Liebe/r Leser/in, die wegen des Mietendeckels hoch umstrittene Berliner Bausenatorin Katrin Lompscher von der Partei Die Linke ist von allen Ämtern zurückgetreten. Die Gründe sind ebenso klar wie zwingend: Zum einen hat Frau Lompscher Bezüge aus Aufsichtsratsmandaten landeseigener Unternehmen rechtswidrig nicht an die Landeskasse weitergeleitet, zum anderen hat sie vergessen, Bezüge zu versteuern. Interessanter als der gesteigerte Erwerbstrieb der dunkelroten Bausenatorin waren die Reaktionen der Koalitionsparteien: von Zerknirschung oder gar Kritik keine Spur. So twitterte die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus: „Wir danken Katrin Lompscher von Herzen für ihre geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren.“ Man werde ihr Werk „mit aller Kraft weiterführen“. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Antje Kapek, zeigte sich gar „schockiert“ – nicht über die Steueraffäre, sondern über den Rücktritt „Knall auf Fall“. Immerhin: Neben allem Bedauern könne sie den sehr persönlichen Schritt verstehen, der aber Respekt verdiene. Bedauern war auch das vorherrschende Gefühl beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller wegen Lompschers Rücktritt. Am Dienstag dankte er ihr in der Senatssitzung für ihre verlässliche, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sie habe immer im Interesse des Landes Berlin gehandelt, wird der Bürgermeister zitiert. Er hoffe, der Senat könne sich bei passender Gelegenheit in angemessener Form bei Lompscher bedanken. Dankbarkeit gegenüber Steuersündern – es kommt in Berlin offenbar darauf an, auf wessen Seite man steht. Im Kern ist die Geschichte in unserem Agenda-Teil ab Seite 22 keine Geschichte über den wahren George Soros, sondern eine Geschichte darüber, was aus dem Milliardär, Investment-Guru und Philanthropen gemacht wurde – vor allem im Internet. Die Recherchen des mehrfach ausgezeichneten Reporters Hannes Grassegger dauerten über acht Monate und verteilten sich über drei Länder. Sie begannen völlig zufällig mit einem Ungarnbesuch und endeten mit seinem Urteil, dass US-Präsident Donald Trump kein Zufallsprodukt sei, sondern eine lange Vorgeschichte habe. Die Geschichte erzählt auch von der Absurdität einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung. Denn letzten Endes haben in der Soros-Story zwei jüdische Amerikaner aus reinem Profitstreben eine antisemitische Welle losgetreten, indem sie George Soros, einen Juden, als dunklen Strippenzieher porträtierten, inklusive aller antisemitischen Klischees. Das Gefährlichste an der Kampagne gegen Soros war, dass sie eine Blaupause geschaffen hat für personalisierte Hasskampagnen im Netz generell. Die Hass-Propaganda ist ins Internet gewandert und hat sich dort verselbstständigt. Jeder kann mit dieser Bauanleitung heute eine solche Kampagne starten – und sie lässt sich leicht übertragen. Beispielsweise auf Bill Gates. Und unsere Geschichte ab Seite 22 zeigt auch, wie globalisiert die vorgeblichen neuen Nationalisten sind. Ungarn wurde dabei übrigens zum Testgelände für dessen Expansion. Was ist Ihr Hit im Ohr, liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie Melodien im Licht der Sonne sehen oder hören? Der brillante, kürzlich verstorbene Soulmusiker Bill Withers widmete dem Hitze-Stern seinen Welthit „Ain’t No Sunshine“. Der Beatles-Gitarrist George Harrison schrieb „Here Comes The Sun“ als Lichtblick in einer für ihn schwierigen Zeit. Udo Jürgens („Die Sonne und du“) und Rammstein („Sonne“) besangen die Sonne – ich mag nebenbei bemerkt auch „Always The Sun“ von den Stranglers. Die Sonne scheint in jedes Herz – und ist doch so fern. Rund 150 Millionen Kilometer weit weg von uns, und doch ist sie uns so nah, produziert sie all die Energie, die unser Leben erst ermöglicht. Um die Sonne besser verstehen zu können, sind zwei Sonden aktuell zu ihr unterwegs – Supersonden, wie es sie noch nie zuvor gab. Auf halber Strecke hat die „Solar Orbiter“ jetzt schon einmal spektakuläre Bilder geschickt und vielleicht sogar Hinweise auf das große Geheimnis unserer kosmischen Lebensquelle. Und darüber schreibt meine neue Kollegin Sonja Fröhlich im Wissensressort. Mich jedenfalls hat ihr Beitrag erleuchtet. |