Fünf-Minuten-Dosis X provoziert bei mir mittlerweile leichte Depressionen. Ich wünsche Ihnen ein weitgehend netzwerk-freies Wochenende. Am Montag begrüßt Sie hier wieder meine Briefing-Kollegin Tanit Koch. Herzliche Grüße | | Thomas Tuma |
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