Ursula von der Leyens Haushaltsplan in Höhe von zwei Billionen Euro ist in vielen Teilen Europas wie eine kalte Dusche angekommen. Französische Landwirte werden bald auf die Straße gehen, um gegen die Kürzungen der Agrarsubventionen um rund 30 Prozent zu protestieren. Deutschland und die Niederlande haben die Erhöhung der Ausgaben bereits rundweg abgelehnt. Polen wiederum bereitet sich auf Kürzungen bei der Kohäsionspolitik vor. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind empört über die Aussicht, aus der Verwaltung der Fonds ausgeschlossen zu werden. Und die regionalen Behörden Europas sind außer sich vor Wut.
Die eigentliche Frage ist, warum Ursula von der Leyen glaubte, sie könne in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und angespannter Kassen in der gesamten EU mit einem Vorschlag zur Erhöhung des letzten Haushalts um fast 70 Prozent durchkommen.
Von der Leyen hat die Kernausgaben der EU auf Bereiche konzentriert, in denen derzeit Defizite bestehen. So würde ein mit 451 Milliarden Euro dotierter Wettbewerbsfonds Start-ups fördern und Cleantech vorantreiben, 100 Milliarden Euro würden an Kyjiw gehen und weitere Hunderte von Milliarden würden in die militärische Mobilität, die Eindämmung der Migration und die Außenpolitik fließen.
Diese Prioritäten mögen für sich genommen durchaus sinnvoll sein, aber was von der Leyen skizzierte, glich eher einer fantasievollen Wunschliste mit unverhohlenem Machtstreben als einem ernsthaften Vorschlag. Die Kommissionspräsidentin wird oft für ihr politisches Geschick gelobt, aber gestern hat sie eindeutig den Faden verloren, könnte man argumentieren.
Die Gegenreaktion auf den Haushalt war bereits in vollem Gange, bevor die Tinte auf Friedrich Merz' gedruckter Kopie des Vorschlags getrocknet war. Ein Sprecher der deutschen Regierung erklärte sofort, die Erhöhung des Haushalts sei „inakzeptabel”. Berlin lehnt auch Pläne für EU-Steuern für große Unternehmen ab. Die französische Regierung bricht bereits über einen nationalen Sparhaushalt zusammen. Die Darstellung der Ministerin für öffentliche Finanzen, Amélie de Montchalin, dass Frankreich eine Reduzierung seines Beitrags an Brüssel erreicht habe, sagt alles darüber aus, wie von der Leyens 2-Billionen-Euro-EU-Haushalt dort ankommt: Paris muss diesen Haushalt bereits unter dem Druck der extremen Rechten hart verkaufen.
„Dass es Reaktionen auf den Vorschlag gibt, ist verständlich”, sagte von der Leyen, bevor sie ihn als „moderner, agiler und zeitgemäßer” verteidigte. Das hängt davon ab, in welcher Zeitzone man sich befindet.
Was eigentlich ein Triumph vor der Sommerpause in Brüssel werden sollte, wird als Kommunikationsdesaster in Erinnerung bleiben. Von der Leyen stand vor einer PowerPoint-Präsentation, deren Zahlen sich auf 101 Prozent statt auf 100 Prozent summierten – ein deutliches Zeichen dafür, dass ihre Mitarbeiter die sieben Ps aufgegeben hatten.
Der Haushaltskommissar saß im Parlament fest, obwohl er eigentlich die Fragen der Journalisten beantworten und seinen eigenen Haushalt vorstellen sollte. Inmitten des ganzen Trubels gab eine Sprecherin bekannt, dass sie in Urlaub gehen würde. Und die Präsentationen stützten sich auf Folien und Reden statt auf Gesetzestexte. Das Ganze verzögerte sich um Stunden.
Es wird noch zwei Jahre dauern, bis eine endgültige Entscheidung über den Haushalt getroffen wird. Doch das Urteil über von der Leyens Umgang mit ihrer wohl wichtigsten Aufgabe steht bereits fest. | |
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Spickzettel: Alles, was Sie über den Streit um den EU-Haushalt wissen müssen Der vorgeschlagene Haushalt in Höhe von 2 Billionen Euro für den Zeitraum 2028–2034 stößt auf erheblichen Widerstand. Zu den wichtigsten Streitpunkten zählen Kürzungen bei den Agrarausgaben, Meinungsverschiedenheiten über reformbezogene Finanzierungen sowie der Widerstand von Mitgliedstaaten wie Ungarn und den Niederlanden. Die Kommission rechnet mit Einnahmen von über 20 Milliarden Euro aus der Tabaksteuer, wobei 15 Milliarden Euro aus der überarbeiteten Verbrauchsteuer stammen. Letztere soll zur Finanzierung des nächsten EU-Haushalts beitragen, stößt jedoch auf Widerstand vonseiten Italiens, Griechenlands und Rumäniens. | |
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| Die Lage in Paris spitzt sich zu. Michel Barnier hatte auf einen reibungslosen Wiedereinstieg in die nationale Politik gehofft. Der ehemalige Brexit-Unterhändler und Ex-Premierminister hat seine Kandidatur für einen Parlamentssitz angekündigt. Er positioniert sich als Vermittler zwischen den Konservativen von Les Républicains und Macrons Zentrum.
Doch der Wahlkampf wird schnell kontrovers: Laut Le Parisien sind nun zwei amtierende Ministerinnen – eine aus jedem dieser Blöcke – in den Wahlkampf eingetreten: die Konservative Rachida Dati und die Zentrumspolitikerin Clara Chappaz. Was als unbedeutende Nachwahl gedacht war, entwickelt sich schnell zu einem hochkarätigen Test für Macrons Fähigkeit, seine zerbrochene Koalition zusammenzuhalten. | | | Bundeskanzler Friedrich Merz und der britische Premierminister Keir Starmer werden heute einen historischen Freundschaftsvertrag unterzeichnen.
Das Dokument ist das erste seiner Art und Teil von Starmers Bemühungen, die Beziehungen zu den EU-Staaten nach dem Brexit neu zu gestalten. Zusammen mit den bereits bestehenden Verträgen zwischen Berlin und Paris sowie Paris und London vervollständigt er ein Dreieck von Freundschaftsverträgen – auch bekannt als E3.
Der Vertrag wird einen starken Fokus auf die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit legen und eine Klausel zur gegenseitigen Unterstützung enthalten, wie eine Quelle aus der deutschen Regierung mitteilte.
Er geht jedoch noch viel weiter und umfasst auch Teile zu Migration, Jugendaustausch und Wirtschaft. Die entsprechenden Maßnahmen bleiben jedoch einem größeren EU-Vertrag überlassen – ein Anliegen der Franzosen, die die Verhandlungen mit Argwohn verfolgten.
Insgesamt ist dies eine Verstärkung des Trends, sich eher auf eine Eliteklasse einflussreicher Staaten als auf die schwerfällige EU-27 zu stützen, um den Kurs für Europa festzulegen, was einige als besorgniserregend empfinden.
Am Mittwochabend wurde jedoch noch über den Namen des Vertrags gestritten. Die Unterzeichnung soll einem mit der Angelegenheit vertrauten Beamten zufolge in einem „renommierten Londoner Museum mit starken deutsch-britischen Verbindungen“ stattfinden. | |
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