Heribert Prantl beleuchtet ein Thema, das Politik und Gesellschaft (nicht nur) in dieser Woche beschäftigt.
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30. Juli 2023
Prantls Blick
Die politische Wochenschau
Prof. Dr. Heribert Prantl
Kolumnist und Autor
SZ Mail
Guten Tag,
soeben komme ich von einer Tagung aus Eichstätt zurück: Der Michaelsbund hatte einige hundert Leiterinnen und Mitarbeiter von Gemeinde- und Pfarrbüchereien in ein Tagungshaus eingeladen; ich durfte dort, im ehemaligen Schloss Hirschberg, über die Demokratie reden und über „Bangen und Hoffen in schwierigen Zeiten“. Ich habe von meinem und aus meinem neuen Buch erzählt und darüber, wie es mir mit den Themen geht, die mich seit Jahrzehnten bewegen: Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde, Gleichberechtigung, Migration. Und mir ist beim Diskutieren selbst aufgefallen, wie viel ich von den Grundrechten und dem bald 75 Jahre alten Grundgesetz rede, wie sie mich vom Beginn meiner journalistischen Arbeit an begleiten - und wie ich sie begleite. 

Erst ein gutes Jahr war ich bei der Süddeutschen Zeitung, als ich, zusammen mit dem schon damals in solchen Dingen erfahrenen Kollegen Giovanni di Lorenzo, im Jahr 1989 eine SZ-Serie konzipierte zum 40-Jährigen Jubiläum des Grundgesetzes. Da ging es, wie man bei so einer Bestandsaufnahme zu sagen pflegt, um „Glanz und Elend“ des Grundgesetzes. Und ein Blick ins Inhalts- und Autorenverzeichnis heute, 35 Jahre später, ist nicht nur ein Blick in die Zeitgeschichte, sondern auch in die Zeitungsgeschichte; da schrieben nämlich unter anderen die verstorbenen Kollegen Herbert Riehl-Heyse und Michael Stiller; der eine war ein großartiger Reporter, der andere hat investigativen Journalismus schon betrieben, als es dieses Wort dafür noch gar nicht gab.

Zwei Telefone, ein Grundgesetz 

Zehn Jahre später, 1999, zum 50. Jubiläum des Grundgesetzes, ließ ich mir vom damals 85 Jahre alten Hans-Ulrich Kempski, dem ehemaligen SZ-Chefreporter, schildern, wie es war, als diese Verfassung, die nicht Verfassung heißen durfte, auf Herrenchiemsee entstanden ist. Kempski, Fallschirmjäger a.D., war zu der Zeit, 1948, gerade 26 Jahre alt und Korrespondent für die Deutsche Nachrichtenagentur DENA, die spätere Presseagentur dpa. Weil er so schön mit der jungen Bedienung aus dem Schlossgasthof auf Herrenchiemsee schäkern konnte, durfte er, jeweils am Abend nach den Grundgesetzberatungen, als erster an eines der zwei öffentlichen Telefone der Insel – zum „Durchgeben“ seines Berichts an die Zentrale. 

Das sind Reminiszenzen, die Sie mir zu meinem runden Geburtstag erlauben mögen. Eine letzte Frage bei der eingangs erwähnten Diskussion in Eichstätt hat mich sinnieren lassen. Die Frage war einfach und schwierig zugleich: Warum schreiben Sie? Und ich antwortete: Weil die Neugier auf die Dinge hinter den Dingen nicht vergeht. Und weil das Schreiben die Gedanken ordnet, weil es den Schreibenden also in Bewegung bringt und, wenn er Glück hat, auch seine Leserinnen und Leser. Das wünsche ich mir vor allem. Und darüber schreibe ich heute, aus Anlass meines 70. Geburtstags, in meinem SZ-Plus-Text: Ein kleiner Widerstand.
SZPlus Prantls Blick
Ein kleiner Widerstand
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Ich wünsche Ihnen erholsame August-Tage. Der Newsletter „Prantls Blick“ macht jetzt vier Wochen Pause; die nächste Ausgabe erscheint am 3. September.

Ihr
Heribert Prantl
Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung
SZ Mail
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Prantls Leseempfehlungen
Wo die Denkmäler noch mehr lügen als anderswo
Das Buch ist ein melancholischer Thriller von ganz eigener Art. Es ist ein literarisches Gewebe über Macht und Korruption, über Liebe und Liebeleien, über internationale Großkanzleien und gefinkelte Karrieren; es ist ein Drama über ungarische Geschichte und Gegenwart, über abgezweigte und abgeschöpfte EU-Gelder. Ein Roman, in dem eine so komplexe Rechtsmaterie wie das EU-Vergaberecht eine Rolle spielt, ist eine Seltenheit. Der Autor kennt sich aus. Der 55-Jährige ist Romancier nur im Nebenberuf, im Hauptberuf ist der Schweizer ein Ordinarius für Völkerrecht in Zürich, der seine wissenschaftliche Karriere als Professor an der Universität Budapest begonnen hat und der 2006 persönlicher Mitarbeiter von Luzius Wildhaber war, dem Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. „Die Lichter von Budapest“ – so heißt sein zweiter Roman: eine packende Ferienlektüre, ein scharfer Einblick ins Orban-Ungarn. Die ungarische Hauptstadt ist in diesem Roman eine Stadt, „in der die Denkmäler noch etwas mehr lügen als anderswo und in der die Sonne nachts heller scheint als am Tag“. Die Erzählkunst des Autors zeigt sich schon im ersten Satz, wo ein alter Herr dem erzählerischen Ich vom ersten Moment an das ungute Gefühl gibt, „der zu sein, der ich bin.“ 

Oliver Diggelmann: Die Lichter von Budapest. Der Roman hat 208 Seiten, er ist 2023 in der Kröner Edition Klöpfer erschienen und kostet 22 Euro.
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Der Lieblingsfeind
Ruprecht Polenz, der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus der Stadt Münster, ist im Alter so streitbar und angriffslustig geworden wie er es im Jahr 2000 als Kurzzeit-Generalsekretär der Merkel-CDU nicht war. Damals war er, wie ich damals in einem Leitartikel vom 24. Oktober 2000 schrieb, „kein Angreifer und kein Polterer. Er war ein Mann des Ausgleichs, nicht der Zuspitzung“. Es geht ihm heute nicht um die möglichst faire und integre Verteidigung seiner CDU, es geht ihm um die Verteidigung der Demokratie. Und dafür twittert er wie ein Weltmeister; da zieht er sich den Zorn der Leute von Rechtsaußen zu. Polenz ist ihr Lieblingsfeind, auf ihn kaprizieren sich ihre Attacken im Netz. Polenz hat mit dazu beigetragen, dass Münster eine AfD-immune Stadt ist: Hier bekam die AfD bei der letzten Bundestagswahl gerade mal 2,87 Prozent. Bei der Landtagswahl 2022 waren es mit 2,3 Prozent sogar noch weniger. Der Kollege Holger Gertz schreibt dazu auf der Seite Drei der Wochenendausgabe ein erkenntnisreiches Porträt über Polenz und die Stadt des Westfälischen Friedens.
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