Liebe/r Leser/in, ich wusste am Wochenende nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Am Ende auch egal, ich bin weder SPD-Mitglied noch SPD-Wähler. Die älteste und einst so stolze Volkspartei richtet sich mit dem neuen Führungs-Duo aus Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans nach links neu aus. Respekt, endlich mal klare Linie im GroKo-Kuschelzirkus Berlin. Andererseits bestimmen nun 114.995 unzufriedene Sozialdemokraten, wie es mit unserem Land weitergeht. Brechen Walter-Borjans/Esken die GroKo? Gibt es bald eine CDU-Minderheitsregierung? Oder Neuwahlen? Oder ein Jamaika-Comeback? Die neue SPD wird mit harten Forderungen versuchen, den Koalitionsvertrag wieder aufzumachen, versuchen, die GroKo weiter nach links zu rücken. Jetzt muss die CDU hart bleiben. Denn jedes Nachgeben wäre ein Einfallstor für die Kritiker von rechts: „NoWaBo“ und Saskia Esken sind, wenn die CDU nicht standhaft bleibt, ein Konjunkturprogramm für die AfD. In der Redaktion diskutieren wir gerade, wer die Person des Jahres 2019 war. Diskutieren Sie doch mit, und schreiben Sie mir, wer Ihres Erachtens auf eine Liste der wichtigsten Menschen des Jahres 2019 gehört. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche! | Herzlich Robert Schneider, Chefredakteur FOCUS-Magazin |
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Trau dich, SPD! Die Sozialdemokraten haben den ersten Schritt für einen Neuanfang gewagt. Sie haben sich gegen Vizekanzler Olaf Scholz entschieden und für zwei bundespolitische Nobodys. Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans dürfen nun nicht zurückschrecken. Sie stehen für eine Disruption, eine Umwälzung, die gerade erst beginnt. Das Votum für Eskabolation, wie sie in der Partei genannt werden, ist natürlich auch ein Votum gegen die große Koalition. Die Partei kann jetzt Inhalte nachverhandeln. Aber das ist nicht die eigentliche Mission der beiden designierten Parteichefs. Sie wollen eine neue, linkere SPD erfinden. Das ist mit der Union nicht möglich. Schluss mit dem Taktieren, Schluss mit der Angst vor dem Schwarzen Peter. Esken und Walter-Borjans sollten die SPD mutig und selbstbewusst aus der GroKo führen. Traut euch, Genossen. |
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Trau dich, CDU! Die SPD-Basis stimmt für eine neue Parteispitze, einen härteren Linkskurs. Und die Union? Tut so, als wäre nichts geschehen. Erst mal weiterregieren, heißt es bei Spitzenpolitikern von CDU und CSU. Das ist, mit Verlaub, an Machtegoismus nicht zu überbieten. Seit beinahe sechs Jahren regieren Union und SPD dieses Land. Zugegeben, seit anderthalb Jahren eher unfreiwillig. Aber dennoch ist auch den Spitzen von CDU und CSU nicht entgangen, wie unbeliebt dieses Bündnis in der Bevölkerung mittlerweile ist, wie sehr es die eigene Basis frustriert – und wie stark es AfD und Grüne macht. Die Union nimmt für sich in Anspruch, Stabilitätsanker zu sein. Doch von Stabilität kann in dieser großen Koalition schon länger keine Rede mehr sein. Nur aus machttaktischen Gründen halten CDU und CSU noch am Bündnis mit der zerbröselnden SPD fest. Niemand soll sagen können: Die GroKo ist an der Union gescheitert. Aber was genau wäre an dieser Aussage eigentlich so schlimm? Die Union nicht als Schuldiger für das GroKo-Aus, sondern als Triebfeder für einen Neuanfang. Das wäre ein mutiges und ermutigendes Signal. Trau dich, CDU! |
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Freut euch nicht zu früh, Grüne! Besser kann es für die Grünen eigentlich kaum laufen. Die große Koalition produziert großen Frust und treibt den Grünen die Mitte-Wähler zu. Es riecht plötzlich nach Schwarz-Grün in Berlin. Das führt zu einer absurden Situation: Der neue Freund und mögliche Koalitionspartner CDU ist zugleich der größte Feind. Denn wenn einer die neubürgerlichen Grünen wieder klein machen kann, dann ist es die CDU. Genossen und Liberale wissen, was gemeint ist. |
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