Heribert Prantl beleuchtet ein Thema, das Politik und Gesellschaft (nicht nur) in dieser Woche beschäftigt.
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22. Dezember 2024
Prantls Blick
Die politische Wochenschau
Prof. Dr. Heribert Prantl
Kolumnist und Autor
SZ Mail
Guten Tag,
an Weihnachten komme ich bisweilen ins Zweifeln. Ich zweifle dann an der Weihnachtsbotschaft. Sie lautet bekanntlich „Friede den Menschen auf Erden“. Die Engel verkünden diesen großen Frieden auf den Feldern von Bethlehem. Kann es sein, dass diese wunderbar-fantastische Erzählung vom Frieden eine Lüge ist? Eine barmherzige Lüge, um die Hoffnung am Leben zu erhalten? Wo ist denn der Friede, zweitausend Jahre nach seiner Verheißung – wieder und wieder erzählt, aber nie eingetroffen? Wo ist der Friede in der Ukraine, wo ist er in Gaza?

Heilige Gelbe Rübe
„Et in terra pax“ singen die Engel. Ist der Friede eine heilige Karotte, eine heilige gelbe Rübe, die den Gläubigen vor die Nase gehalten wird? Ist das ein leichtfertiges Jahrtausend-Versprechen? Ist das ein Schwindel? Die Antwort, die ich für mich gefunden habe, lautet so: Weihnachten ist das Fest, an dem Gott sich klein, sich zu einem Kind macht, auf dass die Menschen verstehen, dass sie das Überwinden der von ihnen angerichteten Katastrophen nicht einfach Gott im Himmel überlassen können, der ja angeblich, wie es im Kirchenlied heißt, „alles so herrlich regieret“. So gesehen ist Weihnachten gar nicht possierlich. Es verlangt ziemlich viel: Es verlangt, vom Erzählen ins Handeln zu kommen. Es verlangt orare et laborare, Beten und Arbeiten an einer besseren Welt.

Dafür steht Weihnachten. Wer noch ein wenig Weihnachtsglauben in sich hat, kann es so sehen und so sagen: Wenn Gott menschlich werden konnte, dann kann auch der Mensch menschlich werden. Das ist die Hoffnung auf die Zeitenwende.
SZPlus Prantls Blick
Zum Attentat in Magdeburg: Wann bist Du eigentlich lieb, lieber Gott?
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Ich wünsche Ihnen in den nächsten Tagen wenigstens einen Funken von dem, was meine Großmutter mir an Heiligabend wünschte: Glückseligkeit.  Meinen nächsten Newsletter erhalten Sie am 6. Januar.
Heribert Prantl
Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung
SZ Mail
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Prantls Leseempfehlungen
Im Anfang war das Wort
Es ist der Sonntag vor Weihnachten. Heute kommt von mir kein klassischer Buchtipp, keine letzte schnelle Empfehlung für ein Buchgeschenk. Heute kommt die Empfehlung, einen Text zu lesen, der zu den fantastischsten und geheimnisvollsten Texten gehört, die es gibt. Ich empfehle Ihnen die Lektüre eines Weihnachtsevangeliums. Ich meine nicht den Klassiker des Evangelisten Lukas, ich meine also nicht die Geschichte mit Krippe und Stall, die jeder kennt. Ich meine das Weihnachtsevangelium des Evangelisten Johannes, in dem es all das nicht gibt: Es gibt da keine Hirten und keine Engel, die die heilige Geburt verkünden. Aber auch hier geht es um eine Geburt, es geht um die Geburt einer neuen Welt. Sein Evangelium beginnt mit dem Satz: „Im Anfang war das Wort.“ Er zitiert also in seinem Weihnachtsevangelium die ersten Worte der Bibel: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Er bettet die Weihnachtsgeschichte ein in die Genesis, in die Geschichte von der Erschaffung der Welt.

Der Schöpfungsgott beginnt da sein jeweiliges Werk mit dem Wort: „Es werde!“. Diese Schöpfungsgeschichte ist kein naturwissenschaftliches Protokoll; es geht da nicht um den Urknall oder Ähnliches; es geht nicht darum, wie Mensch und Natur entstanden sind. Es geht darum, wie die Welt sein muss, auf dass der Mensch darin leben kann. Die Botschaft ist: Der Mensch braucht Ordnung im Chaos, er braucht Transparenz in undurchsichtigen Zuständen und Recht in der Willkür. Es geht also um Bedingungen, die das Leben überhaupt möglich machen. Es geht um die Bedingung der Möglichkeit von Politik - nicht nur am Nullpunkt der Zeit, sondern immer und immer wieder. Schöpfung ist nicht etwas, das einmal war; sie muss tagtäglich neu geschehen, um Leben in einer Welt von Krieg, Not, Gewalt und Ungerechtigkeit möglich zu machen. Schöpfung ist das, was im anderen Weihnachtsevangelium, in dem von Lukas, die Engel verkünden: „Friede den Menschen auf Erden“. Lesen Sie nach. Es ist eine Freude: Neues Testament, Johannes Kapitel 1, Vers 1 – 28.  Altes Testament, Buch Genesis 1,1 – 2,4a). (Urheber des Bildes: Johannes Simon)
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SZPlus
Der deutsche Stuhl
Die Folter war, so sagt es der jetzt in Berlin lebende syrische Schriftsteller Yassin al-Haj Saleh, „die grundlegende politische Beziehung zwischen Assad und seinem Volk“. Bis in die jüngste Zeit setzte das Assad-Regime ein Folterinstrument ein, bei dem den auf einen Stuhl gefesselten Opfern das Rückgrat durch Überdehnung gebrochen wurde. Sein Name ist „deutscher Stuhl“. Rechtsanwalt Patrick Kroker, Leiter einer Menschenrechtsorganisation in Berlin, verweist in seinem ebenso bewegenden wie informativen SZ-Gastbeitrag auf die Geschichte der Folter in Syrien: Es waren geflohene SS-Schergen, die nach dem Zweiten Weltkrieg den dortigen Geheimdienst ausbildeten; und den alten Nazis folgten dann die Offiziere der Staatssicherheit der DDR.

Kroker gibt gute Ratschläge dazu, wie in Syrien die Vergangenheitsbewältigung beginnen sollte und wie Deutschland dazu beitragen könnte. Er rät der Bundesrepublik, sich an die Anfänge ihrer eigenen Demokratie zu erinnern. Deutschland habe mehr als einen Grund zur Demut – und die historische Verpflichtung, den syrischen Anwältinnen und Anwälten der Menschenrechte zur Seite zu stehen „ohne Bedingungen und ohne Belehrungen“.  Krokers Aufsatz ist unbedingt lesenswert.
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