Eine große Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau
Eine große Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau von Sven WeisenhausDie Stimmung an den Aktienmärkten ist derzeit überwiegend bullish. Das ist verständlich, schließlich sieht man in fast allen Indizes steigende Kurse. Und in den einschlägigen Medien wird auch fleißig darüber berichtet. Doch schaut man genauer hin, stellt man fest, dass es seit einiger Zeit schon bei Weitem nicht mehr so rasant aufwärts geht wie von März bis Juni. Und wie hier in der Börse-Intern schon mehrfach zu lesen war, können nur relativ wenige Aktien noch nennenswert zulegen. Eine Frage der Sichtweise Der Nasdaq 100 ist dabei offenkundig der klare Outperformer. Das steht für Viele nach dem irren Anstieg von März bis Juni (+63 %, siehe folgender Chart) außer Frage. Doch ist das immer noch der Fall? Seit seinem Zwischenhoch vom 13. Juli hat der Technologieindex bis heute nur noch etwas mehr als 1,9 % hinzugewinnen können – in einem Monat. Die Aufwärtsrally hat sich also massiv abgeschwächt. Da lief der S&P 500 zum Beispiel deutlich besser, mit +4,7 % im selben Zeitraum. Doch auf die fast exakt gleiche Performance kommt dieser Index, wenn man vom Zwischenhoch des 8. Juni ausgeht. Und ein Gewinn von 4,8 % in mehr als zwei Monaten klingt schon deutlich weniger berauschend. Beim Dow Jones sieht es noch magerer aus. Seit dem 8. Juni gab es hier nur einen Gewinn von rund 2 %. Und beim DAX müssen einige Anleger sogar auf eine negative Performance blicken. Denn wer am Hoch des 5. Juni eingestiegen ist, stellt fest, dass der DAX nach mehr als zwei Monaten heute unter dem damaligen Niveau notiert. Nur wem es gelungen ist, vor den kurzen scharfen Rücksetzern im Juni aus- und am Tief wieder einzusteigen, dürfte nennenswert höhere Gewinne erzielt haben als die Indizes. Doch da die Korrektur sehr plötzlich kam und sich diese im Dow Jones und S&P 500 sogar im Wesentlichen an nur einem Tag abspielte, dürfte nur den wenigsten Tradern ein perfektes Timing gelungen sein. Sicherlich ist es eine Frage der Sichtweise. Und wie ich am Dienstag bereits geschrieben habe, kann man es auch bullisher ausdrücken, wenn man die Performance der Indizes seit Ende Juni heranzieht. Aber diese letztlich maue Performance der Aktienmärkte bestätigt nur die skeptischen Tönen hier in der Börse-Intern in den vergangenen Wochen. Korrektur-Prophet Ein Leser warf mir allerdings vor, einige meiner Argumente seien „sehr reißerisch und wenig hilfreich für privaten Investoren“ gewesen. „Sie sind zwar kein Crash-Prophet, aber ein Korrektur-Prophet schon“, schrieb mir der Leser, allerdings mit einem zwinkernden Smiley angehängt. Ich will dem Leser hier gar nicht großartig widersprechen. Aber man stelle sich mit Blick auf die Charts oben einmal vor, was passiert, wenn die Aktienindizes nun in eine scharfe Herbstkorrektur gehen. Dann werden die Gewinne der vergangenen zwei Monate schnell komplett verloren gehen – und sogar noch deutlich mehr. Eine große Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau Sollte zum Beispiel der S&P 500 im Rahmen einer saisonalen Herbstkorrektur dieses Mal um 15 % nachgeben – was sicherlich nicht ungewöhnlich wäre nach dem Anstieg um fast 55 % seit März – dann würde er damit auch wieder an das Hoch des Jahres 2018 zurückfallen. Dazu noch einmal der Chart aus der gestrigen Börse-Intern: Und Leser, die sich schon länger mit Informationen aus der Börse-Intern versorgen, werden sich vielleicht daran erinnern, dass ich seit dem Kurseinbruch von Anfang 2018 immer wieder die Erwartung einer „großen Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau“ geäußert habe – siehe zum Beispiel die Börse-Intern vom 14. Februar 2018. Mit einer Rückkehr auf das Hoch von 2018 würde der S&P 500 schon seit mehr als zwei Jahren seitwärts tendieren, im Rahmen eben dieser erwarteten großen Range auf hohem Niveau. Beim Dow Jones reicht dazu schon ein Rücksetzer um rund 5 %. Ohne Frage hatte ich damals eher an eine nicht ganz so volatile Seitwärtsbewegung gedacht, mit einem deutlich geringeren „Überschießen“ auf der Ober- und Unterseite. Aber zumindest habe ich auch von diesem Überschießen immer wieder geschrieben (siehe zum Beispiel „US-Indizes: Ein Überschießen nach unten und oben“). Und jetzt wird deutlich, dass sich die Seitwärtsbewegungen in den US-Indizes Dow Jones und S&P 500 als Trompeten darstellen (blaue und lila Linien). Dieses Kursmuster begleitet die Charts aus der Börse-Intern auch schon eine ganze Weile. Auch 2018 waren steigende Renditen das Problem Und schon in der Börse-Intern vom 14. Februar 2019 ging es darum, dass der Markt bei einer abnehmenden Unterstützung der Notenbanken (steigende Leitzinsen) einerseits belastet, durch die Fortschreitung der wirtschaftlichen Erholung aber andererseits gestützt wird (siehe auch gestrige Börse-Intern). Und das sollte dann aufgrund der relativ hoch bewerteten Aktienmärkte zu der „großen Seitwärtstendenz auf hohem Niveau“ führen. Natürlich sind die Zinsen aktuell noch längst nicht so hoch, dass sie eine ernsthafte Konkurrenz für den Aktienmarkt darstellen können. – Anfang 2018 löste ein Ausbruch der Renditen 10-jähriger Staatsanleihen auf über 2,70 % aus meiner Sicht den Kurseinbruch am Aktienmarkt aus. Derzeit liegt die Rendite bei ca. 0,60 %. – Und so könnten sich die Aktienmärkte nach einer möglichen Herbstkorrektur mit Hilfe einer Jahresendrallye bis ins Jahr 2021 hinein auch noch einmal erholen. Doch wenn die Notenbanken dann gezwungen sind, ihre expansive Geldpolitik zurückzufahren, weil die Wirtschaft ihr Vor-Krisen-Niveau und die Inflation das Ziel der Notenbanken erreicht hat, dann könnten sich die Aktienmärkte wieder belastet zeigen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Renditen am Anleihemarkt bis dahin auch wieder ein konkurrenzfähiges Niveau erreicht haben. Fazit Mit der gestrigen und der heutigen Börse-Intern haben Sie einen Fahrplan für die kommenden Monate. Die Märkte dürften demnach also ihre extrem volatilen Bewegungen, die seit 2018 zu beobachten sind, fortsetzen und dabei letztlich eine „große Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau“ ausbilden. Da ist es nur logisch, dass ich bei fallenden Kursen irgendwann zum Einstieg rate und bei stark gestiegenen eben vor einer erneuten Korrektur warne. Leider sind Seitwärtsbewegungen grundsätzlich sehr schwer zu traden. Und erschwert wird die aktuelle (seit 2018 laufende) dadurch, dass sowohl die Abwärts- als auch die Aufwärtsbewegungen Rekorde aufstellen. Ich fürchte, diese Tendenz wird uns auch weiterhin begleiten, dank des immer größeren Einflusses der Notenbanken. Hoffen wir nur, dass das Ganze nicht völlig aus dem Ruder läuft. Denn dann könnte die nächste Abwärtswelle die diesjährige noch übertreffen – und womöglich wieder die unteren Linien der Trompeten angelaufen werden. Und dann würde man mich womöglich doch noch Crash-Prophet nennen. Ich will es nicht hoffen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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