Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier fordert heute zum Mitmachen auf. Nämlich zum Entern der gerade aus dem Bundestag geworfenen FDP. Weil das peinliche Einknicken der Merz-Union als Wahlsiegerin vor SPD und Grünen im bürgerlichen Lager für maximalen Frust sorgt, empfinden viele bisherige CDU-Wähler sich jetzt als politisch heimatlos. Aber Demokratie lebt vom Mitmachen. Und da gibt es derzeit eine seltene Gelegenheit, schreibt Marguier: Nämlich in die FDP einzutreten und sie zu einer Partei zu machen, die „furchtlos gegen den Zeitgeist“ argumentiert und handelt. Jener Zeitgeist tagte heute erstmals in der neugewählten Zusammensetzung im Bundestag. Gregor Gysi hat als Alterspräsident die neue Sitzungsperiode eröffnet. Seine Rede war voller Skurrilität, alt-linker Romantik und ahistorischer Selbstverliebtheit, schreibt mein Kollege Volker Resing. Aber vor allem offenbarte sie eine verblüffend tief sitzende Skepsis gegenüber der parlamentarischen Demokratie. Am Abend zuvor bei „Hart aber fair“ fand der Bremer SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte schon zeitgeistige Worte für die neuen Megaschulden der künftigen Regierenden. Wir erleben, so fürchte ich, einen historischen Paradigmenwechsel der Einstellung zu Staatsschulden. Während früher das vorhandene Geld als Wirklichkeit und Ausgangspunkt politischen Handelns galt, sind nun materielle Versorgungsansprüche zur unverhandelbaren „Realität“ erklärt. So werden Schulden zur Norm und Instabilität langfristig unausweichlich. Eine der Leitfiguren dieser neuen Realität ist SPD-Chef Lars Klingbeil. Er ist Vermittler und Scharfmacher zugleich, schreibt Sozialwisssenschaftler Klaus Wallbaum in seinem Klingbeil-Porträt. So mancher munkelt, Klingbeil wäre ein potenzieller Kanzlerkandidat für die nächste Wahl. Seit Monaten wird in Serbien gegen den amtierenden Machthaber Vučić und für tiefgreifende Reformen demonstriert. EU-Flaggen sind bei den Protesten nicht zu sehen. Kein Wunder: Berlin und Brüssel missachten die Demokratiebewegung. Ein Lithium-Deal scheint wichtiger, analysiert Alexander Rhotert. In der Debatte über den Ukrainekrieg leiten Pazifisten und Moralbellizisten ihre Handlungsmaximen gleichermaßen aus historischen Analogien und normativen Prinzipien ab. Die Überzeugungen mögen andere sein, die philosophische Wurzel aber ist dieselbe: der deutsche Idealismus. Marc Saxer plädiert stattdessen für einen wertebasierten Realismus gegenüber Russland. Ihr Ferdinand Knauß, Redakteur |