Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch bei Fondsmanagern
Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch bei Fondsmanagern von Torsten EwertSehr verehrte Leserinnen und Leser, das US-Finanzinstitut Bank of America (BofA) führt monatlich eine Umfrage unter institutionellen Anlegern durch, welche die Ansichten von mehreren 100 Vermögensverwaltern, Investment- und Hedge Fondsmanagern in aller Welt wiedergibt. Das Ergebnis gewährt mitunter aufschlussreiche Einblicke in die Denkweise der Profis. Die Stimmung kippt nur langsam Die aktuelle Umfrage wurde zwischen dem 4. und 10. Februar unter 314 Teilnehmern durchgeführt, die insgesamt rund 1 Billion US-Dollar an Einlagen verwalten. Der Zeitraum der Umfrage ist diesmal besonders wichtig, da die Antworten damit schon vor den US-Inflationsdaten vom Januar gegeben wurden, die erst einen Tag nach dem Ende der Umfrage veröffentlicht wurden. Auch die jüngste Eskalation in der Ukrainer-Krise spiegeln die Umfragewerte nicht wider. Dennoch sind die Daten aufschlussreich. So sehen 30 % der Befragten in diesem Jahr explizit die Gefahr eines Bärenmarktes. Vermutlich würden es einige Prozentpunkte mehr sein, wenn man die Umfrage jetzt machen würde. Und natürlich ist diese Quote gegenüber den Vormonaten weiter gestiegen. Aber nicht immer liegen die Profis mit ihrer Einschätzung richtig. Uneinheitliches Gesamtbild So gingen im Mai 2020 68 % der damals Befragten davon aus, dass die Erholung nach dem Corona-Crash nur eine Bärenmarkt-Rallye ist. Dieser Meinung waren die Profis auch noch im Juli (60 %) und August 2020 (54 %). Erst im September schlug sich die Mehrheit auf die Seite der Bullen. Wenn sich der Meinungsumschwung genauso langsam vollzieht, wenn die Kurse nach unten drehen, dann dürfte die Gefahr weiterer fallender Kurse größer sein, als selbst die Profis glauben. Allerdings wirkte das Gesamtbild der Umfrage uneinheitlich: So sind die Geldverwalter zwar noch zu durchschnittlich 31 % in Aktien übergewichtet, haben aber bereits zugleich mehr Cash-Reserven aufgebaut (38 % Übergewichtung; siehe Grafik). Die Cash-Quote in den Portfolios ist im vergangenen Monat um durchschnittlich 0,3 Prozentpunkte gestiegen und liegt nun bei 5,3 % – ein vergleichsweise hoher Wert. Liebesentzug bei Tech-Aktien Unbeliebt sind dagegen Anleihen (bei denen die Fondsmanager durchschnittlich um satte 72 % unter ihrem üblichen Vergleichswert liegen) und Tech-Aktien. 9 % der Investoren sind netto in Tech-Aktien untergewichtet. Das ist das erste Mal überhaupt seit der Finanzkrise, konkret seit dem Dezember 2008, dass die Profis Tech-Aktien links liegen lassen. Und es ist der niedrigste Wert seit dem August 2006 (siehe Grafik). Die Fondsmanager setzen allerdings bei Tech-Werten immer noch vor allem auf US-Aktien. Sie stellen die größte Long-Position im Tech-Sektor dar, ein Trend, der seit mehr als zwei Jahren anhält. Inzwischen sind aber nur noch 28 % der Investoren von US-Tech-Werten überzeugt; im Januar waren es noch 39 %. Und auch die Überzeugung für Aktien insgesamt schwindet allmählich: Während, wie schon erwähnt, im Februar 31 % der Befragten Aktien übergewichtet haben, waren es im Januar noch rund 50 %. Das Vertrauen in Aktien bröckelt also, und die Ukraine-Krise und die drohende Straffung der Geldpolitik dürften dazu geführt haben, dass es inzwischen weiter gesunken ist. Die größten Risiken für die Finanzmärkte Das zeigen auch die Antworten auf die Frage nach dem größten Risiko für die Finanzmärkte. Hier nannten die Profis zum dritten Mal in Folge die straffere Geldpolitik der Zentralbanken an erster Stelle, gefolgt von Inflation und Vermögensblasen. Der Russland-Ukrainer-Konflikt wurde an fünfter Stelle genannt, dürfte aber mittlerweile einige Plätze nach oben gerutscht sein. Erstaunlicherweise hoffen selbst die Profis noch darauf, dass die Fed am Ende doch nicht so rigide vorgeht, wie sie es bislang angedeutet hat. So setzen sie weiterhin auf den sogenannten „Fed Put“, also stützende Eingriffe der US-Zentralbank, wenn die Aktienmärkte weiter nach Süden abdrehen. Als Triggerpunkte dafür sehen die Großanleger einen Kurs von 3.700 Punkten im S&P 500 an. Vermutlich beruht diese (wahrscheinlich vergebliche) Hoffnung darauf, dass die Fed dann wieder die Liquiditätsbedingungen für die Finanzmärkte verbessert. Diese sehen die Investoren inzwischen als erheblich verschlechtert an – ihr entsprechendes Votum liegt auf dem tiefsten Stand seit Mai 2020. Bleibt der „Fed Put“ diesmal nur eine Illusion? Die Hoffnung stirbt also auch bei den Profi-Investoren zuletzt, und ihre Aussagen wirken insgesamt wenig konsequent. Bezeichnend ist, dass sie sich die an den Strohhalm des „Fed Puts“ klammern, was sich durchaus als Illusion erweisen könnte. Aber wer weiß. Die Möglichkeiten der Fed, die hohen Preise zu bekämpfen, die durch knappe Rohstoffe und Lieferengpässe verursacht wurden, sind begrenzt. Die Inflation macht die US-Bürger zwar zunehmend unzufriedener, wie etliche Umfragen ergeben haben. Aber wenn die Preise trotz höherer Zinsen weiter steigen und dann auch noch die Aktienmärkte einbrechen, auf die selbst viele gewöhnliche Arbeitnehmer bei ihrer Altersvorsorge setzen, dann könnte die Abwägung von Politik und Zentralbank unter Umständen tatsächlich anders aussehen Welchen Trends der Profis Sie jetzt folgen sollten Wie auch immer, zumindest folgen die Fondsmanager mehrheitlich den Marktsignalen und setzen der BofA-Umfrage zufolge derzeit vor allem auf Banken, Bargeld, Rohstoffe und Aktien der Eurozone, während sie Anleihen, US- und Tech-Aktien meiden. Viele Punkte davon haben wir hier in der Börse-Intern auch schon öfter angesprochen. Einige dieser neuen Trends werden sicherlich auch über längere Zeit halten. Daher sollten nun auch Privatanleger ihre Depots entsprechend ausrichten. Mit besten Grüßen Ihr Torsten Ewert
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