| ePredigt vom 05.12.2021 (Jesaja 63, 15 - Jesaja 64, 3) Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 2. Sonntag im Advent. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir bei dem Propheten Jesaja im 63. Kapitel, die Verse 15 bis zum 64 Kapitel, Vers 3. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: So schau nun vom Himmel und sieh herab von deiner heiligen, herrlichen Wohnung! Wo ist nun dein Eifer und deine Macht? Deine große, herzliche Barmherzigkeit hält sich hart gegen mich. Bist du doch unser Vater; denn Abraham weiß von nichts, und Israel kennt uns nicht. Du, Herr, bist unser Vater; "Unser Erlöser", das ist von alters her dein Name. Warum lässt du uns, Herr, abirren von deinen Wegen und unser Herz verstocken, dass wir dich nicht fürchten? Kehr zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbe sind! Kurze Zeit haben sie dein heiliges Volk vertrieben, unsre Widersacher haben dein Heiligtum zertreten. Wir sind geworden wie solche, über die du niemals herrschtest, wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde. Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen, wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser siedenmacht, dass dein Name kundwürde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müssten, wenn du Furchtbares tust, das wir nicht erwarten - und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen ! - und das man von alters her nicht vernommen hat. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohltut, die auf ihn harren. Liebe Gemeinde, wir sind soeben Zeugen eines Gespräches zwischen Gott und dem Propheten Jesaja geworden. Das Gespräch hört sich nun auf den ersten Blick so gar nicht adventlich an. Gottes Volk hatte alles verloren. Sie befanden sich nun schon seit geraumer Zeit in babylonischer Gefangenschaft und harrten der Dinge, die nun kommen sollten. Kein Wunder also, dass sich Resignation breitmachte. Schauen wir uns doch einmal an, wie Jesaja mit dieser Situation umgegangen ist. 1. Anklage Jesaja klagt gegenüber Gott, was das Zeug hält. Er haut Gott so alles um die Ohren, was schief gelaufen ist. Die gesamte Situation scheint so verfahren zu sein, dass man nur noch eines machen kann; nämlich Gott klagen und zugleich anklagen. Dass sie sich auch selber in diese Situation hineinmanövriert haben, das weiß Jesaja zwar, aber dennoch lässt er der Jammerei freien Lauf. Und, liebe Gemeinde, dies ist auch richtig so. Gott will, dass wir mit ihm ganz offen kommunizieren. Er will, dass wir ihm alles auf den Tisch legen, was wir zu klagen haben. Gott will die offene Kommunikation und falls es sein muss auch die offene Konfrontation. Was Gott bestimmt nicht will ist das fromme Gebet und hinterher die Lästerei über ihn. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Ob wir Ärger am Arbeitsplatz haben, ob wir mit der Coronasituation nicht mehr klarkommen oder aber ob wir Opfer der Flutkatastrophe geworden sind und immer noch keine Hilfsgelder erhalten haben, egal, was es auch ist, bringen wir es Gott vor die Füße und nicht unseren Mitmenschen. Denn solange wir Gott noch anklagen, liebe Gemeinde, solange besteht noch Hoffnung. Wer Gott anklagt, der gibt ja zu, dass er an seine Existenz glaubt. Und das ist eben noch nicht Hopfen und Malz verloren. Wer Gott anklagt, der erwartet auch etwas von Ihm und der wartet auf sein Eingreifen. Und Warten hat ja auch etwas mit der Adventszeit zu tun. 2. Das Gebet Wenn wir etwas zu beklagen haben oder wenn wir über eine bestimmte Person und deren Verhalten erzürnt sind, dann kommt häufig nach der Klagephase die Phase der Rachegelüste. Insgeheim schmieden wir in unserem Inneren Pläne, wie wir es derjenigen Person, die der Verursacher unserer Situation zu schein scheint, wie wir es dieser Person mal so richtig heimzahlen können. Wenn wir an unseren Predigttext denken, dann finden wir zu unserer Überraschung, dass Jesaja dies nicht tut. Gewiss er klagt, dass die Wände wackeln, aber danach geht sein Klagen in ein flehentliches Gebet über. Er bittet Gott nicht um Rache, sondern er fleht Gott an, er möge sich doch bitte der Klagen annehmen. Immer, wenn wir dies auch heute noch tun, dann geben wir den Gegenstand unseres Klagens an Gott ab und legen alles in seine Verantwortung. Das ist nicht nur vernünftig, das befreit auch den Geist und macht die Sicht wieder frei nach vorne. Wenn wir dies nicht tun, dann bleiben wir in unserer Jammerei gefangen und drehen uns immer wieder um uns selbst. Und das schlimme ist, dass wir selber natürlich keinen Ausweg finden. Geben wir doch auch heute all unsere Nöte, Sorgen und Ängste an Gott ab und warten, was er daraus macht. Also schon wieder das Warten, welches auch jetzt die Adventszeit bestimmt. 3. Das Unerwartete Jesaja flehte Gott im Gebet an, er möge doch bitte etwas ganz unerwartetes tun, er möge doch etwas tun, was kein Ohr je gehört hat und was kein Auge je gesehen hat. Ja, liebe Gemeinde, und genau dies hat Gott dann auch getan. Wir sehen es in Form des Kindes in der Krippe. Gott kam selber auf die Welt, um uns alle von unserer Sünden zu erlösen. Vollkommen unerwartet und in einem Stall erblickte Gott in dieser Welt als Mensch das Licht der Welt. Er wohnte auch nicht in Herrschaftshäusern und pflegte auch keine guten Beziehungen zu den Mächtigen und Reichen dieser Welt. Dieses Kind in der Krippe nahm sich der Menschen an, die von der Gesellschaft eher verachtet wurden. Er nahm sich eines jeden Menschen an, der mit seinen Nöten und Sorgen zu ihm kam. Keiner wurde weggeschickt, jeder war willkommen. Und an dieses Kommen Gottes in seine Welt, an dieses Kommen denken wir an diesen Adventssonntagen. Und es kommt noch besser. Als dieser Jesus für unsere Sünden am Kreuz gestorben und wieder auferstanden war sagte er uns, dass er alle Tage bei uns ist bis an der Welt Ende. Und dies, liebe Gemeinde, gilt bis zum heutigen Tage. Egal, was uns immer auch bedrücken mag, auch wenn es uns noch so klein scheint, wir dürfen mit allem was uns auf dem Herzen liegt zu diesem Kind kommen und ihm alles übertragen, wie es Jesaja getan hat. Lassen Sie uns unseren Herrn daher loben und preisen, indem wir zum Abschluss des heutigen Gottesdienstes gemeinsam in den ersten Vers des Liedes: Die Nacht ist vorgedrungen..." (EG 16) von Jochen Klepper einstimmen, der da lautet, wie folgt: Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. so sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern ! Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein. Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden Amen. Liebe Gemeinde, ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten zweiten Advent und einen guten Start in diese neue Adventswoche. Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr Ulrich Naber |
|
| |
|