Eine erste Verfallstagsanalyse für den Dezember
Eine erste Verfallstagsanalyse für den Dezember von Torsten EwertSehr verehrte Leserinnen und Leser, der Verfallstag im Dezember ist bekanntlich nicht nur der letzte des Jahres, sondern auch der vierte große Verfallstag des Jahres. Obwohl der Verfallstag erst am 20.12., also am zweitspätesten Termin, ist, werfen wir heute schon einen (frühen) Blick auf die Konstellation im DAX. Die aktuelle Positionierung zum großen Dezember-Verfallstag Dazu wie gewohnt zunächst das aktuelle Verfallstagsdiagramm: Wie schon in den Vormonaten notiert der DAX aus Sicht der Stillhalter im positiven Terrain – oberhalb des aktuellen Kurses von rund 13.110 Punkten (siehe Pfeile im Verfallstagsdiagramm) befinden sich überwiegend Call-Positionen (blaue Balken). Viele Call-Positionen mit niedrigen Basiswerten liegen also längst im Geld und sind weitgehend abgesichert. Das gilt insbesondere für die zweitgrößte Call-Position der aktuellen Positionierung bei 13.000 Punkten. Die Put-Positionen (rote Balken) sind dagegen fast alle aus dem Geld und daher (vorerst) bedeutungslos. Das kann sich aber sehr schnell ändern. Denn bei 13.000 Punkten liegt nicht nur eine Call-Position, sondern auch eine große Put-Position, und zwar die größte überhaupt. Die 13.000er Marke ist daher das neuralgische Niveau zum bevorstehenden Verfallstag: Wenn die Kurse wieder unter dieses Level zurückfallen, wird die bestehende Absicherung der großen Call-Position aufgelöst, während für die große Put-Position eine Absicherung aufgebaut werden dürfte (zumindest teilweise). Und bekanntlich wirken der Abbau einer Call-Absicherung und der Aufbau einer Put-Absicherung verstärkend auf die Abwärtsbewegung, die sie erzeugt. Wenn also der DAX unter 13.000 Punkte fällt, kann es zunächst zu einem weiteren dynamischen Rückfall kommen – bis der Effekt durch den Ab- bzw. Aufbau der Absicherungen wieder abgeklungen ist. Das DAX-Kursziel zum Dezember-Verfallstag Da die 13.000er Marke diesmal so eine wichtige Scheidemarke für die Stillhalter ist, fungiert sie zugleich (aus aktueller Sicht!) als ideales Kursziel zum Verfallstag. Der Grund dafür ist einfach: Auf diesem Niveau würden beide großen Positionen – Call und Put – wertlos verfallen, die Stillhalter bräuchten für keine dieser beiden Positionen eine Absicherung und weil dabei zwei gegensätzliche Positionen im Spiel sind, haben auch noch Bullen und Bären ein gemeinsames Kursziel (zumindest was die Stillhalter betrifft). Allerdings steht der DAX mit aktuell rund 13.110 Punkten schon relativ dicht an dieser Zielmarke. Und bis zum Verfallstag sind noch fast zwei Wochen Zeit. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass der DAX die ganze Zeit einfach nur in Richtung dieser Zielmarke dümpelt (obwohl das durchaus möglich ist). Das ist vor allem auch deshalb unwahrscheinlich, weil sich ja nicht nur die Stillhalter an der Börse tummeln, sondern noch viele andere Trader und Anleger, denen völlig egal ist, welche Position zum Verfallstag ins Geld läuft oder nicht. Ein realistisches Szenario ist daher eine relativ volatile Bewegung um die 13.000-Punkte-Marke bis zum Verfallstag. Diese könnte dadurch entstehen, dass Bullen oder Bären versuchen, den DAX in ihre gewünschte Richtung zu drücken, während die konträr dazu positionierten Stillhalter genau das Gegenteil anstreben: den DAX wieder zurück zur 13.000er Marke zu bewegen. Wie die Charttechnik das Verfallstags-Szenario unterstützt Die bisherige Konsolidierung deutet darauf hin, dass das Kräfteverhältnis von Bullen und Bären etwa ausgeglichen ist. Wenn das auch weiterhin so bleibt, dann könnte es also tatsächlich zu einem knapp zweiwöchigen Hin und Her um die 13.000-Punkte-Marke kommen. Das ist auch charttechnisch plausibel, wie der folgende Chart zeigt: Seit dem Hoch vom November befindet sich der DAX trotz aller zwischenzeitlichen Seitwärts-Mätzchen in ein einer klaren Abwärtsbewegung, da bereits niedrigere Hochs und Tiefs vorliegen. Aufgrund der relativ geringen Ausdehnung und des moderaten Verlaufs dieser Abwärtsbewegung hat diese allerdings nur den Charakter einer Konsolidierung, für die sich bereits ein möglicher Konsolidierungskanal (rot) bestimmen lässt. Innerhalb dieses Kanals hat der DAX zuletzt sowohl die Unter- als auch die Oberkante nochmals bestätigt. Auch heute ging der Kurs – trotz der starken US-Indizes am Freitag – nicht über die obere rote Abwärtslinie hinaus. Wir können also davon ausgehen, dass der Kanal fortgesetzt wird. Dabei würde sich der Kurs zunächst um die 13.000er Marke schlängeln. Bis zum Verfallstag könnte sich der DAX aber auch innerhalb des (vorerst nur hypothetischen) gelben Rechtecks weiterbewegen, das durch das Zwischenhoch vom vergangenen Donnerstag bei knapp 13.200 Punkten (siehe roter Pfeil) und das Niveau des kleinen Zwischentiefs von Ende Oktober bei knapp 12.800 Punkten (dünne hellgrüne Linie) begrenzt würde. Dieses Rechteck läge nahezu symmetrisch um die 13.000-Punkte-Marke und würde sich damit perfekt als „Bewegungsrahmen“ für den DAX bis zum Verfallstag eignen. Es hätte auch eine etwas größere Ausdehnung als der aktuelle Konsolidierungskanal und könnte dadurch die oben erwähnte erhöhte Volatilität problemlos aufnehmen. Warum starke Kursbewegungen bis zum Verfallstag unwahrscheinlich sind Allerdings ist das bisher nur ein mögliches Szenario zum Verfallstag, das wir natürlich anpassen würden, wenn sich bis dahin neue Entwicklungen ergeben. Das könnten z.B. deutliche Kursbewegungen nach oben oder unten über die angegebenen Grenzen hinaus sein. Da der DAX dabei aus Sicht des Verfallstags entweder noch tiefer in das positive Terrain vorstoßen oder wieder zurück in den negativen Bereich rutschen würde, könnten sich (durch eventuelle Absicherungen) dynamische Kursbewegungen ergeben. Allerdings halte ich solche Bewegungen nur dann für möglich, wenn positive externe Ereignisse entsprechende Kursschübe auslösen würden. Dafür kommt insbesondere eine (erste) Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China infrage, die unter Umständen noch in dieser Woche getroffen werden könnte (vor der Einführung der für den 15.12. angekündigten neuen Strafzölle der USA; siehe Börse-Intern vom 04.12.2019). Sonst sind dynamische Kursbewegungen eher unwahrscheinlich: Oberhalb des aktuellen DAX-Kurses liegen, wie gesagt, fast nur noch Call-Positionen. Einen steigenden DAX würden die Call-Stillhalter daher versuchen zu drücken, wobei mangels Put-Positionen kaum eine Gegenwehr der Put-Stillhalter zu erwarten ist. Unterhalb von 13.000 Punkten könnte es zwar etwas dynamischer abwärts gehen, aber spätestens im Bereich von 12.650 Punkten dürften die Bullen eine Gegenbewegung starten – um einen erfolgreichen Test des alten Jahreshochs zu schaffen. Die nächste große Put-Position liegt aber erst bei 12.600 Punkten. Wenn diese ins Geld läuft (und abgesichert werden müsste), liegt aber auch ein Fehlausbruch am Hoch vom Juli vor. Dann könnten unabhängig vom Verfallstag die Dämme im DAX brechen und die Kurse rasch fallen. Fazit Das Kursziel des DAX zum Verfallstag sind 13.000 Punkte, wobei der DAX bis dahin diese Linie noch mehrfach unter- und überschreiten könnte. Relativ unwahrscheinlich ist bis dahin dagegen ein Ausbruch über das Allzeithoch und ein Rückfall unter das Juli-Hoch. Das gilt jedoch nur aus Sicht der Verfallstagspositionierung. Externe Auslöser, welche die Kurse in die eine oder andere Richtung schnellen lassen, können diese Überlegungen natürlich jederzeit außer Kraft setzen. Mit besten Grüßen Ihr Torsten Ewert
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