Zieht man den Kurs-Index heran, so notiert dieser bei aktuell 5.460 Punkten sogar noch immer unterhalb des Allzeit-Hochs aus dem Jahr 2000. Fast 20 Jahre ohne Kursgewinne für Anleger, die einen schlechten Einstiegszeitpunkt erwischt haben. Die lange Durststrecke bei unter dem Strich trotzdem deutlich steigenden Gewinnen führt nun aber dazu, dass viele DAX-Werte günstig bewertet sind und sehr attraktive Dividendenrenditen ausweisen. Nachfolgend ein kleines Ranking mit meiner persönlichen Kurzeinschätzung zu den Top 5 + BMW. Vorab noch kurz eine Erläuterung wie die Story von letzter Woche ausgegangen ist. Ihr erinnert euch vielleicht: Einige meiner Leser konnten das an der NASDAQ gelistete Papier Luna Innovations (US-Kürzel: LUNA | WKN: A0JKG6) über ihre Direktbanken nicht kaufen. Der Grund war, dass Luna Innovations vor rund 10 Jahren im Zuge der weltweiten Finanzkrise für ein halbes Jahr Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragte hatte. Offenbar lassen deutsche Direktbanken mit Hilfe von Dienstleistern checken, inwieweit ihr Produktangebot MiFID-konform ist. MiFID steht für "Markets in Financial Instruments Directive" und ist eine Finanzmarktrichtlinie der Europäischen Union (EU). Ziele dieser Direktive sind mehr Anlegerschutz, verstärkter Wettbewerb und eine Harmonisierung des europäischen Finanzmarktes. Bei der Umsetzung ging es jedoch große Schwierigkeiten. Die Regeln sind so komplex und vielschichtig, dass sie kaum jemand eindeutig interpretieren kann. Insgesamt gibt es hier 25.000 Seiten an beschriebenem Papier. Offenbar hat dieser Dienstleister es über neun Jahre nicht fertiggebracht die damalige Chapter 11-Meldung wieder rückgängig zu machen, was dann wohl dazu geführt hat, dass Luna Innovations - wegen der verschärften MiFID-Richtlinien - als nur handelbar für professionelle Anleger eingestuft worden ist (Zielmarktkriterium). Professionell ist anders! Es zeigt aber auch, welch absurde Blüten die MiFID unter dem Deckmantel des vermeintlichen Anlegerschutzes treiben kann. Denn quasi sämtliche kanadischen Abzocker-Pennystocks, die teilweise sogar bei Interactive Brokers vom Handel ausgeschlossen werden, die sind bei deutschen Direktbanken für Privatanleger ohne Probleme handelbar. Genug davon: Kommen wir zu den DAX-Werten! Hier mal ein kurzes Ranking der Top 10-Titel mit der höchsten Dividenden-Rendite: Name | Aktuell | KGVe | DIVe | Daimler | 45,525 | 7,0159 | 6,47% | Covestro AG O.N. | 42,45 | 11,4771 | 5,82% | BASF | 60,77 | 13,6368 | 5,40% | Dt. Lufthansa | 15,065 | 4,8142 | 5,35% | BAYER | 59,49 | 8,6451 | 4,92% | Dt. Telekom | 14,648 | 14,3907 | 4,92% | E.ON | 9,451 | 13,6362 | 4,89% | BMW | 66,58 | 7,8628 | 4,76% | Allianz | 215,00 | 11,5171 | 4,40% | Münchener Rück | 225,20 | 12,5325 | 4,39% | Besonders verlockend sehen hier natürlich die beiden Auto-Bauer Daimler (WKN: 710000 | Kürzel: DAI) und BMW (WKN: 519000 | Kürzel: BMW) aus, weil sie gleichzeitig eine hohe Dividendenrendite bei sehr niedrigem KGV bieten. Das Problem ist, dass die Automobil-Branche sich bekanntermaßen in einem heftigen zyklischen Abschwung befindet und die Daimler-Hauptversammlung hat in diesem Jahr ja bereits eine Reduzierung der Dividende um 40 Cents von 3,65 Euro (für 2017) auf 3,25 Euro (für 2018) beschlossen. Nach der jüngsten Gewinnwarnung ist es gut möglich, dass auch die für 2019 erwartete Dividende von 3,00 Euro je Aktie nochmals reduziert wird. Selbst nach dem jüngsten Kurssturz hat die DZ Bank ihre "Verkaufen"-Einstufung von Daimler mit einem Kursziel von 40 Euro aufrecht erhalten. Nachdem er bereits konservative Modellannahmen zu Grunde gelegt und mit einer zweiten Gewinnwarnung gerechnet habe, werde er seine Schätzungen erneut anpassen (müssen), sobald die detaillierten Quartalszahlen vorlägen, schrieb Analyst Dirk Schlamp dazu. Goldman Sachs argumentiert ähnlich und sieht Daimler ebenfalls als Verkauf mit Kursziel 42 Euro. Natürlich gibt es auch eine Reihe positiver Einschätzungen, aber die relativ hohe Anzahl an "Verkaufen"-Ratings ist bei Blue Chips eher ungewöhnlich. BMW hat ja bekanntermaßen den Vertrag des bisherigen CEO Harald Krüger vorzeitig aufgelöst und nun Oliver Zipse als seinen Nachfolger ernannt. Der soll für "frischen Schwung" sorgen, mehr nach außen gehen, die Strategie von BMW besser kommunizieren, nicht aber verändern. Insider werfen BMW vor, der Konzern sei beim Thema Elektromobilität ins Hintertreffen geraten, obwohl man hier unter den deutschen Anbietern einst führend gewesen sei. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DWS) sagte der dpa im Hinblick auf die hohen Kosten einer Elektromobilitätsoffensive: "Mir ist es lieber, unser Unternehmen ist hochmodern und spielt in der Weltliga vorne mit, als dass wir jetzt hohe Dividenden kassieren und das Unternehmen langfristig abgehängt wird." Das sind sehr wahre Worte aus meiner Sicht und wenn BMW am Kapitalmarkt wieder eine höhere Bewertung erzielen möchte mit höheren Gewinn- und Umsatzmultiples dann muss das Unternehmen eine klare Wachstumsstory kommunizieren und den Blick weg von der Dividende legen. Ich denke, dass es früher oder später auch so kommen wird. Mein Fazit: Aber genau deshalb sind aus meiner Sicht weder Daimler noch BMW für Dividendenjäger geeignet. Den zweiten großen Block unter den "Dividendenkönigen" im DAX bilden die Chemie-Aktien Covestro (WKN: 606214 | Kürzel: 1COV), BASF (WKN: BASF11 | Kürzel: BAS) und Bayer (WKN: BAY001 | Kürzel: BAYN), wobei letztere ja etwa zur Hälfte ein Pharma-Konzern sind. Covestro ist ein gutes Beispiel dafür wie trügerisch KGVs bei zyklischen Aktien sein können. Im November 2018 wies die Aktie für 2019 noch ein KGV von 7 auf bei einem Kurs von 47,62 Euro. Inzwischen ist die Aktie noch etwas weiter auf 42,45 Euro gefallen, das KGV liegt aber nun bei über 11. Das heißt, die Gewinnschätzungen der Analysten sind dramatisch zurückgegangen. Ich hatte die Aktie hier ausführlich besprochen. Mein Fazit damals wie heute: Bei Covestro stimmt nicht nur die Bewertung, sondern auch die Qualität. Das Unternehmen ist bei vielen Produkten marktführend und generiert mit Aktienrückkäufen Mehrwert für die Anleger. Mutige greifen hier ins fallende Messer und spekulieren darauf, dass es nicht ganz so schlimm kommt wie der Markt erwartet. Manko ist aber, dass bei anhaltender Schwäche auch ein Ausschluss aus dem DAX drohen könnte. Im Prinzip hat sich daran nichts geändert. Dank einer hocheffizienten und international skalierbaren Produktionsplattform ist das Unternehmen Kostenführer und hat in fast allen Bereichen, in denen man aktiv ist, auch die Marktführerschaft inne. Das sollte sich mittel- und langfristig auszahlen. Zu BASF hatte ich ja ausführlich im Video von vergangenen Sonntag Stellung genommen. Hier nochmal das Wichtigste: 1. War die Gewinnwarnung richtig heftig. UBS-Analyst Andrew Stott sagte sogar, die Gewinnwarnung habe selbst seine schlimmsten Befürchtungen übertroffen. In der Tat ist der operative Gewinn gegenüber dem Vorjahr um satte 71% eingebrochen. Das ist schon eine Hausnummer, auch angesichts der Tatsache, dass der Umsatzrückgang mit 4% ja relativ moderat war. Man muss sich schon fragen, ob sich das wirklich alles mit den schlechten allgemeinen Rahmenbedingungen, sprich: Handelskonflikt, Konjunkturabkühlung etc. erklären lässt, oder ob auch strukturelle Probleme vorhanden sind. 2. Ist die Automobil-Industrie für ca. 20% der Umsätze von BASF verantwortlich, und hier brach der Markt in China seit Jahresbeginn wirklich extrem ein. Das wird sich auch wieder ändern, aber eine schnelle Erholung zeichnet sich nicht ab und Fakt ist, dass sich die Automobil-Industrie insgesamt in ganz schwierigem Fahrwasser bewegt - siehe oben. Es stehen riesige Investitionen an, von denen keiner weiß ob und wenn ja wann sie sich rentieren werden. Die Branche ist eigentlich überfällig für eine weitere Konsolidierung, schiebt diese aber immer weiter hinaus. Das hat auch politische Gründe. Fusionen würden zur Streichung von Arbeitsplätzen führen und die sind politisch schwer durchsetzbar gerade in Deutschland. Aber das ist ein anderes Thema. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass die Zeiten gerade für Auto-Zulieferer noch länger schwierig bleiben werden. Das wird auch BASF weiter belasten. 3. Nimmt auch in der Chemie-Industrie der Wettbewerbsdruck immer weiter zu. Gerade bei so genannten "Commodities", also relativ leicht herstellbaren und günstigen Produkten machen vor allem die Chinesen BASF das Leben schwer. Eine Schlüsselfrage, die sich dabei stellt, ist: Kann ein deutscher Konzern bei solchen Produkten wirklich noch mithalten mit einem chinesischen Giganten wie z.B. Sinochem? Sinochem hat ja vor kurzem die Schweizer Syngenta aufgekauft. Und vor allem: Sinochem ist in Staatsbesitz, kann staatlich hoch subventioniert werden und hat deshalb quasi unbegrenzte Mittel. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber BASF. Und damit nicht genug: BASF hat ja womöglich in Deutschland und Europa bald mit noch schärferen Umweltauflagen zu kämpfen. Da kann das Unternehmen bei bestimmten Produkten auf Dauer wohl preislich nicht mithalten. Was also dann? Mehr Spezialisierung und das Ergründen neuer, zukunftsfähiger Geschäftsfelder, fordern die Analysten. Und BASF scheint zumindest in diese Richtung gehen zu wollen: In der Pressemeldung ist von einer "Neuausrichtung des gesamten Konzerns" und "von einer neuen Struktur des Produktportfolios" die Rede. Es ist auf jeden Fall positiv, dass BASF die Notwendigkeit erkennt, aber wie es dann mit der Umsetzung läuft ist noch eine ganz andere Frage. Wir reden hier immerhin von einem Konzern mit weltweit 122.000 Arbeitsplätzen, von denen rund 5%, also ca. 6.000 abgebaut werden sollen. Und was ist mit der Dividende? Der Konzern betreibt eine so genannte progressive Dividendenpolitik. Das heißt, die Dividende wurde seit 2009 jedes Jahr erhöht - unabhängig davon wieviel Gewinn und Cashflow das Unternehmen erwirtschaftet hat. Trotz der Gewinnwarnung wollen die Ludwigshafener nun die ursprünglich vorgesehene Dividende ausschütten, nämlich 3,30 Euro je Aktie, nach 3,20 Euro im Vorjahr. 2020 sollen es dann 3,40 Euro werden. Das Problem dabei: In diesem Jahr kann es wegen des erwarteten Gewinneinbruchs erstmals passieren, dass man die Dividende nicht aus den eigenen Cashflows finanzieren kann. Es geht hier immerhin um einen Betrag von rund 3 Mrd. Euro. Die Marktkapitalisierung liegt bei 55,5 Mrd. Euro. Die Eigenkapitalquote ist mit 43% noch relativ solide. Es ist also jetzt nicht so, dass es BASF in ernste Nöte bringen würde, wenn sie die Dividende einmal teilweise aus der Substanz zahlen. Trotzdem sind die Verbindlichkeiten in den letzten Jahren konstant gestiegen und liegen inzwischen bei über 50 Mrd. Euro. Man muss die Entwicklung hier schon im Auge behalten - zumal ja Umstrukturierungen zunächst meist mit zusätzlichen Kosten verbunden sind. Mein Fazit: Die Aktie ist haltenswert, aber kein Kauf! Auch Bayer kommt nach den heftigen Kursverlusten im letzten Jahr inzwischen auf eine Dividendenrendite von knapp 5 Prozent. Bayer habe ich in den letzten Monaten ausführlich in verschiedenen Videos und auch im Newsletter besprochen. Zuletzt hier auf YouTube oder hier im Newsletter. Deshalb beschränke ich mich an dieser Stelle auf das Fazit: Ich bin jedoch davon überzeugt, dass dem Markt irgendwann wieder etwas anderes bewusst wird: Dass Bayer jetzt die weltweite Nr. 1 im Saatgut- und Pflanzenschutzgeschäft ist - und damit die Nr. 1 in einer Branche mit sehr guten Zukunftsperspektiven. Irgendwie müssen die knapp 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 ja ernährt werden. Nur mit Bio-Landwirtschaft wird das nicht gehen! Selbst die VW-Aktie, die ja wesentlich ungewissere Zukunftsaussichten hat, hat sich inzwischen wieder gut vom Dieselskandal erholt. Die im DAX notierten Vorzugs-Aktien sind von 86,36 Euro im Tief bis auf derzeit 143 Euro gestiegen. Im Hoch waren sie sogar bei 176 Euro, was mehr als einer Verdopplung entspricht. Zudem kommt Bayer operativ gut voran, z.B. bei der Portfoliobereinigung. Zur Disposition steht die Sparte Animal Health. Hier stehen Private Equity-Firmen offenbar Schlange. Interesse haben sollen CVC, Permira (das sind die, die bei ProSiebenSat1 damals zugeschlagen haben), Cinven, Advent International und BC Partners. Möglich ist auch, dass BC Partners z.B. mit einem großen Pensions- oder Staatsfonds gemeinsame Sache macht. Eine Summe von bis zu 8 Milliarden Euro ist als Erlös im Gespräch. Die könnte Bayer zur Reduzierung der Nettoverschuldung (angestrebt wird ein Wert von 36 Milliarden Euro) nutzen und letztlich auch für die Begleichung der Schadensersatzzahlungen. Also mein klares Votum heißt: Bayer - jetzt kaufen! Die Chancen sind gut, dass das Doppeltief bei 52,05 Euro bzw. 51,80 Euro verteidigt werden kann. Und selbst wenn nicht: Die Aktie könnte in ein paar Jahren trotzdem wieder die 100 Euro-Marke knacken! Unter den Top 5 befindet sich auch noch die Lufthansa (US-Kürzel: LHA | WKN: 823212). Auch mit diesem Wert hab ich mich in den letzten ein, zwei Jahren intensiv auseinandergesetzt. Die Aktie ist quasi "chronisch" unterbewertet. Das liegt daran, dass der Markt die klaren strukturellen Nachteile, die die Lufthansa beispielsweise gegenüber Konkurrenten wie Ryanair hat, einpreist. Die Lufthansa hat z.B. mit starken Gewerkschaften zu kämpfen (momentan gibt es schon wieder Streiks bei der Tochter Eurowings für höhere Löhne) und hohen Pensionsverbindlichkeiten. Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Daher muss man bei der Kranich-Airline immer schauen, ob der quasi immer vorhandene Bewertungsabschlag gerade im Moment besonders hoch ist, wenn man herausfinden möchte, ob die Aktie gerade auch für Lufthansa-Verhältnisse günstig bewertet ist. Momentan kann man das durchaus so interpretieren, dass die Aktie selbst für Lufthansa-Verhältnisse relativ günstig ist. Sehr interessant sieht hier aus meiner Sicht der 5-Jahres-Chart aus: Lufthansa AG (ISIN: DE0008232125) | | Mein Fazit: Nach dem steilen Kursrückgang im letzten Jahr ist die Aktie wieder auf das Niveau der alten lokalen Hochs aus dem Jahr 2015 zurückgekommen. Hier scheint das Chance-Risiko-Verhältnis wieder deutlich besser. Mein Mittel- und Langfrist-Favorit ist im Luftfahrt-Sektor aber weiter Ryanair (WKN: A1401Z), die auch zukünftig Marktanteile gewinnen sollte und momentan so günstig zu haben sind wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es können daher keine Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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