Liebe/r Leser/in, Sie erinnern sich noch an diese rührende Szene des 3. Dezember? Genau: Ich meine den Vormittag des 3. Dezember 1805 im stillen Winkel eines Berliner Pelzgeschäfts. Sie sagte zu ihm, er möge doch, wenn er nun in den Krieg ziehe, seine hiesigen Freunde nicht vergessen. Darauf antwortete er: „Oh, wer Sie einmal gesehen hat, der vergisst Sie nie.“ Und er küsste ihre Hand. Zwei Jahre kannten die beiden sich damals schon, die 26-jährige Marie Gräfin von Brühl und der 25-jährige Carl von Clausewitz. Zu einer derartigen Eruption der Gefühle aber war es zuvor nie gekommen. Nach jenem seligen Moment im Pelzgeschäft waren sie über Monate getrennt. Und es sollten bis zur Hochzeit noch Jahre vergehen. Seit dem 3. Dezember 1805 aber wussten sich die beiden versprochen. Der „Bund der Seelen“, so schrieb sie später, war geschlossen. Sie hatten ausgesprochen, was ausgesprochen werden musste. Und: Er hatte dieses Einverständnis mit einem Kuss besiegelt. Mit einem Handkuss nur. Aber mit einem Kuss. Das ist der Grund, warum Sie und ich so gerne an diese Szene zurückdenken: Sie belegt die Kraft, besser: die existenzielle Bedeutung jener Geste, bei der die Lippen eines Menschen den Körper eines anderen Menschen berühren. Um ihm Achtung zu erweisen, um ihn zu verehren – oder um ihn Liebe spüren zu lassen. Seit dem Wochenende ist offenkundig, dass Nancy Faeser keine Ahnung vom 3. Dezember 1805 hat. Keine Ahnung von der alles überwältigenden, die Seele erschütternden, das Leben umstürzenden Wucht eines Kusses. Die Bundesinnenministerin verabschiedete sich bei einer SPD-Veranstaltung anlässlich des hessischen Wahlkampfs auf dem Marktplatz in Baunatal vom angereisten Bundeskanzler. Sie wollte sich von ihm verabschieden. Mit einem flüchtigen, fotogenen Kuss auf die Wange des Genossen Scholz. Der sah die heranstürmende Dame, konnte zwar nicht mehr ausweichen, drehte aber im letzten Moment seinen Kopf aus der Zielzone der Faeserschen Lippen. Weil der Mund der Ministerin seines eigentlichen Landegebiets verlustig ging, geriet die Annäherung außer Kontrolle. Frau Faesers linke Backe knallte an die rechte des Herrn Scholz, und das groteske Bild der havarierten Gesichter von Ministerin und Kanzler verdarb den Auftritt in Baunatal. | | Unsere Laune verdirbt es nicht. Belegt doch der Auffahrunfall im nördlichen Hessen, dass zumindest der Kanzler vom Wert eines Kusses durchaus weiß. Wir küssen uns, weil wir miteinander vertraut sind, weil wir uns nahe sein wollen. So nahe, dass wir uns zusammengehörig fühlen. Ein Kuss bestätigt und bezeugt diese Zusammengehörigkeit. Im römischen Recht besitzt der Verlobungskuss gar eine bindende, vertragliche Kraft. Der Kanzler aber will sich mit seiner Ministerin nicht verloben. Er will mit ihr nicht zusammengehören. Und er will mit ihr nicht vertraut sein. Wohl, weil er ihr in mancher Hinsicht nicht mehr traut. Er weiß nicht, ob sie eine Personalaffäre, die derzeit den Bundestag beschäftigt, heil übersteht. Er befürchtet, dass ihm seine für Einwanderung verantwortliche Ministerin bei diesem so wichtigen Thema keine Hilfe ist. Und einen Sieg oder ein zumindest gutes Abschneiden bei der Hessenwahl traut er ihr auch nicht zu. Kurz: Frau Faeser ist ein Problem für Scholz. Ein Problem, das er sich vom Leib halten will. Auch wenn ein öffentlicher Kuss von ihr nicht gleich den „Bund der Seelen“ besiegelt hätte – er wäre als Versprechen zu deuten gewesen: Wir halten zusammen, wir bleiben zusammen. Ein derartiges Versprechen will der Kanzler seiner Innenministerin nicht geben. Uns so missglückte am Wochenende auf dem Marktplatz im nordhessischen Baunatal ein Kuss. | Herzlich grüßt Markus Krischer, stellvertretender Chefredakteur FOCUS Magazin |
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