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Sehr geehrte Damen und Herren, | | Olaf Gersemann | Ressortleiter Wirtschaft |
| es gibt eine schöne Metapher im Englischen: Moving the goalposts. Gemeint ist, dass mitten im Ballspiel Ziele willkürlich verschoben werden – in der vollen Absicht, ihre Erreichung zu erschweren. Nichts anderes erleben wir mit der Veränderung des Inzidenzkriteriums durch den jüngsten Bund-Länder- Beschluss. Ende Oktober, damals lag die 7-Tage-Inzidenz bei 94, wurde der Lockdown light beschlossen, versehen mit der Verheißung, dass bei Unterschreiten der 50 wieder Normalität einkehre. Dreieinhalb lange Monate und diverse Lockdown-Verlängerungen sowie Verschärfungen später rückt die 50 endlich nahe. Und ausgerechnet nun wird plötzlich die 35 als neue Zielmarke hervorgezaubert. Der neue Bund-Länder-Beschluss geht nur nebulös auf den „Hintergrund der Unsicherheit bezüglich der Verbreitung von Virusmutanten“ ein. Freilich ist, sollte es wirklich zu einer durch Mutationen ausgelösten dritten Welle kommen, der Unterschied zwischen 35 und 50 nur klein. Wenn es dennoch eine neue epidemiologisch weitgehend sinnfreie Zielmarke gibt, dann dürfte dahinter vor allem ein politisches Kalkül stecken: Die Regierungschefs bedienen die Sehnsucht nach Verlässlichkeit und die prinzipielle Erwartung, dass auch in Zeiten gröbster Grundrechtsbeschneidungen ein Residuum an politischer Selbstbindung erhalten bleibt. Vorfestlegungen, wie sie durch Stufenpläne entstünden, scheut die Politik aber, durchaus aus verständlichen Gründen. Nun aber ersatzweise eine dürre Zahl in Schaufenster zu stellen, ist ein gar zu billiger Ersatz. 35 neue Fälle je 100.000 Einwohner in sieben Tagen, dahinter kann sich eine dramatische, dynamische Entwicklung verbergen – oder auch ein Fortschritt hin zu virologischer Normalität. Für eine Bewertung kommt es eben auf das Umfeld und die Details an. Auch Ministerpräsidenten und Kanzlerin sichern sich hier schon einmal ab: Geschäfte und Restaurants auf bei 35? Ja, aber nur „aus heutiger Perspektive“ (sic!) „kann“ (sic!) „der nächste Öffnungsschritt“ (sic!) wirklich erfolgen – so viele Rückfalloptionen in einen einzigen Satz zu schmuggeln, ist fast schon Kunst. Die Politiker wollten hier zum Schein etwas bieten, ohne wirklich etwas abgeben zu müssen. Man ist entschlossen, weiter nach Belieben und diskretionär über weitestgehende Freiheitsbeschränkungen zu verfügen. So entschlossen kann man ja grundsätzlich sein. Nur dann gehört es auch zur Verantwortung, dazu zu stehen und dies zu erklären. Stattdessen aber gibt es nun die 35. Millionen Menschen werden ihre privaten Hoffnungen und berufliche Perspektive daran geknüpft sehen. Und doch ist es nicht mehr als ein Brotkrümel, der sich mit einem Hauch vom Tisch wehen lässt. Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
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WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT |
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Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa |
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EU senkt Konjunkturprognose für Euroraum Nach der schweren Corona-Wirtschaftskrise erwartet die EU-Kommission in ihrer heute veröffentlichten Konjunkturprognose wieder Wachstum. Insgesamt soll die Wirtschaftsleistung in der Eurozone in diesem Jahr um 3,8 Prozent steigen, in der gesamten Europäischen Union insgesamt um 3,7 Prozent. 2022 sollen es noch einmal 3,8 Prozent Wachstum in den 19 Staaten der Eurozone sein und 3,9 Prozent in den 27 EU-Staaten insgesamt. Im November hieß es noch, 2021 werde ein Wachstum von 4,2 Prozent in der Eurozone und 4,1 Prozent in der EU erreicht. Unterm Strich werde das Niveau vor der Krise aber schneller erreicht als im November angenommen, erklärte die Kommission jetzt. Die Behörde in Brüssel begründete dies vor allem mit dem Start der Impfprogramme. Im ersten Quartal 2021 rechnet die Kommission noch mit weitgehenden Alltagsbeschränkungen und daher auch mit einem Minus der Wirtschaftsleistung. Im Frühling werde dann die Erholung einsetzen und im Sommer an Fahrt gewinnen. Unsicherheit bleibe allerdings mit Blick auf das Tempo der Impfungen und den Verlauf der Pandemie. VW und Microsoft wollen automatisiertes Fahren verbessern Der Autokonzern Volkswagen (VW) vertieft seine Zusammenarbeit mit dem US-Softwarekonzern Microsoft um die Entwicklung von automatisierten Fahrfunktionen auszuweiten. VW will seinen Kunden diese Funktionen schneller anbieten können als bisher geplant, wie der Konzern aus Wolfsburg bekannt gab. Mit Microsoft arbeitet VW bereits seit 2018 zusammen. Gemeinsam wollen die beiden Konzerne nun eine Plattform aufbauen, die Automated Driving Platform, um sogenannte Fahrerassistenzsysteme und automatisierte Fahrfunktionen für Pkw „effizienter“ zu entwickeln. So wolle VW „die Bereitstellung von sicheren und komfortablen Mobilitätsdiensten“ beschleunigen, erklärte Manager Dirk Hilgenberg. Neue Reisewarnung für China Die Bundesregierung hat die Reisehinweise für China mit dem Hinweis auf mögliche drastische Maßnahmen des Landes verschärft. „Personen mit auskurierter Covid-19-Erkrankung werden, trotz negativer PCR- und IgM-Antikörpertests und grünem QR-Code, bei Einreise in sofortige mehrwöchige Krankenhausquarantäne überführt und weitreichenden Untersuchungen unterzogen“, erklärte das Auswärtige Amt. Dies könne auch Personen betreffen, „die aufgrund einer unentdeckten Erkrankung an Covid-19 noch Antikörper aufweisen“. Gleiches könne für Reisende gelten, die mit demselben Flug einreisen wie eine Person, die positiv auf Corona getestet werde. „Medizinische Maßnahmen der chinesischen Seite sind invasiv und beinhalten neben teils täglichen Blutentnahmen häufig auch Computertomografie-Aufnahmen.“ Von nicht notwendigen Reisen nach China werde „abgeraten."
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WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD |
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Quelle: REUTERS/Hannibal Hanschke |
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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März verteidigt – und vor der „sehr realen Gefahr“ der Corona-Mutationen gewarnt. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag forderte Merkel die Bürger auf, weiterhin „sehr, sehr achtsam zu sein“. „Noch ist nicht alles auserforscht, aber wir tun gut daran, an den Annahmen vieler Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland nicht zu zweifeln, wenn sie uns erklären, alle drei Mutationen sind deutlich aggressiver, also ansteckender, übertragen sich leichter als das Ursprungsvirus“, so die Kanzlerin. Merkel erklärte außerdem, dass sie sich auf dem Corona-Gipfel am Mittwoch einen strengeren Kurs für Schulen und Kitas gewünscht hätte. Die Auswirkungen der wochenlangen Schließungen seien spürbar und die Anspannung der Eltern groß. „Und trotzdem hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass wir auch hier entlang der Inzidenz entscheiden, aber ich habe auch akzeptiert, dass es eine eigenständige Kultushoheit der Länder gibt, vielleicht das innerste Prinzip der Länder.“ So werden einige Bundesländer – darunter Brandenburg, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen – die Schulen bereits ab dem 22. Februar wieder öffnen. Friseure dürfen ihre Salons ab dem 1. März wieder aufsperren. „Eine ganze Branche atmet auf, endlich haben wir eine Perspektive und Planungssicherheit", erklärte Harald Esser, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks. Denn für viele Inhaber der 80.000 Salons sei der Lockdown existenzbedrohend geworden. Warum gerade die Friseur-Branche öffnen darf und andere noch nicht, das erfahren Sie auf welt.de. In der SPD ist man mit dem sanften Öffnungskonzept größtenteils zufrieden: „Wir können mit Hinblick auf die Mutationen niemandem schnelle Öffnungen versprechen, so sehr ich den Druck und das Leiden nachvollziehen kann", erklärte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Eines haben wir doch alle schmerzlich gelernt: Der Anstieg kann schnell und plötzlich kommen, ein Abstieg hingegen ist mühsam und schwierig." Kritik am Bund-Länder-Gipfel kam stattdessen aus der Opposition: Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der Funke Mediengruppe, die Bundesregierung hätte sich „gedanklich im Lockdown eingemauert." FDP-Chef Christian Lindner verlangte eine größere Beteiligung des Parlaments. „Die Bundesregierung wird in den kommenden Monaten ein weiteres Wirtschaftsprogramm auflegen müssen", sagte Marcel Fratzscher Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Fratzscher rechnet nicht damit, dass bisherige Hilfen ausreichen.
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WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD |
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Heute Nachmittag können Sie beim großen Wirtschafts-Chat dabei sein: WELT-Finanzredakteur Holger Zschäpitz (im Foto links) und Frank Wieser (im Foto rechts), Vermögensverwalter und Wirtschaftsexperte, beantworten zwischen 14 und 16 Uhr Ihre Fragen rund ums Thema Geld auf welt.de. |
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Quelle: Twitter | @JM_NRW |
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Für Freunde des Karnevals beginnt heute die wohl schönste Jahreszeit – eigentlich. Denn wegen der Corona-Pandemie sind die meisten Veranstaltungen abgesagt worden oder finden digital statt. Das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen hat daher einen Brief auf Twitter veröffentlicht, indem darauf hingewiesen wird, „dass selbst kleine Feierlichkeiten am 11.11. in Köln tabu und Gäste von außerhalb diesmal leider nicht willkommen sind." Und: „Dass wir zusammenstehen müssen – indem wir nicht zusammen stehen." Der Brief liefert zudem Erklärungen auf Kölsch, warum auf Karnevalsfeiern verzichtet werden sollte. Unterzeichnet wurde das Schreiben von zahlreichen Prominenten, unter anderem von der Komikerin Carolin Kebekus, dem Kabarettisten Jürgen Becker oder der Schauspielerin Annette Frier. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag. Olaf Gersemann Ressortleiter Wirtschaft |
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MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE |
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| AN DIESER STELLE VERWEIGERT MERKEL DIE ANTWORT | Die Länder sollen die Schul- und Kita-Öffnung selbst regeln – mit Billigung der Kanzlerin, die einen bemerkenswerten Kurswechsel vollzieht. Politisch kann Merkel bei Ausbrüchen dann nicht haftbar gemacht werden. |
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| WARUM FRISEURE ÖFFNEN DÜRFEN | Die Ministerpräsidenten-Konferenz beschließt Verlängerungen und Lockerungen – und ausgerechnet die Friseure kommen am besten weg. Die Gründe dafür sind psychologischer Natur und eine clevere PR-Strategie. |
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| DER STRIPPENZIEHER HINTER SPUTNIK V | Der russische Impfstoff Sputnik V wird mit jedem Tag salonfähiger – auch im Westen. Das liegt auch an Kirill Dmitrijew: Der 45-jährige Finanzmanager hatte frühzeitig auf das Vakzin gesetzt. |
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