Boulevard ist, einen Aspekt respektive einzelne Aspekte aus einer komplexeren Gemengelage herauszulösen und diese maximal aufzublasen. Exakt dies geschieht derzeit in der Berichterstattung über Mathias Döpfner. Und zwar nicht durch Boulevardmedien, sondern durch solche, die sich selbst als seriös verstehen, denen aber offenbar jedes Mittel recht ist, wenn es nur den Richtigen trifft. Auf mich wirkt das, was derzeit von Stern bis T-Online über Döpfner und Springer zu lesen ist, geradezu mittelalterlich. Als hätte man sich verabredet, um mit Fackeln und Mistgabeln vor das Springer-Gebäude zu ziehen und den Kopf des Vorstandsvorsitzenden zu fordern. Hier lesen Sie meinen Kommentar über diesen aufgebrachten Medienmob links der Mitte, der große Schlagzeilen formuliert, inhaltlich aber wenig Sachkritik zu bieten hat. Wenn die Inquisition ans Burgtor trommelt, dann hilft unter Umständen nur noch beten. Aber hilft ein Gebet auch gegen die drohende Klimaapokalypse, wie sie von der „Letzten Generation“ beschworen wird? Die will Berlin ab Montag auf unbefristete Zeit „zum Stillstand bringen“ und ruft eine Art Revolution aus. Ein „Gesellschaftsrat“ solle künftig über Klimaschutz beraten, weil es „die Politik“ nicht könne, finden die Radikalinskis. Dafür kleben sie sich fest – und dafür wird in der Gethsemanekirche gebetet. Mein Kollege Volker Resing mit den Details. Apropos Klimaschutz: Deutschland hat den Atomausstieg vollzogen, doch die Debatte über die Abschaltungen der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke reißt nicht ab. Am Dienstag diskutierten darüber SPD-Chef Lars Klingbeil und CDU-Chef Friedrich Merz bei Maischberger. Doch machen wir uns nichts vor: Der Atomausstieg ist nicht pragmatisch, nicht einmal ansatzweise, sondern rein ideologisch motiviert. Und mit dem Atomausstieg begeben wir uns entsprechend „Ohne Not auf den Sonderweg“. Sehr eigen ist auch die Debatte über kulturelle Aneignung, die bisweilen seltsame Blüten treibt: Ein Rentnerinnen-Ballett sollte nicht auf der Bundesgartenschau auftreten dürfen, weil dessen Kostüme nicht kultursensibel seien. In einer Krisensitzung wurde nun ein Kompromiss gefunden: Die Sombreros müssen weg, die Ponchos dürfen bleiben. Und aus Pharaonen werden ägyptische Arbeiterinnen. Ob das die Kulturkrieger zufriedenstellt? Gideon Böss hat so seine Zweifel. Die CDU arbeitet derzeit an einem neuen Grundsatzprogramm. Von der Kommission „Wohlstand“ ist jetzt der Entwurf ihres Beitrags bekanntgeworden. Er knüpft an den Erfolgsschlager der Partei Ludwig Erhards an, „Wohlstand für alle“. Die 18 Seiten lesen sich aber auch wie eine Mängelliste der Ära Merkel, beobachtet Hugo Müller-Vogg. Abschließend möchte ich Ihnen noch folgenden Beitrag ans Herz legen: Vor 80 Jahren begann der Aufstand im Warschauer Ghetto. Nur etwa 1500 Kämpfer standen damals auf der Seite des Ghettos und viele von ihnen starben schon am ersten Tag. Und dennoch gelingt es den Deutschen erst nach vier Wochen, den Aufstand niederzuschlagen. Welche Lehre können wir aus dem Widerstand der Juden gegen die deutschen Unterdrücker ziehen? Lukas Koperek hat sich Gedanken gemacht. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre. Bleiben Sie optimistisch. Ihr Ben Krischke, Leiter Debatte |