selten in der Geschichte der Bundesrepublik hat eine Notbremsung so viel Vorlauf gehabt: Die heute vom Bundestag bewilligte Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die mit 342 zu 220 Stimmen verabschiedet worden ist, wird vermutlich nur wenig Reifenabrieb hinterlassen. Normalerweise stellt man sich unter einer Notbremsung ja irgendetwas mit viel Adrenalin und Panik vor. Diesmal aber haben alle Beteiligten den Stopp auf halber Strecke mit einer derart langen Planungszeit vollzogen, dass von einer Schock- oder gar Kurzschlusshandlung eigentlich nicht mehr die Rede sein kann. Dass die Corona-Notbremse möglicherweise trotz der langen Ankündigungszeit verfassungswidrig sein könnte, steht auf einem anderen Blatt und wird vermutlich bald schon die Gerichte beschäftigen. Doch trotz der Notbremsung mit Ansage sind dieser Tage besonders all jene verunsichert, die eigentlich zu den erprobtesten Notbremsern gehören sollten: die Autofahrer. Laut einer Meldung ihres Fachmagazins „Auto Motor Sport“ kann derzeit noch niemand genau sagen, ob bei Einführung der in der Novelle vorgesehenen Ausgangssperren auch Fahrverbote inkludiert sein werden. Angeblich hätten verschiedene Politiker angekündigt, dass die Polizei die Einhaltung der Ausgangssperre verstärkt kontrollieren würde – auch und gerade in den Reihen der Autofahrer. Noch aber weiß man nichts Genaues. Das Magazin bleibt dran. Besser also, man steigt jetzt schon einmal mit voller Wucht auf die Bremse. Dahinsiechende Kreativszene Was Sie sonst noch alles über das abrupte Verlangsamen von Fahrzeugen oder Infektionsausbreitungen wissen sollten, erfahren Sie u.a. im Cicero-Interview mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Koeppen, der heute gegen die Änderung des Gesetzes gestimmt hat: „Die Gesellschaft ist zu müde, um noch weitere Verschärfungen hinzunehmen. Vor allem ist die Wirksamkeit des Lockdowns nicht gegeben.“, so Koeppen. Und was die Notbremse für die Kultur bedeutet, beschreibt Cicero-Kulturredakteur Jens Nordalm, der erstaunt darüber ist, wie wenig Raum die dahinsiechende Kreativszene in der heutigen Debatte eingenommen hat. Jetzt aber erst einmal runter vom Gas und rein in den Feierabend! Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |