Freitag, 11. Oktober 2024 | |
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 |  | LITERATUR | |
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| Liebe Leserin, lieber Leser, |
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dieser Tage gab es einen Gesprächsstoff im Gebiet der Literatur: den Verkauf des Suhrkamp-Verlags an den Hamburger Immobilienkaufmann Dirk Möhrle. Der war schon lange mit 39 Prozent der Aktien am ehedem Frankfurter, jetzt Berliner Haus beteiligt; jetzt hat er alle Anteile übernommen.  | Jürgen Kaube | Herausgeber. | |
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| Die Geschichte des Hauses Suhrkamp ist seit einer Zeit schon ein Familienroman. Nach dem Tod des Verlegers Siegfried Unseld übernahm seine Witwe, Ulla Unseld-Berkéwicz , die eigentlich Ursula Schmidt hieß und Berkéwicz als Künstlernamen führt, im Jahr 2003 den Vorsitz der Geschäftsführung. Der Sohn Unselds, Joachim Unseld, der 1988 gleichberechtigter Verleger geworden war, verließ das Haus im Streit mit seinem Vater; einem Streit, von dem es heißt, er habe sich um den wachsenden Einfluss von Ulla Berkéwicz gedreht.
Nicht minder heftig war der Streit Berkéwiczs mit dem Minderheitsgesellschafter Hans Barlach. Der Verlag war in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, Barlach bestritt die Fähigkeit der Schriftstellerin, den Verlag zu führen. Man überzog einander mit Prozessen. 2013 wurde ein Insolvenzantrag gestellt. Erneut Klageschriften von beiden Seiten, man musste mindestens Professor für Gesellschaftsrecht sein, um das Prozessgeschehen noch zu überblicken. Seitens des Teams Berkéwicz wurde nicht ohne Gründe der Eindruck erweckt, Hans Barlach sei eine Finanzheuschrecke, der es nur darum gehe, den Verlag auszuplündern. Seitens Barlachs wurde umgekehrt darauf hingewiesen, dass sich Ulla Unseld-Bérkewicz in Berlin eine Villa im Grunewald vom Verlag finanzieren lasse, ohne dass dieser etwas davon habe.
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Der neue Eigentümer, Dirk Möhrle, war mit Hans Barlach befreundet. Er übernahm nach dessen Tod 2015 seine Anteile und hat nur auch diejenigen der Unternehmerfamilie Ströher, die zwischenzeitlich finanziell eingesprungen waren, sowie die Anteile von Ulla Unseld-Berkéwicz übernommen.
Möhrle war Baumarktunternehmer und hat ein ähnliches Familiendrama hinter sich wie Joachim Unseld , allerdings nicht mit einer boshaften Stiefmutter, sondern mit Eltern, die ihn enterbten, und Geschwistern, die das gut fanden. Im Gespräch mit Sandra Kegel hat er davon berichtet, aber insgesamt einen recht ausgeruhten Eindruck gemacht.
Natürlich heißt es jetzt, wie es denn sein könne, dass jemand, der sich mit dem Verkauf von Bohrmaschinen auskennt und mit Immobilien, zum Eigentümer von Deutschlands Symbolverlag für Geist, Kritik und schöne Literatur wird. Er fand Frank-Walter Steinmeiers „Wir“ ein gutes Buch, man denke nur. Dass Siegfried Unselds Lieblingsautor Hermann Hesse war, gerät dabei in Vergessenheit. Aus den „Buddenbrooks“ wissen wir, dass die Leser Schopenhauers nicht unbedingt die besseren Unternehmer sind. Allerdings ging es da um Getreide und nicht um Peter Handke.
Möhrle will den Verlag aber auch gar nicht inhaltlich leiten. Er hat sich jahrelang anschauen können, wie er geführt wurde und wird seine Schlüsse daraus gezogen haben. Dass Ulla Unseld-Berkéwicz und die Familie Ströher an ihn verkauft haben, dafür wird es Gründe geben. Ihm von vornherein zu unterstellen, er komme von der dunklen, geistlosen Seite, ist selbst geistlos und nicht sehr helle.
Irgendwann wird jemand den Familien-, Lügen- und Gerichtsroman des Hauses Unseld aufschreiben. Hört man all die Anekdoten und Gerüchte, die es hervorgebracht hat, wünschte man, ein Schriftsteller zu sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Jürgen Kaube
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Unsere morgen zur Frankfurter Buchmesse (16. bis 20. Oktober) in der F.A.Z. erscheinende Beilage mit Rezensionen wichtiger Neuerscheinungen setzt mit der Besprechung des Auftaktbands zur ersten deutschen Komplettübersetzung eines italienischen Klassikers ein: Giacomo Leopardis „Zibaldone“. Außerdem ist Italien als Gastland mit Romanen von Igiaba Scego und Antonio Scutari vertreten. Weitere Klassikerbesprechungen gelten Christine de Pizan, Joseph Conrad sowie Bram Stoker, und Titiou Lecoq erklärt ihre Sympathie für Balzac. An deutschsprachiger Literatur sind Bücher von Daniela Seel, Frank Schulz, Ulrike Draesner, Peter Kurzeck, Isabel Bogdan und Martin R. Dean zu nennen, englischsprachige mit Titeln von Anne Burns, George Saunders und Philipp B. Williams. Amir Hassan Cheheltans neuer Roman führt nach Teheran, der von Sasha Filipenko nach Russland. Die Hörbuchkritik gilt Stefanie Sargnagel. Kinder- und Jugendbücher haben gewohnt großen Platz.
Die Sachbücher setzen ein mit Venki Ramakrishnans Darstellung der Erforschung des Alterns. Florian Klenk widmet sich der Gerichtsmedizin, Marco Meier dem Leben Inge Feltrinellis, Anselm Schubert der Geschlechtergeschichte Christi. Andreas Reckwitz denkt über Verlusterfahrungen nach, Rudolf Carnap und Otto Neurath diskutieren in Briefen. Jens Bisky schildert den Untergang der Weimarer Republik, Christian Hesse schreibt über die Macht der Mathematik, Mary Beard über römische Kaiser. Thomas Kaufmann, Lyndal Roper und Gerd Schwerhoff über den Bauernkrieg, Bernhard Löffler über bayerische Geschichte, Anne Applebaum befasst sich mit Autokraten. Jürgen Habermas steht Rede und Antwort, Ernst Strouhal legt Essays und Reportagen vor, Joan Fontcuberta fotografiert Korallen. Den Schluss machen wie immer politische Bücher.
Das Literaturspezial der F.A.S., das am Wochenende erscheint, feiert ebenfalls die diesjährige Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels, Anne Applebaum, für ihre Recherche über die weltweiten Netzwerke der Autokraten, und blickt mit Francesca Melandri und Vincenzo Cerami nach Italien. Moritz Baßler liest Thomas Meineckes „Odenwald“, Adrian Daub Johannes Franzens „Wut und Wertung“, Guillaume Paoli Andreas Reckwitz‘ „Verlust“. Gefragt wird, ob Joshua Groß‘ Klimawandelroman „Plasmatropfen“ magischer Realismus oder fabelhafter Unsinn ist und Cemile Sahins „Kommado Ajax“ ein Drehbuch? Ayana Mathis und Tim O’Brien gehen den Konflikten und Ängsten der schwarzen und weißen USA auf den Grund. Der Sänger der Punkband Slime, Tex Brasket, schildert im Interview , wie er als drogenabhängiges Baby zur Welt kam, obdachlos wurde und heute vor 40.000 Menschen spielt. Die französische Schriftstellerin Neige Sinno spricht über den sexuellen Missbrauch durch ihren Stiefvater. Peter Heather und John Rapley finden im Untergang des Römischen Reiches Ähnlichkeiten zu heutigen Krisen, Davi Kopenawas hat ein indigenes Manifest entworfen. Und die Irin Anna Burns ist „größtenteils Heldenhaft“.
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| | | Die Fragen des Literaturrätsels im Oktober kreisen alle um Tiere in der Literatur, der Lyrik, auf der Bühne. Es sind ein paar bekannte Tiere darunter, aber auch ein paar weniger berühmte. Wer kennt sie? |
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Geschäftsführer: Thomas Lindner (Vorsitzender), Dr. Volker Breid Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler | © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH 2001 – 2024 Alle Rechte vorbehalten. |
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