Liebe Frau Do, ein Exkurs zum Start: Falls Sie gestern in der „Stimme des Westens“ Gefallen an Kunst gefunden haben, habe ich noch etwas für Sie: Hilma af Klingt. Nie gehört? Ging mir ähnlich. Aber mein Kollege Philipp Holstein hat aufgeschrieben, warum diese schwedische Pionierin der abstrakten Kunst zu Recht wiederentdeckt wird. Schon im Jahr 1906 verwarf sie ihren konventionellen Malstil, vier Jahre vor Wassily Kandinsky. Aber zurück zum Kernthema und zu einem Vorreiter anderer Art: NRW lockert eine der weitestreichenden Corona-Maßnahmen, ab morgen sollen die Abschlussklassen wieder zur Schule gehen. Die Landesregierung hatte argumentiert, es seien nur zehn Prozent der Schüler betroffen. Doch der Lehrerverband spricht von bis zu 400.000 Schülern, das wären mehr als zweieinhalb Mal so viel. Meine Kollegen Jan Drebes und Maximilian Plück zeichnen den Stand der Debatte nach. Vielleicht lernen die Schüler auf den letzten Metern zum Abschluss ja noch besser zu rechnen als die Landesregierung. Um Zahlen geht es auch in Italien: Die Pandemie stürzt die ohne schon kränkelnde Wirtschaft des EU-Schwergewichts in eine tiefe Krise, aber es sind vor allem die hohen Schulden, die eine Gefahr für die gesamte Staatengemeinschaft darstellen. Unser Politik-Chef Martin Kessler hat die prekäre Lage analysiert. Ob sie durch die bestehenden Mechanismen der Unterstützung in den Griff zu kriegen ist? Wenn nicht, blieben nur die schon länger kontrovers diskutierten Corona-Bonds, also eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU, oder ein Exit Italiens – also Pest oder Cholera. Ich kann mir nicht helfen, aber ich halte die europäische Idee für unbedingt schützenswert und eine EU ohne Italien für undenkbar. Es zeigt sich abermals: Die Dinge, die vorher schon mehr schlecht als recht funktioniert haben, tun es in der Krise noch weniger. Die Pandemie legt Risiken offen, die wir bewältigen müssen – aber auch Chancen, etwa in der Digitalisierung. Maja Göpel, die klimapolitische Beraterin der Bundesregierung, will „den Spirit“ des gemeinschaftlichen Kampfes gegen Corona in den Klimaschutz retten. „Wow, es ist viel mehr möglich, als vorher immer erzählt wurde“, zitiert meine Berliner Kollegin Kristina Dunz die streitbare Politökonomin. Was in der Corona-Krise möglich ist, zeigt sich auch in den Zahlen, um die es wirklich geht. Unser Medizin-Experte Wolfram Goertz hat sich damit beschäftigt, warum Deutschland vergleichsweise wenige Corona-Tote zählt. Natürlich ist jeder Toter einer zu viel, Jubel wäre völlig fehl am Platz. Aber richtig ist eben auch, dass die Todesrate anderswo höher ist, in Italien zum Beispiel viermal so hoch. Es zeigt sich, dass wir tatsächlich uns und andere schützen, wenn wir die Einschränkungen gelassen ertragen und mittragen. Es lohnt sich also, so schwer es manchmal auch sein mag. Dieses gute Gefühl ermöglicht Ihnen hoffentlich einen schönen Start in den Tag. Bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |