Wünsch-dir-was in schwarz-rot
● Trump tobt wegen Ukraine |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, es sah nach einer echten Materialschlacht politischer Fachkompetenz aus: 16 Arbeitsgruppen mit je 16 Experten von CDU, CSU und SPD tagten rund zwei Wochen lang, um eine Art schwarz-rotes Regierungsprogramm zu schmieden. Zum Wochenende lagen die Resultate auf dem Tisch. Und was soll ich sagen: Vielleicht wären Neuwahlen doch eine Option? Was zum Beispiel haben die Mitglieder der „Arbeitsgruppe für Familien, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie“ geraucht, als sie kostenloses Mittagessen für Kinder in Ganztagsbetreuung in ihr Papier schrieben? Klar, das wäre nett, wird aber laut den Fachleuten mit elf Milliarden Euro veranschlagt. Man hat’s ja jetzt, oder was? Eine andere AG hat sich für bis zu 60 weitere Milliarden Euro an Staatshilfen zur energieeffizienten Gebäudesanierung starkgemacht. Das Einzige, wo Union und SPD bislang vereint groß denken, scheint das Verschleudern von Steuergeldern zu sein. Und offenbar brauchen sie dafür nicht mal mehr Grüne oder Linke. Da hätte ich auch noch ein paar Ideen gehabt, etwa ein Grundeinkommen für alle in Höhe von 5000 Euro netto monatlich – auch für Haustiere, außer vielleicht Aquariums-Fische und Paarhufer. Man soll es ja nicht übertreiben. So kleinteilig wurde es übrigens überall: Eine „WG-Garantie“ (400 Euro pro Student und Zimmer) wurde ebenso diskutiert wie die Frage, ob Wölfe ins deutsche Jagdrecht aufgenommen oder weshalb hochdefizitäre Lokalflughäfen wie Kassel-Calden weiter subventioniert werden sollten. Dafür könnten die Planer von Magnetschwebebahnen künftig auf Geld aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz hoffen. |
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| Bisher kleinstes Koalitions-Karo: die schwarz-roten Verhandlungsspitzen Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken (© dpa) |
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Die wirklich wichtigen Themen (Migration, Rentenreform, Steuern, Bürokratieabbau, Wehrpflicht, Energiekosten usw.) wurden entweder nur mit den jeweiligen Maximalpositionen von Schwarz und Rot berücksichtigt oder komplett ignoriert. Eine der wichtigsten Arbeitsgruppen – „Haushalt, Finanzen und Steuern“ – war übrigens als erste fertig – mit nicht viel mehr als der gemeinsamen Idee, dass Rentner künftig bis zu 2000 Euro steuerfrei verdienen können. Auch das ist schön, wird aber weder Haushalt noch Standort retten. Kurz: Die zwei Wochen parlamentarisches Rumgeplänkel waren komplett für die Biotonne. Der Gesamtbericht der 16 Arbeitsgruppen und 256 Experten – ein 162-seitiger Offenbarungseid, der jenseits des neuen 900-Milliarden-Euro-Schuldenpaketes eine zusätzliche Finanzierungslücke von weiteren 500 Milliarden Euro reißen würde. Nun muss die 19-köpfige „Steuerungsgruppe“ dieser Mission Mutlos um Lars Klingbeil und Friedrich Merz ran. Der künftige Kanzler hat die Resultate mancher Arbeitsgruppen schon als „Wünsch dir was“-Programme beschmunzelt. Ich schmunzle ja immer gern mit, aber hier fällt’s mir doch schwer, denn es geht ja um was. Eigentlich um alles.
CSU-Chefunterhändler Markus Söder versprach eine Koalition, die „neue Hoffnung“ für Deutschland liefere. Vielleich träumt er aber auch schon zu sehr von Gratis-Kita-Essen in nagelneuen Magnetschwebebahnen zwischen Fürth und München.Wie erleben Sie die bisherigen Koalitionsverhandlungen? Schreiben Sie mir an [email protected] |
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| US-Präsident Trump empört sich über seine Verhandlungspartner Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin (© dpa) |
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Trump ist „stinksauer“ über Putin – und droht zugleich Selenskyj |
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Überraschend kritisch hat sich US-Präsident Donald Trump am Wochenende über seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin geäußert. Er sei „sehr verärgert und stinksauer“ über den Kremlchef (im Original: „very angry“ und „pissed off“), sagte Trump in einem Telefoninterview mit dem US-Sender NBC. Grund seiner Empörung: Putins jüngste Äußerungen, in denen der dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj jede Glaubwürdigkeit absprach. Aber auch Selenskyj drohte er heute Nacht für den Fall, dass er weiterhin ein Rohstoffabkommen mit den USA ablehnt: „Wenn er das tut, bekommt er Probleme, große, große Probleme“, sagte Trump zu Journalisten an Bord der Air Force One. In Kiew hatte man darauf hingewiesen, dass bisherige Vertragsentwürfe weit über letzte Verhandlungsergebnisse hinausgehen würden.Offenbar ist Trump zugleich frustriert, dass Putin nicht schneller auf seinen Vorschlag eines Waffenstillstands eingeht. „Wenn ich keinen Deal mit Russland zustande bringe, der das Blutvergießen beendet, und Russland schuld daran ist, dann werde ich zusätzliche Zölle auf Öl aus Russland verhängen“, drohte Trump und kündigte ein weiteres Telefonat mit Putin schon für diese Woche an. Putins Äußerungen würden bislang „nicht in die richtige Richtung gehen“. Unterdessen rückte die russische Armee am Wochenende wieder auf ukrainische Städte vor. |
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| Am Wochenende demonstrierten in der Türkei Hunderttausende gegen die Inhaftierung des bisherigen Bürgermeisters von Istanbul, Ekrem İmamoğlu (© imago) |
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Proteste gegen Erdogan wachsen weiter |
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Die Proteste gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan haben am Wochenende einen neuen Höhepunkt erreicht. Hunderttausende gingen nicht nur in Istanbul trotz Demonstrations-Verboten auf die Straße. Auslöser der Proteste war die Festnahme von Erdoğans politischem Kontrahenten Ekrem İmamoğlu am 19. März. Zuvor wurde dem Istanbuler Oberbürgermeister bereits sein Hochschuldiplom aberkannt, ohne das er sich nicht um das Präsidentenamt bewerben kann. Seit Sonntag vergangener Woche sitzt İmamoğlu wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis. Am gleichen Tag wurde er offiziell von seiner sozialdemokratischen Partei CHP zum Präsidentschaftskandidaten gekürt. Die CHP will von nun an jeden Samstag an unterschiedlichen Orten im Land und jeden Mittwochabend in Istanbul Proteste organisieren. Auch gegen Journalisten gingen die türkischen Behörden zuletzt vor. In Istanbul und Izmir hat man mehrere ausländische Reporter festgenommen, die dann aber wieder freigelassen wurden. Wegen Terrorvorwürfen ist zuletzt der schwedische Journalist Joakim Medin in der Türkei verhaftet worden. Seine baldige Freilassung habe nun „absolute Priorität“, sagte Schwedens Außenministerin Maria Malmer Stenergard am Sonntag. |
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| Das wahre Ausmaß der Zerstörung zwischen Myanmar und Thailand (hier Bangkok) war auch gestern noch nicht absehbar (© dpa) |
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Viele tausend Erdbeben-Tote befürchtet |
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Nach den verheerenden Erdbeben in Myanmar und Thailand steigt die Zahl der Toten und Verletzten weiterhin stark an. Allein im abgeriegelten Bürgerkriegsland Myanmar kamen nach Angaben der dort regierenden Militärjunta rund 1700 Menschen ums Leben. Nach Schätzungen der US-Erdbebenwarte USGS könnte die Zahl der Toten in Myanmar bis auf 10.000 steigen. Das Epizentrum lag in der Nähe der mit 1,6 Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, 20 Kilometer unter der Erdoberfläche. Das Beben erreichte eine Stärke von 7,6 auf der Richterskala und strahlte bis in die Nachbarstaaten Indien, China, Vietnam und Thailand aus, wo selbst die Hauptstadt Bangkok noch teils stark erschüttert wurde. Helfer haben viele betroffene Städte und Dörfer bis gestern noch gar nicht erreicht. Auch in der Nacht wurden weitere Nachbeben gemeldet. |
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| Kater hinter den Kulissen der Hannover Messe – auch die deutsche Industrie zeigt sich ernüchtert von den Koalitionsverhandlungen in Berlin (© dpa) |
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Hannover Messe startet im Schatten der Weltpolitik |
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Die amerikanische Zollpolitik überschattet die gestern Abend mit großer Show gestartete Hannover Messe. Auf der weltgrößten Industrie-Schau wollen ab heute rund 4000 Aussteller aus aller Welt ihre Innovationen präsentieren – darunter Tech-Konzerne wie Microsoft, Siemens und Bosch, aber auch Forschungseinrichtungen und Start-ups. Messechef Jochen Köckler sieht gleich zwei akute Probleme: Einerseits droht US-Präsident Donald Trump, schon diese Woche 25-prozentige Strafzölle auf europäische Auto-Importe scharfzustellen, was nicht nur die Aktien deutscher Autokonzerne weiter unter Druck setzt. Andererseits unterstützt China nicht nur seine E-Auto-Branche massiv und mit vielen Milliarden. „Wir sind diesen Entwicklungen nicht wehrlos ausgesetzt“, appellierte Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz für mehr Geschlossenheit im EU-Kreis. Zugleich warnten Branchenvertreter die Berliner Politik: Hohe Energiepreise und zu viel Bürokratie würden die Deindustrialisierung der Bundesrepublik beschleunigen. Man habe keine Zeit mehr für langwierige Koalitionsverhandlungen, sondern brauche endlich klare Signale, aber auch weitreichende Reformen – vom Steuersystem bis zur Rente. Die Hannover Messe endet am Freitag. |
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2,97 Arbeitslose zählt die Bundesagentur für Arbeit in ihrer aktuellen März-Statistik. Das sind knapp 200.000 mehr als im Vergleichs-Zeitraum des Vorjahres. Die sonst übliche Frühjahrs-Erholung fiel zuletzt 2009 ähnlich schwach aus. Damals brach sich die globale Finanzkrise Bahn. |
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| Noch-SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Teil-Freigabe von Cannabis tatkräftig unterstützt (© dpa) |
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Ein Jahr Cannabis legal: Ärzte und Polizei warnen |
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Bislang ist zwar nicht klar, ob die CDU/CSU ihre Wahlkampfankündigung wahr machen und die Cannabis-Legalisierung zurückzunehmen wird. „Harte“ Zahlen liegen über die Auswirkungen auch noch nicht vor. Aber die meisten Experten ziehen ein negatives Fazit. Seit genau einem Jahr ist das Gesetz nun in Kraft, das volljährigen Menschen in Deutschland erlaubt, 50 Gramm und drei Pflanzen zu besitzen sowie 25 Gramm des Rauschmittels mit sich zu führen. „Die neue Regierung sollte sich zügig die Regelungen anschauen und verbessern“, sagt etwa Alexander Poitz von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Teillegalisierung habe zu keiner Arbeitsentlastung seiner Kollegen geführt. Unschärfen im Paragrafenwerk verunsicherten die Beamten. Stefan Gutwinski, Oberarzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Universitätsklinik Charité, erlebt „genau den Effekt, den ich befürchtet hatte: dass viele Patientinnen und Patienten, die sowieso schon betroffen sind, in den letzten Monaten eine Zunahme des Substanzkonsums angeben“. In Kanada, das Cannabis schon länger erlaubt, seien „die Daten sehr eindeutig, dass die Zahlen der Psychosen, der Vergiftungen und des Konsums vor allem unter Jugendlichen zunehmen“. Allem Anschein nach hat die Legalisierung auch dem Schwarzmarkt nicht geschadet. Im Gegenteil. Selbstanbau ist vielen zu mühsam. Die auch recht kompliziert organisierten Cannabis-Clubs entstehen gerade erst. Und den Verkauf im Laden sieht das Gesetz gar nicht vor. (kmm) |
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| Smartphone-Geflimmer vorm Einschlafen? Nicht gut für die Nachtruhe, sagen Wissenschaftler (© Shutterstock) |
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Bildschirme im Bett verschlechtern den Schlaf |
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Wer vor der Nachtruhe lange im Internet surft oder daddelt, schläft kürzer und schlechter. Diese Erkenntnis ergänzt eine neue Erhebung aus Norwegen um einen interessanten Aspekt. Es ist egal, ob man spielt, Filmen folgt, sich in Social Media oder im Internet bewegt, Podcasts hört oder Texte liest – die entscheidenden, von richtiger Nachtruhe abhaltenden Faktoren sind offenbar der Bildschirm und das Licht, das er ausstrahlt. Den Forschern um Gunnhild Johnsen Hjetland vom norwegischen Institute of Public Health werteten Daten einer Befragung zu alltäglichen Lebensumständen von mehr als 45.000 ihrer Landsleute zwischen 18 und 28 Jahren aus. Ergebnis: Wer im Bett noch eine Stunde etwa am Smartphone oder am Laptop verbringt, erlebt mit nahezu 60 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit eine Schlafstörung und schläft 24 Minuten kürzer. Eine Schlafstörung lag zum Beispiel vor, wenn die Person dreimal in der Woche über Tagesschläfrigkeit klagte. Studienleiterin Hjetland empfiehlt, sich 30 bis 60 Minuten vor dem Schlafengehen von Displays fernzuhalten. Ihr Resultat deutet darauf hin, dass das Bildschirmlicht den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus stört. (kmm) |
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Gewinnerin: Sie ist Christin und langjährige Gegnerin des im Dezember gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Nun wird Hind Kabawat als erste Frau ins Kabinett von Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa einziehen. Als Ministerin für Soziales und Arbeit soll die syrisch-kanadische Politikerin, Forscherin und zuletzt als internationale Beraterin aktive 50-Jährige sicher auch ein Signal der Modernisierung an den Westen aussenden. | |
Verlierer: Thomas Müller, Stürmerstar beim FC Bayern München, soll offenbar keine Vertragsverlängerung über den Sommer hinaus bekommen. Laut „Kicker“ hätte der 35-Jährige gern noch eine Saison drangehängt. Müller hat nicht nur einen WM-Titel, sondern auch zweimal die Champions League gewonnen und ist zwölfmaliger deutscher Meister. Der Bayern-Vorstand will ihn offenbar in anderer Funktion im Verein halten. Müller hat sich bislang nicht geäußert. Unser Stürmer-Gott der Herzen wird er eh immer bleiben. | |
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… noch ein Blick nach Nord-Norwegen zum dortigen Weltraumbahnhof Andøya, wo das Münchner Start-up Isar Aerospace gestern seine erste Trägerrakete namens „Spectrum“ in den Himmel schoss. Okay, nach 18 Sekunden geriet die 28 Meter lange Rakete ins Trudeln und stürzte ab. Häme ist aber fehl am Platz. Im Gegenteil – man darf das Team um den jungen CEO Daniel Metzler durchaus beglückwünschen: Der Probe-Start bescherte den jungen Unternehmern jede Menge Daten, die helfen, zumindest die jetzt gemachten Fehler künftig zu vermeiden. Und trotz des Ungemachs ist die „Spectrum“ der erste Schritt hin zu einer unabhängigen, kommerziellen Raumfahrt aus Europa heraus. | | Die „Spectrum“-Rakete von Isar Aerospace beim Start am Sonntag in Nord-Norwegen (© dpa) | „Wir sind glücklich“, strahlte Metzler. Kann er auch sein. Die „Spectrum 2“ und „Spectrum 3“ sind zu Hause in München schon im Bau. Starten also auch Sie gut und vor allem optimistisch in die Woche – wenn auch vielleicht etwas gemächlicher als die Münchner. Herzliche Grüße | | Thomas Tuma |
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