Nachfolgend die ausführlichen Begründungen... Zunächst aber wie gewohnt der Hinweis auf mein neuestes YouTube-Video auf meinem YouTube-"Aktien Kanal". Thema diesmal: "Warum der DAX den Dow Jones früher oder später überflügeln wird!" Nun aber zurück zum heutigen Thema: 1. Die Dividende gibt es ja nicht zusätzlich zur Kurssteigerung, sondern mindert diese. Warum? Nun, am Tag der Ausschüttung der Dividende notiert die betreffende Aktie Ex-Dividende. Das heißt, der Kurs vermindert sich um den Betrag, der pro Aktie als Dividende ausgeschüttet worden ist. Hinzu kommt ja, dass die allermeisten Dividenden steuerpflichtig sind für den Anleger (lediglich in Spezialfällen, z.B. wenn die Dividende aus dem gesetzlichen Rücklagen-Konto entnommen wird, ist sie steuerfrei). Letztlich ergibt sich daraus sogar ein Nachteil für den Anleger, weil ja von der erhaltenen Dividende noch 25 Prozent Kapitalertragssteuer weggehen ggf. + Kirchensteuer und bis jetzt auch immer noch Solidaritätszuschlag. Der Anleger würde letztlich besser fahren, wenn das Unternehmen statt die Dividende auszuschütten, Aktien zurückkaufen und dann einziehen würde. Denn: Dann würde die Zahl der ausstehenden Aktien sinken und entsprechend jeder einzelne Anleger einen größeren Teil am Unternehmen besitzen und damit auch einen größeren Teil am Gewinn dieses Unternehmens. Mit anderen Worten: Der Gewinn je Aktie steigt und damit tendenziell auch der Kurs der Aktie. 2. Die Ausschüttung einer Dividende kann auch für das Unternehmen selbst schädlich sein. Nämlich dann, wenn die Dividende nicht aus den erwirtschafteten Gewinnen ausgeschüttet wird, sondern aus der Substanz des Unternehmens. Weil viele börsennotierte Firmen wissen, dass ihre Aktionäre "geil" auf Dividende sind, versuchen sie mit aller Macht jedes Jahr eine Dividende auszuschütten und diese auch nicht zu verringern, sondern optimalerweise sogar noch zu erhöhen - unabhängig davon, ob es operativ gut oder schlecht gelaufen ist. Auf die Dauer zehrt diese Vorgehensweise - vor allem bei Firmen, die ertragsschwach sind oder immer ertragsschwächer werden - an der Substanz. Das heißt, das Eigenkapital wird weniger, die Schulden mehr. So werden die Bilanzrelationen sukzessive schlechter. Viele Aktionäre bleiben der Firma aber trotzdem treu - weil sie eben nur auf die Dividende achten. Irgendwann wird die Lage dann aber so prekär, dass auf einmal die gesamte Dividende gestrichen werden muss, z.B. wenn zusätzliche Investitionen erforderlich werden, und dann bricht der Kurs der Aktie massiv ein. Passiert ist das z.B. jüngst bei der kleinen Mittelstandsbeteiligungsgesellschaft AdCapital. Hier der Fünf-Jahres-Chart: AdCapital AG (ISIN: DE0005214506) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | 521450 / ADC | 49 Mio. EUR | 44 / 44 (eigene Schätzung) | 3,50 EUR | Da stellt sich die Frage: Was hilft Ihnen jedes Jahr eine hohe Dividende, die Sie auch noch versteuern müssen, wenn der Kurs dafür konstant fällt? Nicht viel! Überhaupt stellt sich die Frage, warum Beteiligungsgesellschaften überhaupt Dividende ausschütten? Diese brauchen ja eigentlich jeden Cent, um die vorhandene Liquidität in neue Beteiligungen zu investieren. Schütten sie dennoch Dividende aus, ist das letztlich ein Eingeständnis, dass sie keine Beteiligungsmöglichkeiten mehr finden, bei denen sie mit einer überdurchschnittlichen Rendite rechnen. Wissen Sie wie oft Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway eine Dividende ausgeschüttet hat? Noch nie! Das gilt übrigens auch für Bavaria Industries, eine erfolgreiche deutsche Beteiligungsgesellschaft, die sich auf den Spuren Buffetts in frühen Tagen bewegt. Um so schöner waren dafür die Kursgewinne für die Aktionäre in den letzten Jahren: BAVARIA Industries Group (ISIN: DE0002605557) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | 260555 / B8A | 304 Mio. EUR | Nicht prognostizierbar | 60,00 EUR | 3. Ganz krasse Fälle sind aus meiner Sicht die Firmen, die Dividenden ausschütten, aber quasi regelmäßige Kapitalerhöhungen machen, um das Geld überhaupt einzunehmen, das sie als Dividende ausschütten. Das ist vollkommen schizophren. Denn: Durch die Ausgabe neuer Aktien in Form einer Kapitalerhöhung steigt ja die Zahl der ausstehenden Aktien und damit sinkt entweder der Anteil des Aktionärs am Unternehmen (und damit auch der Anteil an den Gewinnen), nämlich dann, wenn er die Kapitalerhöhung nicht zeichnet. Oder er zeichnet die Kapitalerhöhung, dann muss er aber zusätzliches Geld in die betreffende Firma investieren, das dann in Form der Dividende (teilweise) wieder ausgeschüttet wird. Das ist vollkommener Quatsch, denn die Dividende muss ich als Anleger ja nachher wieder versteuern. Es entsteht also ein klarer Vermögensnachteil. Es geht solchen Firmen häufig darum, durch die Ausschüttung einer Dividende seriöser zu wirken und/oder den Anschein zu erwecken, dass die Geschäfte besonders gut laufen. Das zieht neue Anleger an, was kurzfristig den Aktienkurs stützt. Aber eben solche Anleger, die nur auf die Dividende achten und alles andere drum rum außer acht lassen. Firmen, die in der Vergangenheit so agiert haben sind u.a. Publity, Cliq Digital oder auch wallstreet:online. Hier mal die Langfrist-Charts dieser Firmen: PUBLITY AG (ISIN: DE0006972508) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | 697250 / PBY | 80 Mio. EUR | 5 / k.A. | 13,14 EUR | CLIQ Digital AG (ISIN: DE000A0HHJR3) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | A0HHJR / CLIQ | 45 Mio. EUR | 8 / 7 | 5,00 EUR | wallstreet:online AG (ISIN: DE000A2GS609) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | A2GS60 / WSO1 | 83 Mio. EUR | 20 / 18 | 49,60 EUR | Am Beispiel wallstreet:online erkennen sie, dass natürlich die Aktien dieser Firmen auch steigen können, bei wallstreet:online sogar extrem in den letzten Jahren. Ich würde trotzdem nie zum Einstieg in eine solche Aktie raten, weil ich den Umgang mit den Aktionären in diesen Fällen nicht für ehrlich halte. Und 4. gibt es auch noch Fälle von Firmen, die von Private Equity-Gesellschaften dominiert und teilweise auch ausgebeutet werden. Ein klassischer Fall ist hier z.B. die Fernsehsender-Kette ProSiebenSat1. Die wurden 2006 von den "Heuschrecken" KKR und Permira aufgekauft, wobei diese den Kaufpreis quasi aus der Substanz von ProSieben selbst bezahlt haben. Das ist wirklich Ausbeutung im eigentlichen Sinne des Wortes. Die Finanzinvestoren haben da natürlich einen Plan verfolgt. Die Idee war: ProSieben kann auch mit wesentlich weniger Eigenkapital bzw. mehr Schulden profitabel arbeiten, u.a. weil die Refinanzierungskosten wegen der niedrigen Zinsen so niedrig sind (und damals auch schon niedrig waren). Wenn aber das Eigenkapital stark sinkt und der Gewinn trotzdem kaum schrumpft, dann steigt logischerweise die Rendite auf dieses eingesetzte Eigenkapital. Das ist ganz einfache Mathematik: Wenn Sie in ein Geschäft 2.000 Euro eigenes Kapital investieren müssen und dann jedes Jahr 100 Euro Gewinn machen, dann haben Sie eine Eigenkapitalrendite von 5%. Wenn Sie aber nur 1.000 Euro in dieses Geschäft investieren müssen und trotzdem 100 Euro Gewinn machen, dann haben Sie eine Eigenkapitalrendite von 10%. Als Aktionär sind Sie dieser Eigenkapitalgeber. Von welchem Geschäft würden sie als Anleger lieber Aktien kaufen? Natürlich von Geschäft B, weil sie das investierte Geld in Form von Gewinn schneller wieder zurückbekommen. Entsprechend ist Geschäft B wertvoller und die Aktionäre billigen der Aktie einen höheren Kurswert zu. Das war damals genau die Denke der Private Equity-Investoren - und ist es eigentlich immer. Was hat das nun mit Dividende zu tun? Nun, der zweite Schritt der Ausbeutung ist die Ausschüttung von hohen Dividenden, die sich das hoch verschuldete Unternehmen gar nicht leisten kann. Und wer profitiert am meisten von einer hohen Dividende? Natürlich diejenigen, die die meisten Aktien besitzen, die Großaktionäre. Und das sind bzw. waren im Falle von ProSieben die "Heuschrecken". So konnten sie via Dividende das investierte Kapital schnell wieder aus dem Unternehmen herausziehen und damit das eigene Risiko senken. Auch solche Aktien sollten Sie als freier Aktionär eher meiden. Eine ohnehin hohe Verschuldung und dann wird weiter Substanz über die Dividende abgezogen - klingt gefährlich und ist es auch. Das kann zwar in guten Zeiten alles recht gut laufen, aber in schlechten Zeiten eben schnell existenzgefährdend für die betreffende Firma werden. Die Aktien von ProSiebenSat1 sind z.B. im Zuge der Finanzkrise 2009 - also drei Jahre nach dem Einstieg von Permira - von über 30 Euro bis auf 88 Cents im Tief abgestürzt: ProSiebenSat.1 Media (ISIN: DE000PSM7770) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | PSM777 / PSM | 6,35 Mrd. EUR | 12 / 11 | 27,23 EUR | Das Unternehmen stand kurz vor dem Zusammenbruch. Ich erinnere mich noch gut an die Situation: Die "theoretische" Dividendenrendite war auf über 30 Prozent gestiegen. Trotzdem wollte die Aktie keiner mehr haben, weil diese Rendite nur noch auf dem Papier existiert hat und im Fall einer Insolvenz hätte ein Totalverlust gedroht. Lediglich die Tatsache, dass sich die konjunkturelle Lage danach relativ schnell wieder aufgehellt hat, konnte ProSieben retten. Was bedeutet das nun? Sind Dividenden also immer schlecht? Nein, natürlich nicht. Es gibt selbstverständlich viele sehr gute und profitable Firmen, die einfach mehr Geld verdienen als sie sinnvollerweise wieder in das operative Geschäft re-investieren können. Viele Firmen können in ihrer Nische Jahr für Jahr hohe Cashflows erzielen (z.B. in dem sie einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz haben), diese aber nicht gewinnbringend re-investieren, weil sie diese Nische bereits mehr oder weniger komplett beherrschen, aber außerhalb dieser Nische nirgends ähnlich hohe Margen erzielen können. Dann kann es sinnvoller sein, das überschüssige Kapital in Form einer Dividende auszuschütten als z.B. in ganz neue Geschäftsbereiche außerhalb der Kernkompetenz zu diversifizieren - und womöglich dort Verluste anzuhäufen. Ein typisches Beispiel für ein solches Unternehmen ist die Deutsche Telekom, die übrigens gerade diesen Donnerstag ihre Hauptversammlung abgehalten hat und am Freitag die Dividende ausgeschüttet hat, also Ex-Dividende notiert hat. Prompt hat die Aktie dann am Freitag entsprechend über vier Prozent verloren, etwa in der Größenordnung der ausgeschütteten Dividende pro Aktie: Deutsche Telekom AG (ISIN: DE0005557508) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18e/19e | Kurs | 555750 / DTE | 64 Mrd. EUR | 15 / 14 | 13,45 EUR | Womit wir wieder beim Anfang des Artikels wären. MEIN FAZIT: Tappen Sie bitte nicht in die Dividendenfalle! Nur weil ein Unternehmen eine hohe Dividende ausschüttet ist es noch lange keine gute Aktie. Es gibt viele Firmen, die eine Dividende ausschütten, obwohl sie sich die gar nicht leisten können. Die Gründe habe ich oben genannt. Sie sollten eine Dividendenaktie nur dann kaufen, wenn sie selber anhand der Bilanzen und der Gewinn- und Verlust-Rechnungen beurteilen können, ob das Unternehmen wirklich bilanziell gesund genug ist und/oder entsprechende Gewinne erwirtschaftet hat, so dass die Dividende nicht aus der Substanz der Firma bezahlt werden muss. Ist das nicht der Fall kommt dann bekommen sie irgendwann die Rechnung serviert: in Form fallender Kurse. Und selbst wenn sich ein Unternehmen die Ausschüttung einer Dividende leisten kann, könnten z.B. Aktienrückkäufe die attraktivere Variante für uns als Aktionäre sein. Warum, erkläre ich Ihnen im nächsten Geldanlage-Report. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in einem der genannten Wertpapiere / Basiswerte zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Bavaria Industries. Es kann daher also ein Interessenskonflikt vorliegen Ich werde aber in den nächsten beiden Wochen keine Aktien von Bavaria kaufen oder verkaufen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. |