Ist die beim Betroffenen eingeholte datenschutzrechtliche Einwilligung überhaupt wirksam, wenn die Widerrufsbelehrung fehlt? Oder riskiert der Verantwortliche vielmehr mit dem Unterlassen der Belehrung die Unwirksamkeit der Einwilligung? Diese Fragestellung wird durch den nachfolgenden Artikel näher beleucht. Voraussetzungen für die Einwilligung Die Vorgaben für eine wirksame Einwilligung, die freiwillig, informiert und unmissverständlich erfolgen muss, finden sich in verschiedenen Artikeln der DSGVO und ergeben nur im Zusammenspiel die vollständigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer wirksamen Einwilligung. Letztendlich enthält Art. 7 DSGVO die Steuerungsvorgaben für die Einwilligung, die durch weitere Vorschriften wesentlich ergänzt werden. • Art. 7 Abs. 1 DSGVO Der Verantwortliche muss belegen können, dass die betroffene Person eingewilligt hat (Beweislastregel). • Art. 7 Abs. 2 S. 1 DSGVO Das Einwilligungsersuchen muss in verständlicher und leicht zugänglicher Form sowie in einer klaren und einfachen Sprache, abgesetzt von anderen Texten, erfolgen (Transparenzgebot). • Art. 7 Abs. 3 DSGVO Normiert die Widerrufbarkeit der Einwilligung (Widerrufsrecht). • Art. 7 Abs. 4 DSGVO Gibt den Beurteilungsmaßstab für die Freiwilligkeit (Freiwilligkeit). • Art. 4 Nr. 11 DSGVO Enthält die Einwilligungsdefinition (Einwilligungsbewusstsein, Informiertheit). • Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO Enthält den Zweck (Zweckbindung). • die Erwägungsgründe EG 32f und EG 42f • sowie Spezialvorschriften Art. 8 DSGVO (Einwilligung eines Kindes), Art. 9 DSGVO (Einwilligung bei besonderen Datenkategorien), Art. 22 DSGVO (Einwilligung im automatisierten Verfahren), Art. 49 DSGVO (Einwilligung bei Datenübermittlungen in Drittländer) – wobei in Artt. 9, 22, 49 DSGVO eine ausdrückliche Einwilligung gefordert wird. Da sich dieser Artikel auf die fehlende Widerrufsbelehrung bei der Einwilligungserteilung konzentriert, empfehlen wir unsere Blogbeiträge zu den übrigen Voraussetzungen der Einwilligung: • Unterliegen Einwilligungserklärungen einem Verfallsdatum? • Einwilligungserklärung: Das empfehlen die Datenschutzbehörden • Grundverordnung: Anforderungen an eine Einwilligung • Anforderungen an die Einwilligung von Kindern nach der DSGVO – Teil 2 • EDSA: Neue Leitlinien zur Cookie-Einwilligung auf Webseiten • Google Analytics und Co. nur noch mit Einwilligung der Nutzer? Voraussetzungen für den Widerruf Grundsätzlich muss der Widerruf so einfach erfolgen, wie die Einwilligung eingeholt wurde, d.h. er kann gem. Art. 7 Abs. 3 S. 4 DSGVO formlos und ohne Begründung erfolgen. Die freie Widerrufbarkeit der Einwilligung ist abschließend in Art. 7 Abs. 3 DSGVO normiert. Damit wird sichergestellt, dass die betroffene Person in Ausübung ihres informationellen Selbstbestimmungsrechtes jederzeit in der Lage ist, eine einmal getroffene Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Diese umfassende Korrekturmöglichkeit ist mit der insbesondere im Zeitalter von Big Data oder Künstlicher Intelligenz einhergehenden Komplexität und den schwer zur durchschauenden Datenverarbeitungsvorgänge oder teilnehmenden Akteuren geschuldet und zugleich gerechtfertigt. Denn die Möglichkeiten einer Datennutzung und Auswertung steigen stetig, so dass für die natürliche Person berechtigterweise die Möglichkeit gegeben sein muss, eine einmal erteilte Einwilligung, bei ggf. neuen Erkenntnissen in Bezug auf die Datenverarbeitung, jederzeit zu widerrufen. Für eine Anfechtung aus Täuschung, Drohung oder aufgrund eines Irrtums, die dem tatsächlichen Willen des Betroffenen widerspricht, besteht bei dieser umfangreichen Widerrufsmöglichkeit daher kein Grund mehr, da es der betroffenen Person möglich ist, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie den Widerruf einlegt. Mit dem Widerruf tritt die ex-nunc-Wirkung ein, d.h. die weitere Datenverarbeitung durch den Verantworltichen ist ab dem Ausspruch des Widerrufes nicht mehr zulässig, es sei denn, es liegt eine andere Rechtsgrundlage, wie etwa Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO hierfür vor. Die zuvor erfolgte Datenverarbeitung hingegen bleibt von dem Widerruf unberührt. Folgen der fehlenden Widerrufsbelehrung Fraglich ist, ob es, wenn die Einwilligung ohne Widerrufsbelehrung eingeholt wurde, bei einem Widerruf vielleicht doch zu einer ex-tunc-Wirkung kommt, d.h. die Einwilligung von Beginn an unwirksam sein könnte. Orientiert man sich an dem Verordnungstext, dann regelt Art. 7 Abs. 2 S.2 DSGVO explizit, dass "Teile der Erklärung dann nicht verbindlich sind, wenn sie einen Verstoß gegen diese Verordnung darstellen" mit anderen Worten, wenn dem Transparenzgebot nicht Genüge getan wurde. Für den Widerruf wird in Art. 7 Abs. 3 DSGVO eine derartige "Nicht-Verbindlichkeit" der erteilten Einwilligung nicht festgehalten, so dass hieraus zu schließen ist, dass die Verordnung allein auf die fehlende Widerrufsbelehrung keine Unwirksamkeit der Einwilligung begründen wollte. Die fehlende Widerrufsbelehrung bedingt daher zwar einen Verstoß gegen die DSGVO, nicht jedoch die Unwirksamkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung. Dies hat konsequenterweise zur Folge, dass alle vor der DSGVO ohne Widerrufsbelehrung eingeholten Einwilligungen weiterhin Bestand haben, es sei denn, man geht von einem zeitlichen Verfall einer Einwilligung aus.
Einschränkung der Widerruflichkeit Keinesfalls möglich ist ein genereller im Vorhinein vereinbarter Widerrufsverzicht des Betroffenen. Allerdings wird eine Einschränkung der Widerruflichkeit in bestimmten Fällen für möglich erachtet. So hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 11.12.2014 - 8 AZR 1010/13) dahingehend entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der in die Veröffentlichung von Videoaufnahmen eingewilligt hat, diese Einwilligung nur widerrufen kann, wenn im Rahmen einer Interessensabwägung ein plausibler Grund seitens des Arbeitnehmers geltend gemacht werden kann, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nun gegenläufig wahrzunehmen. Ferner könnte dem Grundsatz von Treu und Glauben ein vertragliches Rücksichtnahmegebot auch außerhalb des Arbeitsrechts entspringen, so dass dies eine Einschränkung der Widerrufbarkeit der Einwilligung in einem Vertragsverhältnis begründen könnte. Bedenkt man jedoch, dass dann, wenn die datenschutzrechtliche Einwilligung in ein Vertragsverhältnis eingebunden ist, z. B. die betroffene Person erhält für die Fotonutzung ein Entgelt, die Datennutzung auf zwei Rechtsgrundlagen beruht, nämlich • zum einen auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO also der datenschutzrechtlichen Einwilligung und • zum anderen auf dem Vertragsverhältnis zwischen dem Verantwortlichen und der betroffenen Person gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO. Wird nun seitens der betroffenen Person die Einwilligung widerrufen, kann die weitere Datennutzung durch den Verantwortlichen durchaus noch im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO zur Erfüllung oder Durchführung des Vertrages erforderlich sein. Kein Erfordernis das Widerrufsrecht zu beschneiden Es bedarf daher keiner Einschränkung des Widerrufes, zumal der Wortlaut in Art. 7 Abs. 3 DSGVO eindeutig belegt, dass die Widerrufsmöglichkeit der betroffenen Person uneingeschränkt ist. Wenn die Wirksamkeit der Einwilligung nicht von der Widerrufsbelehrung abhängt, dann muss das Widerrufsrecht uneingeschränkt gelten. Dies wird auch durch EG 45 S. 5 belegt, der darauf verweist, dass die betroffene Person, widerrufen können muss, ohne einen Nachteil zu erleiden. Überdies bedarf es auch keiner Einschränkung des Widerrufsrechtes, da der Vertragspartner, wie oben dargelegt, im Falle eines Widerrufes die erforderliche weitere Verarbeitung auf einen anderen Rechtsgrund stützen kann. Beitrag hier kommentieren |