Liebe Frau Do, die Lockerungen der Corona-Maßnahmen schreiten flott voran, ab heute sind in NRW wieder viele gastronomische Betriebe geöffnet. Trotzdem regt sich bundesweit noch massenhaft Protest gegen den Lockdown. Zum einen fanden am Wochenende größere Demonstrationen statt, bei denen zum Teil bewusst gegen Hygieneregeln verstoßen wurde, wie Gregor Mayntz beschreibt. Zum anderen finden Verschwörungstheorien jetzt auch in der katholischen Kirche Anklang. Mehrere Bischöfe, unter ihnen Kardinal Gerhard Ludwig Müller, vermuten eine Weltverschwörung, um Freiheiten dauerhaft einzuschränken. In einem in mehreren Sprachen veröffentlichten Aufruf warnen sie vor dem „Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht“. Unser Kulturchef Lothar Schröder ordnet das dreiseitige Schreiben ein. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist völlig legitim, ja sogar dringend geboten, die Einschränkungen der Freiheit kritisch zu hinterfragen und zu diskutieren. Für diesen Diskurs steht unsere offene Gesellschaft schließlich. Aber unter die Bürger, die sich nicht bevormunden lassen wollen, weil sie selbst verantwortlich mit der Ansteckungsgefahr umgehen, mischt sich allerhand Gesocks. Von einer Verschwörung gegen die Freiheitsrechte kann allerdings keine Rede sein, sonst würden sich Bund und Länder kaum so uneinheitlich und widersprüchlich präsentieren. Uneinheitlich und widersprüchlich agieren die Länder auch in der Bildungspolitik. Aktuell fällt das besonders auf, da viele Schüler noch lange ohne normalen Unterricht klarkommen müssen. Deswegen wollen Eltern und Lehrer nun die Digitalisierung der Schulen, über die schon so lange geredet wird, endlich vorantreiben. Was sie sich vorstellen, hat Reinhard Kowalewsky recherchiert. In der Corona-Krise fallen nicht nur Eltern und Lehrern Dinge auf, die sie eigentlich längst anders haben wollen. Auch Kevin Kühnert hat da viele Ideen. So fordert der Juso-Chef und stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD ein Umdenken bei der Mobilität, wie er Eva Quadbeck und Jan Drebes in einem Interview gesagt hat: „Wir müssen die Bahnkapazitäten weiter aus- und Flugstrecken innerhalb Deutschlands allmählich abbauen.“ Am Ende dieser neuen Woche soll ja die Rückkehr der Bundesliga stehen, wenn auch in Form von Geisterspielen. Aber noch gibt es ziemlich viel Streit und Unklarheiten, wie Stefan Klüttermann, Jens Marx und Patrick Reichardt recherchiert haben. Wenn es klappen sollte, ändert das unsere Sehgewohnheiten. „Fußball ohne Zuschauer nennt man Training. Jedenfalls bis vor kurzem“, schreibt Lothar Schröder. Sein Feuilleton beschäftigt sich mit der neuen Ästhetik des zuschauerlosen Fußballspiels. Die ersten Minuten des Tages liegen nun bereits hinter Ihnen, der Ball rollt. Hoffentlich schießen Sie heute die Tore, die Sie sich vornehmen. Viel Erfolg!
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